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»Lassen Sie hören.«

»Mikael Blomkvist wurde am 18. Januar 1960 geboren, ist jetzt also dreiundvierzig Jahre alt. Er wurde in Borlänge geboren, wo er aber nie gewohnt hat. Seine Eltern, Kurt und Anita Blomkvist, waren Mitte dreißig, als sie Kinder bekamen. Mittlerweile sind sie beide verstorben. Sein Vater war Maschineninstallateur und viel unterwegs. Seine Mutter war, soviel ich in Erfahrung bringen konnte, immer nur Hausfrau. Die Familie zog nach Stockholm, als Mikael in die Schule kam. Er hat eine drei Jahre jüngere Schwester namens Annika, eine Rechtsanwältin. Außerdem hat er auch noch ein paar Onkel und Kusinen. Wollen Sie uns einen Kaffee einschenken?«

Der letzte Satz galt Armanskij, der hastig die Thermoskanne aufschraubte, die er für das Meeting bestellt hatte. Mit einer Geste bat er sie fortzufahren.

»1966 zog die Familie also nach Stockholm. Sie wohnten in Lilla Essingen. Blomkvist ging zuerst in Bromma zur Schule und dann aufs Gymnasium von Kungsholm. Er hatte ein ausgesprochen gutes Abschlusszeugnis; die Kopien liegen in der Mappe. Während seiner Gymnasialzeit hat er sich viel mit Musik beschäftigt und spielte Bass in einer Rockband namens Bootstrap. Sie haben sogar eine Single rausgebracht, die im Sommer 1979 im Radio lief. Nach dem Gymnasium jobbte er als Fahrkartenkontrolleur in der U-Bahn, sparte sich Geld zusammen und reiste ins Ausland. Er war ein Jahr unterwegs und hat sich anscheinend die meiste Zeit in Asien rumgetrieben - Indien, Thailand und ein Abstecher nach Australien. Mit einundzwanzig begann er, in Stockholm Journalistik zu studieren, brach sein Studium aber nach dem ersten Jahr ab, um in Kiruna seinen Wehrdienst als Feldjäger abzuleisten. Ein ziemlicher Machoverein, den er mit 10-9-9 verließ - eine sehr gute Note. Nach dem Militär schloss er seine Ausbildung zum Journalisten ab und hat seitdem gearbeitet. Wie detailliert soll ich werden?«

»Erzählen Sie einfach das, was Sie für wesentlich halten.«

»Okay. Er sieht mir aus wie ein rechter Streber. Bis heute war er ein erfolgreicher Journalist. In den achtziger Jahren hatte er viele Vertretungsjobs, erst in der Lokalpresse und danach in Stockholm. Eine Liste liegt bei. Den Durchbruch schaffte er mit der Story von der sogenannten Panzerknackerbande - diese Bankräubergang, die er überführte.«

»Kalle Blomkvist.«

»Er hasst diesen Spitznamen, was auch verständlich ist. Wenn mich jemand in seiner Schlagzeile Pippi Langstrumpf nennen würde, könnte er sich auf was gefasst machen.«

Sie warf Armanskij einen finsteren Blick zu. Er schluckte, denn mehr als einmal hatte er Lisbeth Salander im Stillen Pippi Langstrumpf genannt, und jetzt war er froh, dass er klug genug gewesen war, nie einen Witz in dieser Richtung gemacht zu haben. Er wedelte mit dem Zeigefinger, zum Zeichen, dass sie fortfahren sollte.

»Eine meiner Quellen gibt an, dass er bis dahin Kriminalreporter hatte werden wollen - als solcher hatte er auch eine Vertretung bei einer Abendzeitung -, aber was ihn eigentlich bekannt gemacht hat, ist seine Arbeit als politischer Berichterstatter und Wirtschaftsjournalist. Er hat hauptsächlich als Freelancer gearbeitet und hatte nur eine einzige Festanstellung bei einer Abendzeitung, das war Ende der achtziger Jahre. Dort kündigte er 1990 und wurde dann eines der Gründungsmitglieder des monatlich erscheinenden Magazins Millennium. Die Zeitschrift ging als totaler Außenseiter ins Rennen und hatte keinen starken Verlag im Rücken, der ihr unter die Arme greifen konnte. Aber die Auflage ist stetig gestiegen und liegt heute bei 21 000 Exemplaren. Die Redaktion ist in der Götgata, nur ein paar Blöcke von hier entfernt.«

»Ein linkes Blatt.«

»Kommt drauf an, wie man links definiert. Millennium geht wohl im Allgemeinen als gesellschaftskritisch durch, aber vermutlich betrachten die Anarchisten die Zeitschrift als spießiges Scheißblatt im Stile von Arena oder Ordfront. Und der rechtskonservative Studentenverband denkt höchstwahrscheinlich, dass sich die Redaktion aus Bolschewisten zusammensetzt. Nichts deutet darauf hin, dass Blomkvist irgendwann politisch aktiv gewesen wäre, nicht einmal während der linken Welle zu seiner Gymnasialzeit. Als er an der Hochschule für Journalisten studierte, wohnte er mit einem Mädchen zusammen, das damals bei den Gewerkschaftsanhängern aktiv war und heute für die Linkspartei im Reichstag sitzt. Es scheint mir ganz so, als hätte er sich seinen Stempel als Linker eher deswegen weggeholt, weil er sich als Wirtschaftsjournalist auf Enthüllungsreportagen über Korruption in der Businesswelt spezialisiert hat. Er hat vernichtende Artikel über den einen oder anderen Manager oder Politiker veröffentlicht, die sicher mehr als berechtigt waren, und hat einige Rücktritte und so manches juristische Nachspiel erzwungen. Am bekanntesten war die Aboga-Affäre, die damit endete, dass ein konservativer Politiker zurücktreten musste und ein ehemaliger Gemeindekämmerer zu einem Jahr Gefängnis wegen Veruntreuung von Gemeindegeldern verurteilt wurde. Aber Verbrechen anzuprangern kann man wohl kaum als Ausdruck von linker Gesinnung bezeichnen.«

»Ich verstehe, was Sie sagen wollen. Was sonst noch?«

»Er hat zwei Bücher geschrieben. Eines über die Aboga-Affäre und eines über Wirtschaftsjournalismus mit dem Titel Die Tempelritter, das vor drei Jahren erschienen ist. Ich habe es nicht gelesen, aber den Rezensionen zufolge scheint es recht kontrovers gewesen zu sein. Es hat so einige Debatten in den Medien ausgelöst.«

»Wie steht es um seine Finanzen?«, fragte Frode.

»Er ist nicht reich, aber er nagt auch nicht am Hungertuch. Seine Steuererklärungen sind dem Bericht beigefügt. Er hat knapp 250 000 Kronen in Anleihen und Fonds angelegt. Sein Kontostand beträgt ungefähr 100 000 Kronen, damit deckt er seine laufenden Ausgaben, Reisen und Ähnliches. Er hat das Wohnrecht für seine Wohnung gekauft und fertig abbezahlt - 65 Quadratmeter in der Bellmansgata - und ist mit keinen Krediten oder Schulden belastet.«

Salander streckte einen Finger in die Luft.

»Er besitzt noch einen weiteren Vermögenswert - eine Immobilie auf der Schäreninsel Sandhamn. Eine Hütte, 30 Quadratmeter groß, als Ferienhäuschen eingerichtet und direkt am Wasser gelegen, an einem der attraktivsten Flecken von Sandhamn. Offensichtlich hat einer seiner Onkel die Immobilie in den vierziger Jahren erworben, als das für Normalsterbliche noch möglich war, und Blomkvist hat sie schließlich geerbt. Sie haben es so aufgeteilt, dass seine Schwester die Wohnung der Eltern in Lilla Essingen bekam und Mikael das Sommerhäuschen. Ich weiß nicht, was so was heute wert ist - sicher ein paar Millionen Kronen -, aber andererseits sieht es nicht so aus, als wollte er das Häuschen verkaufen. Er ist ziemlich oft in Sandhamn.«

»Was machen seine Einkünfte?«

»Er ist wie gesagt Miteigner von Millennium, bezieht aber nur ein Gehalt von knapp 12 000 Kronen im Monat. Den Rest erwirtschaftet er sich durch seine Arbeit als Freelancer, die Einkünfte schwanken. Vor drei Jahren erzielte er ein Spitzenergebnis, als er von diversen Medien Aufträge bekam und fast 450 000 Kronen einnahm. Voriges Jahr hat er mit seiner freien Arbeit nur 120 000 Kronen eingenommen.«

»Er muss 150 000 Kronen Schadenersatz bezahlen, außerdem das Honorar für seinen Anwalt etc.«, stellte Frode fest. »Wir können davon ausgehen, dass er insgesamt eine ziemlich hohe Summe aufbringen muss und außerdem Einkünfte einbüßt, während er seine Gefängnisstrafe absitzt.«

»Das bedeutet, dass er ziemlich abgebrannt aus dieser ganzen Geschichte rauskommt«, merkte Salander an.

»Halten Sie ihn für integer?«, fragte Dirch Frode.

»Seine Integrität ist sein Vertrauenskapital. Er hat das Image des unbestechlichen Wächters über die Moral der Geschäftswelt. Man lädt ihn ziemlich oft als Kommentator ins Fernsehen ein.«

»Von diesem Kapital ist nach dem heutigen Urteil wohl nicht mehr viel übrig«, sagte Frode nachdenklich.