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»Nun gut«, sagte sie. Sag mir, was du dir vorstellst.

6

Gracklstugh war wie Menzoberranzan eine Höhlenstadt. Doch anders als im Reich der Drow beherbergten die Stalagmiten große stinkende Schmelzhütten und Gießereien, nicht jedoch die eleganten Burgen adliger Familien. In der Luft hing ein ätzender Gestank, und der Lärm der Industrieanlagen schallte unablässig durch die Höhle – das Tosen der Feuer, das metallische Scheppern, wenn Eisen auf Eisen traf, dazu das Rauschen der verschmutzten Ströme, die die Abfälle der Duergar-Schmieden forttrugen. Anders als Menzoberranzan, wo völlige Dunkelheit herrschte – abgesehen vom sanften Feenfeuer, das dem Zweck diente, die Drow-Paläste in ein schmückendes Licht zu tauchen –, wurde Gracklstugh vom Schein der Feuer und von dem gelegentlichen gleißenden Aufflackern erhellt, das entstand, wenn das weißglühende Metall in Gußformen gekippt wurde. Es war ein ungewöhnlich reizloser Ort, ein Affront gegen jeden Drow adliger Herkunft. Halisstra fand, Gracklstugh wirke wie die Schmelzhütte der Höllen selbst.

Am östlichen Ende fiel der Boden der großen Höhle steil ab und stieß an den gewaltigen Dunkelsee, was Gracklstugh zur unterirdischen Hafenstadt machte, obgleich nur wenige Rassen des Unterreiches Gewässer wie den Dunkelsee als Handelsrouten nutzten. Folglich galten die Docks und die zum See hin gelegenen Lagerhäuser als eines der ärmsten, gefährlichsten Viertel der Stadt. Kohlenhauer vertäute sein Gefährt am Ende eines zerfallenden Steinkais, an dem bereits eine Handvoll Schiffe ähnlicher Bauart lag.

»Nehmt Eure Sachen und beeilt Euch«, fuhr der Zwerg sie an. »Je weniger man von Euch in den Straßen zu sehen bekommt, desto besser. Spinnenküsser in der Stadt der Klingen sind gut beraten, wenn sie sich rar machen, wenn Ihr versteht, was ich meine.«

Valas sah die anderen an und signalisierte: Niemand wird getötet! Das wird hier nicht toleriert werden!

Dann schulterte der Späher sein Gepäck und folgte dem Zwerg aufs Kai, während er seinen Piwafwi eng um sich legte, um das Schwert an seiner Hüfte zu verbergen.

Pharaun sah zu Jeggred auf und sagte: »Dir wird es hier nicht gefallen. Wie willst du bloß die Zeit herumkriegen, ohne daß du einen Hilflosen in Stücke reißen darfst?«

»Ich werde mir die Stunden vertreiben, indem ich darüber nachdenke, wie ich Euch töten könnte, Magier«, brummte Jeggred.

Dann stieß der Draegloth den Atem aus, zog sich seinen langen Mantel über seine weiße Mähne und stellte sich so gebeugt wie möglich hin, um nicht zu schnell aufzufallen. Der Rest der Gruppe folgte an Land, um sich den Weg durch die heruntergekommenen Straßen des Hafenviertels der Stadt zu bahnen, bis sie ein festungsgleiches Gasthaus erreichten, das einige Blocks von den Docks entfernt lag. Ein Schild, das in Zwergisch und der Handelssprache des Unterreiches geschrieben war, wies das Lokal als das Kalte Gießhaus aus. Das Gebäude war von einer Steinmauer umgeben, in deren Grenzen sich eine Reihe kleiner, alleinstehender Blockhäuser fanden. Die Gruppe machte unmittelbar vor dem Haupttor Halt, neben dem ein Stall stand, in dem riesige, übelriechende Packechsen angebunden waren.

»Kein vielversprechender Anblick«, kommentierte Pharaun. »Dennoch wird es bequemer sein als ein Stein auf dem Höhlenboden.«

Valas besprach sich kurz mit Kohlenhauer, dann wandte er sich den anderen Drow zu und sagte mit gedämpfter Stimme: »Kohlenhauer und ich werden uns darum kümmern, daß wir unbehelligt die Stadt durchqueren können und unsere Vorräte aufstocken. Vermutlich wird die eine oder andere Bestechung notwendig werden, um die nötigen Dokumente zu erhalten, was Zeit kosten wird. Wir sollten einplanen, einen vollen Tag, vielleicht sogar zwei Tage hierzubleiben.«

»Haben wir soviel Zeit?« fragte Ryld.

»Das muß Herrin Quenthel entscheiden«, erwiderte Valas Hune. »Aber der nächste Abschnitt unserer Reise könnte viel Zeit in Anspruch nehmen, und wir werden nichts erreichen, wenn wir nach ein paar Zehntagen verhungern.«

Quenthel betrachtete das freudlose Duergar-Gasthaus und traf ihre Entscheidung.

»Wir werden zwei Nächte bleiben, und übermorgen werden wir früh am Morgen aufbrechen«, sagte sie. »Ich würde länger bleiben, aber ich will kein unnötiges Risiko eingehen, was die Dauer der hiesigen Gastfreundschaft betrifft. Die Ereignisse schreiten zu schnell voran, als daß wir es uns leisten könnten, zu trödeln.«

Sie sah Valas und Kohlenhauer an, der neben ihm stand, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick auf die Straße gerichtet, um deutlich zu machen, daß er die Unterhaltung der Drow nicht belauschte.

Ist dieser Ort sicher? signalisierte sie. Wird der Zwerg uns hintergehen?

Es ist ausreichend sicher, erwiderte Valas. Laßt niemanden Jeggred sehen. Der Rest sollte unbehelligt bleiben, solange Ihr Auseinandersetzungen aus dem Weg geht. Er sah kurz zu Kohlenhauer und fügte an: Der Zwerg weiß, daß wir ihn für seine Dienste gut bezahlen werden, aber wenn er das Gefühl bekommt, daß wir ihn töten könnten, anstatt ihn zu bezahlen, dann wird er sicherlich Mittel und Wege finden, um uns festnehmen zu lassen. Er weiß, daß wir keine Kaufleute sind, aber es kümmert ihn nicht, warum wir unterwegs sind, solange er seine Bezahlung erhält.

Sollen wir ihn aus dem Weg räumen? fragte Ryld.

Das ist jetzt zu gefährlich, signalisierte Valas. Solange wir hier sind, werde ich ihn gut im Auge behalten.

»Nehmt Ryld mit, nur für alle Fälle«, sagte Quenthel.

Ryld nickte und zog an seinem Rucksack, damit er besser zwischen den Schulterblättern saß.

»Ich bin bereit«, sagte er dann.

»Ich kann nicht sagen, daß mir die Gesellschaft unwillkommen wäre, falls sich Ärger einstellt«, erwiderte Valas. »Nun sollten wir Meister Kohlenhauer nicht länger warten lassen. Wenn Ihr bis morgen mittag nichts von uns gehört habt, solltet Ihr vom Schlimmsten ausgehen und die Stadt so schnell wie möglich verlassen.«

Der Späher eilte davon, gefolgt von Ryld. Zusammen mit Kohlenhauer machten sie sich daran, tiefer in die Stadt vorzudringen.

»Was wir an dir so lieben, Valas Hune, ist deine unerschütterlich gute Laune«, meinte Pharaun, während er dem Späher nachsah. »Ich muß auch einiges erledigen. Ich werde an diesem düsteren Ort nach einem Händler für arkane Reagenzien Ausschau halten, um meine Zauberkomponenten zu ergänzen.«

»Laßt Euch nicht zuviel Zeit«, mahnte Quenthel, dann sah sie zu Halisstra und Danifae. »Was ist? Kommt Ihr nicht?«

»Noch nicht«, sagte Halisstra. »Ich glaube, wenn wir schon mal hier sind, werde ich die Gelegenheit nutzen, Danifae mit Waffen und einer Rüstung auszustatten. Wir kehren zurück, wenn sie angemessen ausgerüstet ist.«

»Ich dachte, Ihr würdet Eurer Kriegsgefangenen nicht gestatten, für Euch zu kämpfen«, sagte Quenthel und kniff die Augen zusammen, während sie überlegte, was Halisstra vorhaben mochte.

»Ich bin zu der Ansicht gelangt, daß Danifae ein Problem darstellt, solange sie weder Waffen noch Rüstung trägt. Ich will nicht, daß mein Eigentum zu Schaden kommt.«

Halisstra konnte Quenthels Mißtrauen fast greifen, so groß war es. Die Baenre strich wortlos über das Heft ihrer Peitsche, während sie Halisstra und Danifae nachdenklich betrachtete.

Gut, dachte Halisstra. Soll sie glauben, ich hätte genügend Macht über Danifae, um es mir leisten zu können, sie zu bewaffnen. Eine gewisse Unsicherheit könnte hilfreich sein, was ihr Urteil über unseren Nutzen angeht.