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»Verdammt«, murmelte Valas.

Ryld dachte über ihre Situation nach und versuchte, sie zu analysieren. Entweder hatte Kohlenhauer sie absichtlich in eine Sackgasse gelockt, oder es war tatsächlich so schwierig, die Pässe zu erhalten. Was die erste Möglichkeit anging, so sah Ryld keinen Grund, warum Kohlenhauer die Gruppe in Gracklstugh festhalten sollte. Vielleicht wollte der Zwerg sie in eine Falle locken, doch dann hätte er schon genügend Gelegenheiten gehabt, um ihnen die Überraschung zu präsentieren, die auf sie wartete. Wenn aber andererseits Kohlenhauer und Thummud nicht bei einem ausgefeilten Täuschungsmanöver zusammenarbeiteten, warum sollte der Kronprinz den Besuch der Gruppe in Gracklstugh zum Anlaß nehmen, gegen Fremde vorzugehen, die durch sein Reich reisten?

Weil er etwas hat, was Fremde nicht sehen sollen, folgerte Ryld. Was konnte das sein, was Außenstehende nicht sehen durften?

Ryld blieb stehen. Valas und Kohlenhauer gingen ein paar Schritte weiter, ehe sie sich umdrehten.

»Was ist?« wollte Valas wissen.

»Wir müssen etwas erledigen«, sagte Ryld zu Valas, dann sah er ihren Führer an. »Kommt morgen ins Gasthaus.«

Kohlenhauer runzelte die Stirn.

»Gut«, sagte er. Der Duergar wandte sich um ging die Straße entlang davon, wobei er vor sich hingrummelte: »Gebt nicht mir die Schuld, wenn Ihr für das, was auch immer Ihr vorhabt, festgenommen werdet. Ich werde mich nicht für Euch einsetzen. Ich bin auf meinem Boot, wenn Ihr mich braucht.«

Was ist? fragte Valas, nachdem der Zwerg in den Schatten der Straße verschwunden war.

Der Kronprinz schränkt die Bewegungsfreiheit fremder Kaufleute und Reisender ein, antwortete Ryld. Er will nicht, daß Nachrichten aus der Stadt gelangen. Ich glaube, Gracklstughs Armee wird bald marschieren.

Valas blinzelte und signalisierte: Das glaubst du?

»Es ist das, was ich täte«, sagte Ryld. »Die Frage ist, wie können wir eine Bestätigung bekommen?«

Er sah sich um und stellte fest, daß wie üblich jeder Duergar in Sichtweite die beiden Dunkelelfen mit unverhohlener Feindseligkeit anstarrte.

Wenn wir versuchen, deinem Verdacht auf den Grund zu gehen, dann macht uns das zu der Sorte Fremde, nach denen die Soldaten des Kronprinzen Ausschau halten, signalisierte Valas. Hüne legte nachdenklich die Stirn in Falten. Was mußt du sehen, um deine Befürchtung bestätigt zu finden?

Einen Versorgungstrupp, antwortete Ryld sofort. Wagen, Packechsen, so etwas. So etwas würde man nur zusammenstellen, wenn man losmarschieren will, und es dauert Tage, um das zu bewerkstelligen. Außerdem braucht man dafür Platz.

Stimmt, pflichtete Valas ihm bei.

Valas überlegte und zupfte gedankenverloren an den verschiedenen Talismanen und Marken, die er an seiner Kleidung trug.

Sollen wir das Risiko eingehen? fragte Hune.

Ryld sah sich um. Thummud hatte sie recht direkt wissen lassen, daß sich für einige Tage nichts ändern würde, und das würde Quenthel nicht gefallen. Wenn Gracklstugh im Begriff war, Menzoberranzan anzugreifen, dann wollte er das wissen, ehe sich die Duergar-Armee in Bewegung setzte. Sie würden einen Weg zu finden versuchen, die Heimat zu warnen. Die Duergar waren kein Sklavenmob, der nach Lust und Laune der großen Häuser zerschlagen werden konnte. Die Armee aus Gracklstugh würde groß, stark und diszipliniert sein – und für einen Angriff auf die Drow würde sie sich gut bewaffnen. Ryld gefiel die Vorstellung nicht, was eine solche Armee in seiner Heimatstadt anrichten konnte.

Laß uns keine Zeit vergeuden, erwiderte er.

Valas nickte und machte sich mit Ryld auf den Weg. Statt in das Viertel am See und damit zum Kalten Gießhaus zurückzukehren, begaben sie sich tiefer ins Herz der Höhle. Sie durchstreiften die übelriechenden Straßen und finsteren Gassen, durchquerten Handelsbezirke, in denen Kunsthandwerker und Kaufleute in beengten Gebäuden aus Feldstein ihre Geschäfte hatten. Es war schon spät, und der Verkehr auf den Straßen der Zwergenstadt schien allmählich nachzulassen. Die beiden Drow erreichten schließlich eine Straße, die am Rand einer tiefen Spalte entlang verlief, die die höheren, schwieriger zugänglichen Bezirke der Stadt von der zum See hin gelegenen armen Gegend abtrennte. Zahlreiche Brücken überspannten den Spalt, die auf der anderen Seite in enge Gassen mündeten. Ein Trupp wachsamer Duergar-Soldaten hielt sich am Fuß einer jeden Brücke auf und verhinderte jedes Überqueren der Felsspalte.

Der Späher zog Ryld in den Schatten einer Gasse und deutete auf das Hindernis und die Brücken, die es überspannten.

Ladaguers Furche, signalisierte er ihm. Auch bekannt als die Spalte. Was sich auf der westlichen Seite befindet, ist für Fremde tabu. Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es eine Reihe großer Nebenhöhlen, die für einen Truppenaufmarsch geeignet sein könnten. Dort wäre sicher, daß ein zufälliger Beobachter sie nicht zu Gesicht bekommt.

Ryld sah den Späher aus Bregan D’aerthe nachdenklich an und wunderte sich, wieso der so viel über diesen Teil der Stadt wissen konnte, wenn dieser doch tabu sein sollte.

Ich nehme an, du bist schon mal hiergewesen? fragte Ryld.

Ich habe Gracklstugh ein paarmal durchquert.

Ich frage mich, ob es irgendeinen Ort gibt, an dem Valas noch nicht gewesen ist, wunderte sich Ryld. Er veränderte seine Position im Schatten leicht, um die bewachten Brücken besser überblicken zu können. Er war gut darin, nicht gesehen zu werden, wenn es darauf ankam, doch ihm gefielen die Möglichkeiten nicht, die diese schmalen Brücken ohne Geländer boten. Es gab keinerlei Schutz, wenn sie erst einmal eine der Brücken betreten hatten.

Wie kommen wir hinüber? wollte er wissen.

Valas machte seine Knoten fertig und trat dicht an Ryld heran, stellte den rechten Fuß in eine der unteren Schlaufen und schob den rechten Arm durch die oberste.

»Bleib während des Abstiegs dicht am Stalagmiten«, sagte er. »Wir brauchen die Deckung.«

Ryld nickte und griff beiläufig nach oben, um das Emblem zu berühren, das er auf Brusthöhe trug. Es wies ihn als einen Meister Melee-Magtheres aus, und wie die Schnallen und Broschen vieler Adelshäuser war es durch einen Zauber mit der Macht der Levitation belegt worden. Valas war sicher, daß Ryld lange und hart hatte kämpfen müssen, um das Recht zu erlangen, das Emblem zu tragen.

Wie erhofft erwies sich der Zauber als kraftvoll genug, um Rylds Gewicht ebenso zu tragen wie das des Mannes aus Bregan D’aerthe. Mühelos stiegen sie auf in den Rauch und die Düsternis der oberen Regionen Gracklstughs, bis der dicke Schleier die Straßen unter ihnen verhüllte. Von der obersten Stelle der Höhle aus wirkte es so, als sei der Boden in Dunst und Rauchwolken gehüllt, in dem helles Feuer Hunderte von Kreisen aus rotglühendem Nebel entstehen ließen.

»Das ist besser, als ich erwartet hatte«, sagte Valas. »Der Rauch gibt uns Schutz.«

»Er treibt mir aber auch die Tränen in die Augen«, entgegnete Ryld. Er erreichte die Höhlendecke und stellte fest, daß sie rauh und rissig war. »Wohin?«

»Nach rechts. Genau.«

Valas wies mit einer Kinnbewegung auf die nördliche Wand der Stadt, während er darauf achtete, daß er weder mit dem Fuß noch mit dem Arm den Halt in den Steigbügeln aus Seil verlor, die er hergestellt hatte. Langsam drehte sich Ryld um, um der Decke gleichmäßiger zugewandt zu sein, dann hangelte er sich Hand über Hand voran, als erklimme er eine vertikale Felswand. Der Späher verlagerte sein Gewicht etwas, um seinen Halt zu wahren, während er den Blick auf den Höhlenboden gerichtet hielt und dem Waffenmeister immer wieder die Richtung ansagte.