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Halisstra fügte an: »Wenn nur einer von ihnen eine Tarnung durchschaut und eine Gruppe Drow ausmacht ...«

»Besser wäre es, wenn wir uns alle unsichtbar machen«, überlegte der Meister Sorceres. »Das dürfte wohl die sinnvollste Lösung sein. Das erinnert mich an eine ...«

»Genug.« Quenthel drehte sich auf ihrem Platz um und fragte Valas: »Müssen wir von hier das Labyrinth ansteuern, oder könnt Ihr einen Weg finden, der um Gracklstugh herum verläuft, wenn wir ein Stück des Weges zurückgehen würden?«

»Wir brauchen einige Tage mehr, wenn wir die Stadt umgehen«, erwiderte der Späher, »aber ich könnte Euch an den Grenzen Gracklstughs entlangführen.«

»Sehr gut«, erklärte Quenthel. »Wir gehen zurück zu den Docks und bedienen uns Kohlenhauers Boot. Das ist der direkteste Weg aus der Stadt, und wenn ich nicht irre, dürfte der See weit weniger gut bewacht sein als die Tunnel.« Sie sah sich rasch um. Niemand mußte sich noch weiter bereitmachen, also nickte die Priesterin und wandte sich dann an Pharaun. »Was müssen wir tun, damit Euer Zauber gelingt?«

»Nehmt Euch an den Händen und bleibt dicht hinter mir«, sagte Pharaun. »Sobald Ihr mich loslaßt, werdet Ihr unverzüglich sichtbar. Ich werde nicht die Verantwortung übernehmen, wenn es zu Schwierigkeiten kommt.«

Vollständig bewaffnet und abmarschbereit faßten sich bis auf Valas Hune alle an den Händen und warteten. Der Meister Sorceres, der in ihrer Mitte stand, stieß zischend eine Folge ar-kaner Worte aus und beschrieb mit den Händen mystische Gesten. Dann wurden sie unsichtbar. Halisstra konnte Danifaes Hand auf ihrer linken Schulter fühlen, während sie mit ihrer rechten Hand Rylds Harnisch hielt. Doch sehen konnten sie alle Valas.

»Seid Ihr bereit, Meister Hune?« fragte Pharaun aus dem Nichts.

Valas nickte. Er trug, was seiner Vorstellung von Eleganz zu entsprechen schien – eine einfache Weste aus Kettengliedern über einem guten Hemd aus Spinnenseide, dazu dunkle Kniehosen. Seinen Piwafwi hatte er schmissig über eine Schulter geworfen. Die diversen Anstecker und Medaillons, die schier willkürlich über seine Kleidung verstreut waren und die die Abwehrzeichen und Talismane eines halben Dutzend verschiedener Rassen darstellten, vervollständigten sein Ensemble.

»Ich werde einige Augenblicke auf dem Hof umherschlendern. Sorgt dafür, daß Ihr schnell das Gasthaus verlaßt. Es wird nicht auffallen, wenn ich nicht allzulange einfach nur dastehe. In zehn Minuten treffen wir uns am Boot.«

»Man wird dich beschatten«, sagte Ryld.

Valas schien über diese Bemerkung ernsthaft verärgert zu sein.

»Kein Lebewesen kann mich beschatten, wenn ich es nicht zulasse«, entgegnete er.

Valas ging nach draußen auf den Hof, ließ die Tür offen, damit die anderen hinausgelangen konnten, und reckte sich ausgiebig. Halisstra merkte, daß sich Ryld in Bewegung setzte, und sofort ging sie los, wobei sie dicht an ihn geriet, da Danifae von hinten so drängte, daß sie ihren warmen Atem im Nacken fühlte.

Während der Späher gemächlich zum Tor des Gasthauses spazierte und sich dann nach links in Richtung der zentralen Stadtbezirke wandte, beschrieben Halisstra und die anderen eine ungelenke Kurve, die sie nach rechts zu den Docks führte. Die Straßen waren nicht ganz leer, aber es war auch nicht übermäßig viel los. Die meisten Duergar waren nach einem langen Tag in den Schmieden in ihre tristen Behausungen zurückgekehrt. Wäre die Gruppe zu Beginn oder Ende des Arbeitstages zur Flucht gezwungen gewesen, dann wäre die Tarnung spätestens dann aufgefallen, wenn ein Duergar in die unsichtbare Kette aus Drow gelaufen wäre, die sich durch die Stadt schlich.

Halisstra riskierte einen Blick über die Schulter zu Valas, der mit zügigen Schritten in die entgegengesetzte Richtung ging und ein wenig den Eindruck machte, als verfolge er heimliche Absichten – eine bessere Tarnung, als wenn er sich völlig gelassen verhalten hätte, was an einem Ort wie Gracklstugh mehr als ungewöhnlich gewesen wäre. Ihr fiel auch ein Duergar auf, der ein kleines Faß Branntwein auf der Schulter trug und sofort kehrtmachte, als der Späher ihn passierte und wie ein gewöhnlicher Arbeiter wirkte, dessen Aufgabe es war, Waren von einem Teil der Stadt in einen anderen zu bringen. Sie war sicher, daß Valas ihn nicht übersehen hatte. Der Söldner war zu scharfsinnig, um auf eine so offensichtliche Beschattung hereinzufallen.

Obwohl Halisstra jeden Augenblick einen Alarm unsichtbarer Wachposten erwartete, gelangten sie ungehindert zu den Docks. Als sie über den steinernen Kai in Richtung der befremdlichen Gefährte entlangeilten, die dort angedockt waren, blieb Ryld so abrupt stehen, daß Halisstra gegen ihn stieß, ehe sie begriff, daß er nicht weiterging. Danifae stieß ihrerseits mit ihr zusammen, während die Gruppe anhielt.

»Probleme«, flüsterte Pharaun. »Eine Patrouille Duergar-Soldaten in den Farben der Kronprinzen kam gerade um die übernächste Hausecke. Die Gruppe ist auch unsichtbar, und es ist einer unter ihnen, der ein Magier zu sein scheint und in unsere Richtung blickt.«

»Sie sehen uns?« grollte Jeggred. »Wozu seid Ihr eigentlich gut?«

»Es gibt Zauber, mit denen man das Unsichtbare sehen kann«, erwiderte Pharaun. »Einen solchen benutze ich im Augenblick, weshalb ich auch die Wachen sehen kann, während du sie nicht siehst. Ich würde sagen, daß mich das zu der Frage berechtigt, wozu du ...«

»Ihr da! Gebt Euren Zauber auf und legt die Waffen nieder!« rief der Anführer der Duergar-Patrouille. Das Scheppern von Waffen hallte in der ruhigen Straße wider, obwohl Halisstra noch immer keinen Duergar sehen konnte. »Ihr seid festgenommen!«

»Jeggred, Ryld, Pharaun – kümmert Euch um sie«, befahl Quenthel. »Danifae, Halisstra, zu mir!«

Sie stürmte den Pier entlang und wurde allmählich sichtbar, als sie Pharauns magischen Einfluß hinter sich ließ. Jeggred und Ryld eilten in die entgegengesetzte Richtung. Splitter wurde in Rylds Hand auf eine Weise sichtbar, als hätte er selbst einen Zauber daraufgelegt. Pharaun stieß einen kurzen Satz aus, der die Luft auf dem Kai erschaudern ließ, und im nächsten Moment wurde die gegenüberliegende Seite der Straße von einer Woge aus Licht überspült, die die bewaffneten Duergar sichtbar werden ließ. Der Magier legte sofort einen weiteren Zauber nach und wurde seinerseits sichtbar, als er einen schwarzen Strahl auf den Magier inmitten der Gruppe Soldaten richtete. Die purpurne Lanze traf den Duergar-Magier in die Brust, der daraufhin wie eine Marionette zusammensackte, deren Fäden man durchtrennt hatte.

»Beim nächsten Mal solltet Ihr erst zuschlagen und dann zum Niederlegen der Waffen auffordern«, kommentierte Pharaun. Er setzte zu einem neuen Zauber an, während der Draegloth und Ryld in die Patrouille stürmten und unablässig um sich schlugen.

Halisstra folgte Quenthel, die auf dem Pier weiterlief und in Kohlenhauers Boot sprang. Die riesigen untoten Skelette standen reglos in ihrer Vertiefung in der Mitte des Gefährts, nur leblose Maschinen, die auf einen Befehl warteten. Der Duergar-Schmuggler, der unter der Brücke schlief, wachte auf und drehte sich auf seiner dünnen Matratze um, während er gleichzeitig nach einer Handaxt griff, die in Reichweite lag.

»Wer da?« schrie er und sprang auf. »Ihr ...«

Weiter kam er nicht, da Quenthel ihm ihren Stiefel in die Brust rammte und ihn nach hinten auf das Deck schleuderte.

Die Baenre hob ihre Peitsche, um das Leben des Schmugglers zu beenden, doch Halisstra rief: »Halt! Vielleicht brauchen wir ihn, um dieses Ding in Bewegung zu setzen!«

»Glaubt Ihr ihm diese Geschichte etwa?« erwiderte Quenthel, ohne ihren Blick von dem Zwerg abzuwenden. »Er will doch nur, daß wir glauben, wir könnten nicht auf ihn verzichten!«

»Mag sein, aber das ist nicht der Zeitpunkt, um unsere Flucht davon abhängig zu machen«, konterte Halisstra. »Wir stünden sehr dumm da, wenn wir uns erst den Weg bis hierher freikämpfen, um dann nicht den Pier verlassen zu können.«

»Ihr seid wohl beim Kronprinz in Ungnade gefallen, wie?« fragte Kohlenhauer, stand langsam auf und grinste breit. Am Ende des Piers flammte ein Blitz auf, und ein dröhnender Donnerschlag kündigte an, daß Verstärkung für die kämpfenden Duergar eingetroffen war. »Wenn Ihr mich umbringt, werdet Ihr niemals entkommen. Was wäre ein angemessener Preis dafür, daß ich Euch von diesem Pier wegbringe?«