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Quenthel versteifte sich und hätte den Zwerg auf der Stelle erschlagen, wäre Halisstra nicht zwischen die beiden getreten.

»Wenn wir gefaßt werden«, warnte die Melarn-Priesterin, »dann werden wir alles, was uns vorgeworfen wird, Euch anlasten, Zwerg – und jetzt legt ab!«

Kohlenhauer starrte die Dunkelelfen mit wutverzerrter Miene an.

»Ich habe Euch fair behandelt, und das ist Euer Dank?« fauchte er. »Ich hätte wissen sollen, daß ich mich mit Euresgleichen besser auf keinen Handel einlasse.«

Er fuhr herum, um die Taue zu lösen, die das makabre Gefährt am Kai festhielten; gleichzeitig brüllte er den Skeletten Befehle zu.

Quenthel sah Halisstra verkniffen an. »Warum verschont Ihr ihn?« fragte sie. »Ihr wißt, daß er lügt, was das Kommando über dieses Boot angeht.«

Halisstra zuckte die Achseln. »Ihr könnt ihn später immer noch töten, wenn Euch das so wichtig ist.«

Während die Schaufelräder an der Seite des Gefährts durch das Wasser zu pflügen begannen, kamen Ryld und Jeggred herangeeilt und kletterten an Bord. Blut troff von der Klinge des Kämpfers und von den Klauen des Halbdämons. Pharaun folgte einen Augenblick später, nachdem er den Pier mit einer tosenden Flammenwand blockiert hatte, um die Soldaten aufzuhalten.

»Das wird sie bestimmt nicht lange aufhalten«, rief er. »Sie müssen über drei oder vier Magier verfügen, und die werden die Flammen schnell ersticken. Am besten wird es sein, wenn wir verschwunden sind, ehe sie ihre Zauber auf unser bescheidenes Transportmittel schleudern.«

Ryld betrachtete mit finsterer Miene die Feuerwand am Ende des Piers.

»Dir ist hoffentlich klar, daß du mit dem Zauber auch den Fluchtweg für Valas versperrt hast«, beschwerte er sich. »Wir brauchen ihn. Wir können ihn nicht zurücklassen.«

»Ich fühle mich geschmeichelt, Meister Argith.«

Aus dem Schatten am Bug des Bootes trat Valas und zog seinen Piwafwi zurecht.

»Wo bei Lolths finsteren Höllen kommst du denn her?« wunderte sich der Waffenmeister und rieb sich die Augen.

»Ich war nur wenige Schritte hinter den drei Damen«, erklärte der Späher. Er sah sich um und genoß die unverhohlene Verwunderung auf den Gesichtern seiner Gefährten, dann verbeugte er sich und machte eine unterwürfige Geste. »Wie gesagt, ich lasse mich nicht verfolgen, wenn ich es nicht will. Außerdem kam es mir so vor, als hättet ihr drei die Soldaten des Kronprinzen bestens im Griff.«

Der Meister Melee-Magtheres schnaubte und steckte Splitter zurück in die Scheide auf seinem Rücken. Er drehte sich um und sah hinüber zum Ufer, das in der Finsternis rasch zurückfiel. Auf den Pieren brannten noch immer Feuer, die die bizarren Silhouetten anderer Duergar-Boote erleuchteten, deren Besatzungen umherrannten und Befehle schrien, um den Anforderungen der Soldaten des Kronprinzen Folge zu leisten.

»Ich hoffe, unser Gefährt ist schneller als die anderen«, sagte Ryld.

»Keine Sorge«, rief Kohlenhauer. »Meines ist das schnellste auf dem Dunkelsee. Keine dieser Schuten kann uns einholen.«

Er rief den massigen Skeletten, die das Boot antrieben, einen Befehl zu, woraufhin die untoten Monstrositäten ihre Anstrengungen verdoppelten, bis das Wasser von den Schaufelrädern so gepeitscht wurde, daß es zu schäumen begann. Die Duergar-Stadt verschwand hinter ihnen in der Finsternis, bis von ihr nichts weiter zu sehen war als ein rötlicher Schimmer an der Höhlendecke.

»Eine unerfreuliche Aussicht«, meinte Quenthel. »Menzoberranzan kann jetzt keinen Krieg gegen die Duergar gebrauchen.«

»Schlagen wir eine andere Richtung ein?« fragte Ryld. »Menzoberranzan muß vor den Duergar gewarnt werden.«

Die Herrin Arach-Tiniliths stand einen Moment lang nur da, dann entgegnete sie: »Nein. Was wir tun, ist von größerer Bedeutung, und wenn ich mich nicht irre, hat Pharaun die Möglichkeit, dem Erzmagier eine Warnung zukommen zu lassen. Ist das nicht so, Magier?«

Der Meister Sorceres lächelte nur und spreizte die Hände.

Nimors leise Schritte hallten auf dem Weg durch die Feste des Kronprinzen in zahllosen leeren Korridoren wider. Immer wieder begegnete er einem Paar finster dreinblickender Wachen in schweren Rüstungen, die Hellebarden hoch erhoben. Er fragte sich, ob sie je darin ermüdeten, im Dienst auf kahle Steinmauern zu starren.

Vermutlich nicht, befand er. Duergar reagierten auf solche Dinge nun mal nicht empfindlich.

In seiner Hand ließ Nimor einen kleinen Umschlag von Finger zu Finger wandern. Die Dame Aliisza vom Hof des Zepterträgers (ein origineller Titel, wie Nimor ihn noch nie gehört hatte) hatte ihn eingeladen, sich zum Abendessen in ihren Gemächern einzufinden, nachdem die Duergar es bislang versäumt hatten, sie zu irgendeinem Bankett oder Abendessen einzuladen. Nimor ging nicht davon aus, daß ihr der Sinn nur danach stand, in Gesellschaft zu speisen.

Als er die Gemächer erreicht hatte, die der Gesandten des Zepterträgers zugewiesen worden waren, steckte er die Einladung in seine Brusttasche und klopfte zweimal an.

»Herein«, ertönte eine Stimme.

Nimor trat ein und sah Aliisza. Sie wartete an einem Tisch auf ihn, auf dem ein beeindruckendes Mahl angerichtet worden war, einschließlich einer Flasche Wein von der Welt an der Oberfläche. Sie hatte schon zwei Gläser eingeschenkt. Aliisza trug einen weiten Rock aus roter Seide zu einem enganliegenden Korsett, das mit schwarzer Spitze verziert war. Er stellte fest, daß die Farben ihr standen und sogar zu ihren zarten schwarzen Flügeln paßten.

»Aliisza«, sagte er und verneigte sich. »Ich bin geschmeichelt. Ich bin sicher, diese Mahlzeit stammt nicht aus einer der Küchen des Kronprinzen.«

»Es gibt einen Punkt, ab dem kann man geräucherten Rothé-Käse und Brot aus dem Mehl schwarzer Sporen einfach nicht mehr sehen«, erwiderte sie, nahm die Weingläser und kam näher, um ihm eines davon zu reichen. »Ich gebe zu, daß mein Gefolge die Stadt durchkämmen mußte, um Gasthäuser und Tavernen zu finden, die bereit waren, Speisen zu verkaufen, die dem Geschmack eines Drow entsprechen.«

Nimor nahm das Glas und drehte es leicht in der Hand, um es dann an seine Nase zu halten und das Aroma zu inhalieren. So konnte er nicht nur das Bukett des Weins genießen, sondern auch nach den Giften suchen, deren Geruch ihm vertraut war. Er wäre schwierig gewesen, ihn zu vergiften, doch er konnte keine befremdlichen Gerüche feststellen.

»Mein Dank ist Euch gewiß, werte Dame. Ich bin in letzter Zeit viel gereist und war gezwungen, mich von sehr schlichten Speisen zu ernähren.«

Aliisza nahm ebenfalls einen Schluck, dann wies sie auf den Tisch.

»Dann würde ich vorschlagen, wir unterhalten uns während des Essens weiter.«

Nimor nahm ihr gegenüber Platz und stürzte sich auf das Mahl. Eine der Folgen seiner wahren Art war die erstaunliche Fähigkeit, weitaus mehr zu essen, als man es von einem Drow von seiner schmalen Statur erwartet hätte, und zwischen zwei Mahlzeiten sehr viel Zeit verstreichen lassen zu können. Der Rothé-Braten mit Pilzsoße war kühl, in der Mitte noch rot und wirklich ausgezeichnet. Die kleinen Blindfische schmeckten etwas salziger, als ihm lieb war, und der Wein war stark und trocken, womit er genau zum Braten paßte.

»Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen dieses Beisammenseins?« fragte er zwischen zwei Bissen.

»Ihr fasziniert mich, Nimor Imphraezl. Ich will mehr darüber erfahren, wer Ihr seid und welche Interessen Ihr vertretet.«

»Wer ich bin? Ich habe Euch meinen Namen gesagt«, erwiderte Nimor.

»Das ist nicht die Antwort, die ich erwartet hatte.« Aliisza beugte sich vor und sah ihn durchdringend an. »Was ich meinte, ist, wem dient Ihr? Was tut Ihr hier?«