Выбрать главу

Ryld rückte behutsam vor, bereit, sich auf einen Kampf mit dem Teufel einzulassen, doch der von Brandblasen übersäte Pharaun erhob sich an der Stelle, an der er von dem Feuerball getroffen worden war. Er holte mit einem Regen aus weißglühenden Farben aus, der den Höllenschlundteufel erfaßte, als der sich nach dem Bogenschützen umdrehen wollte. Ein grüner Strahl schnitt eine tiefe, kochende Wunde mitten in den Torso der Kreatur, während ein gelber Strahl in einer Explosion aus knisternder Elektrizität verging, als er die Hüfte des Teufels berührte. Das Monster taumelte rückwärts und stolperte über eine rauchende Leiche. Im Saal kehrte Ruhe ein, als das Echo des donnernden Sturzes verhallt war.

Pharaun stand da, einen Arm fest an den Leib gedrückt. Eine Hand und Teile seines Gesichts waren gesprenkelt und rosafarben, da sie vom Desintegrationsstrahl des Betrachters zum Glück nur flüchtig gestreift worden waren. Das Gewand qualmte noch, während die Wirkung des dunklen Feuerballs langsam nachließ. Die anderen Drow entspannten sich ein wenig und sahen sich erstaunt um, weil es keine Gegner mehr zu besiegen gab. Zum Glück hatte niemand lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Quenthel nestelte an ihrem Gürtel, dann zog sie Halisstra heilenden Stab hervor, den sie benutzte, um ihre eigenen Verletzungen zu heilen.

»Das«, begann Pharaun, »war kein leichtes Spiel. Für unsere Dienste hätten wir mehr verlangen sollen.«

»Ihr seid zu uns gekommen«, gab Jezz zurück.

Er humpelte durch den Raum, um sich den Leichnam des Betrachters genauer anzusehen, der auf den Stufen des alten Podestes lag. Valas und Danifae folgten ihm, behielten aber gleichzeitig die Treppe hinter ihnen im Auge.

»Verteilt Euch und sucht das Buch«, sagte Jezz. »Wir müssen das Geildirion finden und uns zurückziehen, ehe alle Teufel Myth Drannors uns angreifen.«

Jezz befolgte seine eigene Empfehlung als erster und suchte auf einer Reihe von Schreibpulten sowie in Regalen voller Schriftrollen nach dem Buch.

Ryld setzte sich auf eine Stufe und begann, Splitter von Blut zu befreien. Er war erschöpft. Jeggred dagegen machte sich sofort auf die Suche nach dem Buch, warf schwere Möbel um und riß Regale von der Wand. Es war Ryld zwar klar, daß der Draegloth wohl kaum unter den Überresten einer verstaubten, zusammengebrochenen Couch etwas finden würde, doch der Halbdämon schien auf diese Weise beschäftigt zu sein, und Ryld hatte nicht vor, dem Draegloth in die Quere zu kommen.

»Seid ruhig! Alle!« sagte Pharaun mit schneidender Stimme.

Der Magier sprach einen Zauber und begann, sich langsam zu drehen, wobei er aufmerksam den Raum betrachtete. Die anderen, auch Jezz, stoppten ihre ungestüme Plünderung und sahen ihn ungeduldig an. Pharaun passierte Jeggred und dann Valas Hune, ehe er vor einer kahlen Wand anhielt. Er begann zu lächeln, offenbar mit seiner eigenen Leistung zufrieden.

»Ich habe die Verteidigungsmaßnahmen unseres dahingeschiedenen Widersachers überwunden«, erklärte er. »Die Wand dort ist eine Illusion, die ein Vorzimmer verbirgt.«

Er beschrieb abermals eine Geste, und neben Ryld verschwand auf einmal ein Teil der Mauer und gab den Blick frei auf eine große Nische, die mit altersschwachen Regalen vollgestellt war, in denen sich alte Bücher und Schriftrollen stapelten. Jezz humpelte hastig, aber ungelenk zu den Regalen und überflog die Titel, um dann alles in eine Hüfttasche zu stecken.

»Ryld, Jeggred, paßt auf«, wies Quenthel sie an. Sie stand jetzt wieder aufrechter, und der benommene Blick war aus ihren Augen gewichen. Dennoch runzelte sie die Stirn, als sie den heilenden Stab wegsteckte. »Valas, sammelt Gold und Edelsteine des Betrachters ein. Es wäre unsinnig, solche Beute hier zurückzulassen, man weiß nie, wann sie sich noch als nützlich erweisen kann.« Sie sah zu dem Jaelre-Hexenmeister, der ein großes, in grüne Schuppen gebundenes Buch in den Händen hielt. »Nun, Meister Jezz, ist dies das Buch, das Ihr suchtet?«

Jezz blies den Staub vom Umschlag und strich mit den schlanken Fingern über das rauhe Leder. Er lächelte und verzog sein attraktives Gesicht zu einem Lächeln.

»Das Geildirion«, hauchte er. »Ja, das ist das Buch. Ich habe, wofür wir herkamen.«

»Gut«, sagte Quenthel. »Verschwinden wir von hier, solange es noch geht. Ich glaube, länger ertrage ich diesen Ort nicht.«

17

Halisstra saß auf einer Fensterbank in dem Quartier, das man ihr zur Verfügung gestellt hatte, und zupfte gedankenverloren an den Saiten ihrer Leier aus Drachenknochen. Seit zwei Tagen wurde sie nun hier festgehalten, und sie mußte feststellen, daß sie es allmählich leid war, eingesperrt zu werden.

Wenn ich eines aus diesem Abenteuer lerne, versprach sie sich, dann ist es, daß ich mich nie wieder einsperren lassen werde.

Sie hatte erwartet, man werde sie während des Verhörs mit Foltermethoden oder magischen Techniken zum Reden bringen, doch Tzirik schien sie beim Wort genommen zu haben. Mehr als ein Drow hätte mit Vergnügen die Gelegenheit genutzt, einen Gefangenen zu foltern, egal, ob er die Wahrheit sprach oder nicht. Halisstra fragte sich, ob Tzirik wohl wartete, bis er von Quenthel und den anderen hörte, ehe er etwas tat, was sie hätte erzürnen können. Halisstra glaubte nicht, daß die Herrin Arach-Tiniliths und ihre Kameraden es geschafft hatten, das gesamte Haus zu unterwerfen, doch es war durchaus denkbar, daß Tzirik zu der Ansicht gelangt war, sich ohne guten Grund besser nicht mit ihnen anzulegen.

Sie sah aus dem vergitterten Fenster. Das Morgenrot rückte rasch näher. Schon jetzt war der Himmel im Osten schmerzhaft hell, obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war. Halisstra konnte die endlosen grünen Wälder Cormanthors erkennen, die sich Kilometer um Kilometer bis zum Horizont erstreckten.

Als jemand an der Tür klopfte, erschrak sie. Sie drehte sich um, während aufgeschlossen wurde, dann stand sie auf, als Tzirik in einem prachtvollen rot-schwarzen Mantel mit hohem Kragen eintrat.

»Herrin Melarn«, sagte er und verbeugte sich nachsichtig, »Eure Kameraden sind zurück. Wenn Ihr mich begleitet, werden wir sehen, ob es einen Grund für sie gab, Euch in der Wildnis dieser Welt zurückzulassen.«

Halisstra stellte ihre Leier weg und fragte: »Waren sie erfolgreich?«

»Das waren sie, weshalb ich auch beabsichtige, Euch in die Freiheit zu entlassen. Wären sie gescheitert, hätte ich Euch als Geisel benutzt, um sie zu einem zweiten Versuch zu bewegen.«

Sie schnaubte, während der Priester sie aus dem Raum führte. Er ging mit ihr durch die eleganten hellen Säle und Korridore der Minauth-Feste. Ein Paar Jaelre-Krieger, die Harnische trugen, die in Grün und Braun gesprenkelt waren, hielt sich dicht hinter ihnen. An der Hüfte trugen sie Kurzschwerter. Sie erreichten eine kleine Kapelle, die in den Farben Vhaerauns geschmückt war, und dort warteten Quenthel, Danifae und der Rest der Truppe.

»Wie ich sehe, habt Ihr die Widrigkeiten Myth Drannors überwinden können und seid zurückgekehrt«, begrüßte Tzirik sie. »Wie Ihr sehen könnt, habe ich auch etwas gefunden, das Euch gehört.«

Halisstra betrachtete die Gesichter ihrer vormaligen Gefährten, die überrascht reagierten. Ryld lächelte herzlich, senkte dann aber den Blick und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Danifae kam und gab ihr die Hand.

»Herrin Melarn«, sagte sie. »Wir dachten, Ihr seid verloren.«

»Das war ich«, erwiderte Halisstra.

Sie stellte überrascht fest, wie erleichtert sie war, wieder unter ihren früheren Gefährten – auch wenn sie Eindringlinge aus einer rivalisierenden Stadt waren – zu sein und auch ihre Kriegsgefangene wiederzusehen. Danifae war vielleicht nicht mehr Halisstras Anhängsel, doch der Zauber band sie immer noch an sie und machte sie damit zur einzigen echten Verbündeten, die Halisstra noch hatte.