Выбрать главу

»Laßt die Duergar um jeden Schritt kämpfen, der sie näher an Menzoberranzan heranbringt«, fügte Triel an. »Euer Überleben hängt von Eurem Erfolg ab. Wenn Ihr diesen Tunnel aufgebt, ehe drei Tage verstrichen sind, lasse ich Euch kreuzigen.«

Zal’therra verbeugte sich und eilte davon. Triel wandte sich wieder dem Waffenmeister zu.

»Glaubt nicht, daß ich Euch keine Schuld gebe«, flüsterte sie. »Ihr wart der Urheber dieser großartigen Strategie, auf die ich die Macht und das Prestige des Hauses Baenre setzte. Diese Strategie hat uns ein Desaster beschert, wie wir es seit Mithralhalle nicht mehr erlebt haben. Unter anderen Umständen würde ich Euch in eine Grube voller hungriger Tausendfüßler werfen, doch dies ... sind untypische Zeiten. Außerdem besteht eine kleine Chance, daß Euer Geschick und Euer Strategieverständnis sich in naher Zukunft als nützlich erweisen könnten. Also enttäuscht mich nie wieder.«

»Ja, Muttermatrone«, sagte Andzrel und verbeugte sich tief.

»Also«, fuhr sie fort, »wo werden wir die Duergar und ihre Verbündeten aufhalten?«

Ohne zu zögern erwiderte der Waffenmeister: »Gar nicht. Angesichts der Verluste, die wir erlitten haben, rate ich zum Rückzug nach Menzoberranzan, wo wir uns auf eine Belagerung einrichten sollten.«

»Das gefällt mir nicht«, fuhr Triel ihn an. »Das riecht nach Niederlage, und je länger die Truppen uns belagern, desto wahrscheinlicher wird es, daß sie von einem anderen Feind verstärkt werden, beispielsweise von den Betrachtern oder den Gedankenschindern.«

»Das ist natürlich möglich«, sagte Andzrel bemüht neutral. »Doch es wird für die Duergar nicht leicht sein, eine Belagerung rings um Menzoberranzan durchzuhalten, wenn sie dabei hundertfünfzig Kilometer von ihrer eigenen Stadt entfernt sind. Ich glaube nicht, daß die Duergar es länger als ein paar Monate durchstehen können. Ich bezweifle auch, daß sie zahlenmäßig stark genug sind, um die Stadt zu stürmen. Unsere beste Vorgehensweise ist die, die Duergar zu einer Belagerung zu zwingen, um festzustellen, mit welcher Bedrohung wir es zu tun haben. Inzwischen böte sich für uns die Gelegenheit, Haus Agrach Dyrr zu vernichten.«

»Ihr habt Angst davor, Euch den Duergar erneut in einer Schlacht zu stellen?« fragte Triel heiser.

»Nein, aber ich will keine Vorgehensweise empfehlen, die für unsere Stadt die Gefahr einer Schlacht birgt, auf die wir nicht vorbereitet sind – zumindest nicht, solange wir keine andere Wahl haben. An dem Punkt sind wir noch nicht.« Er machte eine Pause, dann fügte er an. »In der Stadt können wir wieder zu Kräften kommen und innerhalb weniger Tage erneut zur Tat schreiten, wenn es sich als notwendig erweisen sollte.«

Triel dachte über Andzrels Rat nach.

»Ich werde nach Menzoberranzan zurückkehren und die Angelegenheit dem Rat vortragen«, entschied sie dann. »Bis Ihr einen gegenteiligen Befehl bekommt, zieht Ihr Euch zurück. Die Hauptleute in der Stadt lasse ich alles für eine Belagerung vorbereiten.«

Halisstra öffnete die Augen und fand sich in einer endlosen silbernen See treibend wieder. Sanfte graue Wolken zogen langsam in der Ferne vorüber, während fremdartige dunkle Streifen unheilvoll über den Himmel zuckten, deren Enden so weit entfernt waren, daß sie sie nicht ausmachen konnte und deren Mittelteile sich wütend drehten wie ein Stück Faden, den ein Kind zwischen den Fingern rollte. Sie sah nach unten, da sie sich fragte, was ihr Halt gab, sah aber überall nur den seltsamen perlmuttfarbenen Himmel.

Überrascht über diesen eigenartigen Anblick atmete sie abrupt ein, woraufhin sich ihre Lungen mit etwas füllten, das etwas süßlicher und vielleicht auch ein wenig fester war als Luft. Doch statt zu würgen oder an dieser Masse zu ertrinken, schien sie bestens daran gewöhnt zu sein. Ein Schauder lief durch ihre Glieder, daß sie sich über den so simplen Akt des Atmens wunderte.

Halisstra hob ihre Hand ans Gesicht in dem unterbewußten Wunsch, ihre Augen abzuschirmen, wobei sie merkte, daß ihre Sehfähigkeit unnatürlich scharf war. Jedes Glied ihres Kettenhemdes sprang ihr als perfekt symmetrisch entgegen, die Ränder waren absolut präzise gezeichnet, auf dem Leder ihrer Handschuhe konnte sie die Ölschichten und die übereinanderliegenden Flecken erkennen.

Ihr fehlten die Worte.

»Ihr habt euch noch nie hierher gewagt, Herrin Melarn?« fragte Tzirik von irgendwo hinter ihr.

Halisstra drehte den Kopf, um nach ihm zu sehen, doch als Reaktion darauf schien sich das gesamte Bild vor ihren Augen in einer schnellen, reibungslosen Bewegung zu verschieben. Dann sah sie die Körper ihrer Gefährten vor sich treiben. Der Priester Vhaerauns stand – nein, das paßte nicht, er schwebte vielmehr – ein Dutzend Schritte von ihr entfernt, seine Rüstung war messerscharf umrissen, sein Mantel wurde von einer sanften Brise bewegt, von der Halisstra nichts spürte. Er sprach leise, doch seine Stimme war wundersam klar und deutlich, als sei er nur eine Armlänge von ihr entfernt.

»Ich hätte erwartet, eine Priesterin von Eurem Status wäre mit der Astralebene vertraut«, fügte der Priester an.

»Ich wußte etwas darüber, was mich hier erwarten würde, doch ich hatte nie Gelegenheit, selbst andere Ebenen zu bereisen«, erwiderte sie. »Mein Wissen über diesen Ort ist allenfalls ... theoretisch.«

Sie bemerkte, daß jeder ihrer Kameraden genauso scharf umrissen, genauso greifbar und real wirkte wie Tzirik. Von einem Punkt, den sie nicht recht wahrnehmen konnte – irgendwo an ihrem Rücken oder am Genick –, entsprang eine schlanke, schimmernde Sehne aus silbrigem Licht.

Halisstra griff an ihren Kopf und ertastete dort ein ebensolches Band. Die warme, pulsierende Arterie strahlte Energie aus, und als ihre Finger darüber strichen, zuckte ein heftiger Schlag durch ihren Leib, als hätte sie an den Herzfasern ihrer eigenen Seele gezupft. Sie riß die Hand zurück und nahm sich vor, das Band nie mehr zu berühren.

»Euer Silberband«, erklärte Tzirik. »Ein fast unzerstörbares Band, das Eure Seele mit ihrem angestammten Heim verbindet: Eurem Körper daheim in der Minauth-Feste.« Er lächelte gehässig. »Ihr solltet sorgsam damit umgehen, denn es gibt einige Dinge, die das Band eines Astralreisenden durchtrennen können, doch wenn das geschieht, wird der Reisende augenblicklich vernichtet.«

Halisstra sah, wie Ryld nach seinem Band tastete und genausoschnell wie sie die Hand zurückriß.

»Wie weit reichen diese Dinger?« fragte der Waffenmeister.

»Sie sind unendlich, Meister Argith«, sagte Tzirik. »Keine Sorge, dreißig bis sechzig Zentimeter nach dem Austreten aus dem Körper werden sie unfaßbar, so daß Ihr darüber fallen könnt. Das Band hat außerdem die Angewohnheit, nicht in den Weg zu geraten, ohne daß Ihr Euch darüber Gedanken machen müßt.«

Halisstra sah die Gruppe an und beobachtete, wie die Menzoberranzanyr damit kämpften, sich an ihre neue Umgebung anzupassen. Ryld und Valas Hune ruderten langsam mit Armen und Beinen, als versuchten sie zu schwimmen. Quenthel trieb stocksteif dahin, die Arme gegen den Rumpf gedrückt, während Danifae sich lässig treiben ließ und ihr langes weißes Haar ihr wie ein Welle folgte. Pharaun wartete einfach ab, aber in seinen Augen war ein amüsiertes Funkeln zu sehen, als er die Anstrengungen seiner Gefährten beobachtete. Tzirik sah sich nur um, betrachtete ihre Umgebung und nickte.

»Dies ist eine Art zeitloser Ort«, sagte er, »dennoch verstreicht hier Zeit, deshalb schlage ich vor, wir beginnen unsere Reise. Folgt mir und bleibt dicht hinter mir. Ihr glaubt vielleicht, unendlich weit sehen zu können, doch Dinge verschwinden hier leicht im Nebel.«

Er glitt davon, ohne sich zu regen. Die Arme hielt er verschränkt, während sein Mantel lautlos hinter ihm flatterte.

Ihm folgen? fragte sich Halisstra und sah dem Priester nach. Doch allein der Wunsch, in der Nähe dieses Mannes zu bleiben, bewirkte, daß sie einen gewaltigen Sprung nach vorn machte, so immens, daß ihr nächster Impuls der war, laut »Stop!« zu rufen, auch wenn der Ruf nur ihr selbst gegolten hätte.