Worauf Donna prompt antwortete: »Nein. Überhaupt nicht.«
»Soll ich später anrufen?«
»Ach, das wäre wirklich nett.«
»Es war schön heute mit dir. Ich ficke dich so gern.«
»Tatsächlich? Unglaublich. Das muss ich mal näher eruieren.«
»Ich möchte dich gern näher eruieren, Baby. Bist du heiß auf mich?«
»Und wie! Hör mal, wir reden später, ja? Ich muss jetzt Abendessen machen.«
»Hauptsache, du denkst an heute. Das war erste Sahne. Dubist erste Sahne.«
»Gut. Tschüs.« Sie legte auf und kam zu ihm. Sie legte ihren Arm um seine Taille. »Die hab ich abgewimmelt«, sagte sie. »Nancy Talbert. Du lieber Gott. Für die gibt es im Leben nichts Wichtigeres als einen Ausverkauf in der Schuhabteilung von Neiman Marcus. Herr, verschone mich.« Sie schmiegte sich an ihn. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, nur ihren Hinterkopf, den der Spiegel ihm zeigte.
»Nancy Talbert«, sagte er. »Ich glaube, die kenne ich gar nicht.«
»Aber natürlich, Schatz.« Sie drückte ihre Hüfte an ihn. Er fühlte die hoffnungsvolle, aber nutzlose Hitze in seinen Lenden. »Sie ist mit mir in der Gymnastik. Du hast sie letzten Monat nach dem Ballett kennen gelernt. Hmm. Das tut gut. Ich mag es, wenn du mich so hältst. Soll ich das Essen machen, oder wollen wir noch ein bisschen schmusen?«
Wieder sehr clever von ihr: Er würde nicht auf den Gedanken kommen, dass sie fremdging, wenn sie immer noch mit ihm ins Bett wollte. Obwohl er ihr nicht geben konnte, was sie wollte. Sie stand voll zu ihm, und dieser Moment war der Beweis. Glaubte sie jedenfalls.
»Schön war's«, sagte er und gab ihr einen Klaps aufs Gesäß. »Aber lass uns erst essen. Und hinterher, am besten gleich auf dem Esstisch .« Er brachte ein, wie er hoffte, anzügliches Zwinkern zustande. »Warte nur, Kätzchen.«
Sie lachte und ließ ihn los, um in die Küche zu gehen. Er trottete zum Bett und setzte sich mit hängendem Kopf darauf nieder. Diese Scharade war eine Tortur. Er musste die Wahrheit wissen.
Zwei qualvolle Wochen lang hörte er nichts von Cowley und Sohn. In dieser Zeit durchlitt er drei weitere schamhafte Telefongespräche zwischen Donna und ihrem Liebhaber, vier weitere fadenscheinige Entschuldigungen zur Erklärung längerer Abwesenheit und zwei weitere Duschbäder zur Mittagszeit, die wiederum auf Steves Nichterscheinen im Zwinger geschoben wurden. Als Douglas endlich von Cowley hörte, war er nur noch ein Nervenbündel.
Cowley hatte Neuigkeiten. Er sagte, er würde berichten, sobald sie sich träfen. »Wie war's zum Mittagessen?«, fragte er.
Kein Mittagessen, antwortete ihm Douglas. Er würde sowieso keinen Bissen hinunterbringen. Er sagte, er würde um Viertel vor eins zu Cowley ins Büro kommen.
»Dann treffen wir uns lieber am Pier«, meinte Cowley. »Ich hol mir bei Ruby's einen Hamburger, und hinterher können wir reden. Kennen Sie Ruby's? Am Ende vom Pier?«
Er kannte Ruby's. Es war ein Selbstbedienungsrestaurant aus den fünfziger Jahren am Ende des Baiboa Piers, und dort fand er um Viertel vor eins wie abgemacht den alten Cowley, der gerade die Reste eines Hamburgers und einer Portion Fritten vertilgte. Neben seinem Erdbeer-Shake lag ein brauner Umschlag.
Cowley war wieder in Khaki, wie am Tag ihrer ersten Begegnung. Allerdings hatte er dem Ensemble diesmal einen Panamahut hinzugefügt. Er tippte mit dem Zeigefinger an die Hutkrempe, als Douglas sich ihm näherte.
Seine Backen waren prallvoll mit dem Burger und den Fritten.
Douglas schob sich Cowley gegenüber in die Nische und griff nach dem Umschlag. Cowley ließ schnell die Hand darauf fallen. »Noch nicht.«
»Ich muss es wissen.«
Cowley schob den Umschlag vom Tisch und legte ihn neben sich auf den Kunstledersitz. Er drehte den Strohhalm in seinem Milch-Shake hin und her und beobachtete Douglas mit durchdringendem Blick. In seinen Augen schien sich das Sonnenlicht von draußen zu spiegeln. »Bilder«, sagte er. »Das ist alles, was ich für Sie habe. Bilder sind nicht die Wahrheit. Haben Sie mich verstanden?«
»Okay. Bilder.«
»Ich weiß nie, was ich schieße. Ich beschatte einfach die Frau und knipse, was ich sehe. Was ich sehe, hat vielleicht überhaupt nichts zu bedeuten. Verstanden?«
»Zeigen Sie mir einfach die Bilder.«
»Draußen.«
Cowley warf einen Fünfer und drei Ein-Dollar-Scheine auf den Tisch, rief der Kellnerin »Bis später, Susie« zu und ging voraus. Er ging zum Geländer und blickte aufs Wasser hinaus. Ein Walbeobachtungsboot schaukelte ungefähr eine Viertel Meile von der Küste auf dem Wasser. Es war noch zu früh im Jahr, um Walherden auf ihrer Wanderung nach Alaska zu sehen, aber die Touristen an Bord des Bootes wussten das sicher nicht. Ihre Ferngläser blitzten im Licht.
Douglas stellte sich neben den Detektiv. Cowley sagte:
»Zuerst mal müssen Sie wissen, dass sie sich überhaupt nicht wie eine Frau benimmt, die ein schlechtes Gewissen hat. Sie macht anscheinend einfach das, was für sie ganz natürlich ist. Sie hat sich mit ein paar Männern getroffen - ich will Ihnen nichts vormachen -, aber ich hab sie nicht dabei erwischt, dass sie irgendwas Verbotenes getan hat.«
»Geben Sie mir einfach die Bilder.«
Cowley warf ihm statt dessen einen scharfen Blick zu. Douglas wusste, dass seine Stimme ihn verriet. »Ich würde vorschlagen, wir überwachen sie noch mal zwei Wochen«, sagte Cowley. »Das, was ich hier hab, ist nicht viel.« Er öffnete den Umschlag. Er stand so, dass Douglas nur den Rücken der Aufnahmen sehen konnte. Er reichte sie Douglas in Serien hinüber.
Die erste Serie war in Midway City aufgenommen, nicht weit von Donnas Zwinger, vor dem Futtermittelgeschäft, bei dem sie das Futter für ihre Hunde zu kaufen pflegte. Sie zeigten sie, wie sie gerade Fünfzig-Pfund-Säcke in ihren Toyota-Lieferwagen verfrachtete. Ein Calvin-KleinTyp in enger Jeans und T-Shirt half ihr dabei. Sie lachten beide, und auf einem der Fotos hatte Donna ihre Sonnenbrille hochgeschoben, um ihren Helfer genauer betrachten zu können.
Sie schien zu flirten, aber sie war eine junge, hübsche Frau, da war Flirten etwas ganz Normales. Diese Serie schien in Ordnung zu sein. Sie hätte bei dem Schwatz mit diesem Zuchthengst vielleicht nicht unbedingt so strahlend auszusehen brauchen, aber sie war Geschäftsfrau, und hier ging es ums Geschäft. Damit hatte Douglas kein Problem.
Die zweite Serie zeigte Donna im Fitness-Studio in Newport, wo sie zweimal in der Woche mit einem persönlichen Trainer arbeitete. Ihr Trainer hatte einen dieser Körper, die wie gemeißelt wirken, und sein Haar sah aus, als ließe er es täglich von fachmännischer Hand pflegen und stylen. Auf den Fotos hatte Donna Trainingskleidung an - nichts, was Douglas nicht schon an ihr gesehen hatte -, aber zum ersten Mal fiel ihm auf, mit welcher Sorgfalt sie ihr Outfit zusammenstellte. Von den Leggins über die Stulpen bis hin zum Stirnband - alles brachte ihr Aussehen bestens zur Geltung. Der Trainer schien davon nicht unbeeindruckt zu sein, denn er kniete vor ihr, während sie ihre Übungen machte. Ihre Beine waren weit gespreizt, und es gab keinen Zweifel, worauf der Junge sich konzentrierte. Das sah schon ein bisschen ernster aus.
Er wollte Cowley gerade anweisen, in Zukunft den Trainer zu überwachen, als dieser sagte: »Kein Körperkontakt zwischen den beiden, außer dem, was man erwarten kann«, und ihm die dritte Serie Fotos mit der Bemerkung reichte: »Das sind die einzigen, die mir eine Spur fraglich ausschauen, aber vielleicht haben sie auch gar nichts zu bedeuten. Kennen Sie den Burschen?«
Douglas sah mit starrem Blick die Bilder durch und hörte immer nur:Kennen Sie den Burschen, kennen Sie den Burschen? Im Gegensatz zu den anderen Aufnahmen, die Donna und ihren jeweiligen Gefährten stets nur an einem Ort zeigten, war sie hier einmal an einem Tisch am Panoramafenster eines Restaurants direkt am Meer zu sehen, einmal auf der Baiboa-Fähre, einmal beim Spaziergang am Hafen von Newport. Und auf jedem Bild war sie mit einem Mann zusammen, immer mit demselben Mann. Auf jedem Bild berührten sich die beiden. Es war nichts Extremes, weil sie sich ja in der Öffentlichkeit befanden. Aber es war die Art der Berührung, die alles verriet: ein Arm um ihre Schultern, ein KUSS auf die Wange, eine Umarmung, die sagte,rück ruhig ran, Baby, ich bin kein Schlaffi wie er.