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Da krachte Heinrichs Büchse, der die Gefahr, welche seinem Herrn drohte, wohl erkannt hatte. Die Kugel traf schräg den mächtigen Schädel des Bären und prallte machtlos an diesem massiven Knochenbau ab. Das Tier schüttelte sich einen Augenblick, richtete sich dann aber empor und nahm, auf den Hinterbeinen schreitend, mit den Vorderpranken wild in der Luft herum fuchtelnd, den Grafen an, der ihn in fester Stellung, den Hirschfänger zum Stoß bereit, erwartete. Bis auf zwei Schritte war das wütende Tier herangekommen, als von neuem Heinrichs Büchse aufblitzte; der Bär, augenscheinlich schwer getroffen, sank zusammen, sprang aber schnell wieder empor und machte eine Bewegung nach Graf Edgar zu, so daß dieser schon den heißen Atem des Tieres fühlte. Heinrich lud mit einer unvergleichlichen Schnelligkeit. Graf Edgar, welchem die Fechtkünste Meister Brauns nicht unbekannt waren, führte seinen Hirschfänger mit solcher Geschicklichkeit, daß er die Waffe dem hochaufgerichteten Tiere tief in den weitgeöffneten Rachen zu stoßen vermochte, dann sprang er zur Seite, den Stahl im Rachen des Bären lassend. Wiederum krachte Heinrichs Büchse, das Tier stürzte zusammen und wälzte sich, wild um sich schlagend, in Todeszuckungen auf dem Boden. Heinrich sprang herbei - aber er sowohl als der Graf hielten sich wohlweislich von dem sterbenden Tiere entfernt, bis es verendet war. Graf Edgar gab dem Jäger die Hand und sagte einfach: »Ich danke dir.«

Als der Indianer bemerkte, daß die Bärin die Lichtung wählte, um zu entfliehen, sprang er rasch vorwärts, um ihr auch diesen Weg abzuschneiden, doch vorsichtig genug, um von dem Tiere nicht bemerkt zu werden. Auf etwa hundert Schritte nahe gekommen, feuerte er und verwundete das flüchtende Tier. Die Bärin richtete sich zornig auf den Hinterbeinen auf, rings umher windend. Da Athoree sich niedergebeugt hatte, während er rasch wieder lud und der Wind ziemlich scharf von dem Tiere her blies, bekam dieses keine Witterung von ihm und setzte mit tiefem Brummen, aber augenscheinlich langsamer, seine Flucht fort. Der wackere Michael O'Donnel, welcher sich, als die Jagd begann, behaglich niederließ, ein Stück geräuchertes Fleisch aus seiner Tasche zog und diesem eifrig zusprach, hatte sich doch, als die Büchsen wiederholt knallten, erhoben und sah aus der [115]

Entfernung, wie der Bär auf den Grafen zuging und unter Heinrichs Schüssen endlich zusammenfiel.

Auch die Bärin bemerkte er, als sie sich erhob, um zu winden.

Diese nahm, als sie die Flucht fortsetzte, ihren Weg gerade auf ihn zu.

Michael legte sein Fleisch beiseite, ergriff seinen schweren Irenstock und ging ihr furchtlos entgegen.

»So entkommst du nicht, Bursche,« brummte er, »hier steht Michael O'Donnel mit seinem Shilallah[Shillalah].«

Er hatte wohl, auf Jahrmärkten hie und da Bären gesehen, die ihm wenig imponiert hatten, und kannte die Gefahr nicht, welcher er sich aussetzte.

Als das durch seine Verwundungen wütend gemachte Tier ihn erblickte, richtete es sich auf und mit aufgerissenem Rachen, der das furchtbare Gebiß zeigte, und unheimlich funkelnden Augen drang es auf den Iren ein.

Michael stutzte zwar bei diesem schreckenerregenden Anblick, verlor aber keinen Augenblick seine Zuversicht, und als das schnaubende Tier in gehöriger Nähe war, führte er mit seinem schweren Stocke so blitzschnelle und wuchtige Schläge nach ihm, daß die Bärin ins Wanken kam und den Kopf schüttelte. »Ja,« brummte Michael, »das ist Irenarbeit, Brauner, komm nur an.«

Immer wütender wurde unter seinen Streichen das Tier und focht entsetzlich mit seinen Vorderpranken durch die Luft, Michael mußte unter dem Andrang zurückweichen, führte aber unverdrossen seinen Stock mit großer Kraft.

Ein Prankenschlag der Bärin traf denselben für Michael so unglücklich, daß er ihm aus der Hand flog.

Der verblüffte Ire stand wehrlos dem rasenden Tiere gegenüber.

Im selben Augenblick krachte in seiner Nähe ein Schuß, die Bärin zuckte zusammen, stand, führte noch einige wilde Prankenhiebe in die Luft, drehte sich um sich selbst und sank tot nieder.

Zehn Schritte von ihm stand ruhig der Indianer, dessen Nahen Michael während seines wütenden Kampfes nicht bemerkt hatte, und lud seine Büchse.

Seine Kugel, aus geringer Entfernung abgesandt, hatte der Bärin Herz gefunden.

Trocken sagte er: »Stock gut, Flinte besser, Rothaar, he?«

Der mehr verblüffte als erschreckte Mann aus Leitrim sprach, mehr zu sich als zu dem Indianer, während, er das so rechtzeitig [116] erlegte Tier anstarrte: »Nun, bei St. Patrick und St. Michael, meinen Schutzpatronen, ich handhabe nun den Shilallah[Shillalah] seit meiner Jugendzeit, aber daß mir ihn einer, und wenn er der Beste gewesen wäre, so aus der Hand geschlagen hätte, das habe ich nicht erlebt.«

»Können fechten, Bär? Wie?« meinte Athoree nicht ohne Humor.

»Das muß ich sagen, solche Bestie ficht geschickter, wie der Beste in Leitrim. Die schönsten Hiebe hat sie mir pariert.«

»Rothaar jetzt in Stücke, wenn nicht Büchse. He?«

»Höre einmal, roter Mann,« sagte Michael, dem jetzt erst die ganze Gefahr klar wurde, welcher er entgangen war, »ich würde lügen, wenn ich sagte, daß ich für dich und deinesgleichen eine besondere Vorliebe hätte, aber wenn ich dir das je vergesse, oder wenn ich nicht, wenn du einmal in einer Gefahr bist, dir nicht Gleiches mit Gleichem vergelte, dann will ich nie in den Himmel kommen. Gib mir die Hand.«

Er ging auf den Indianer, der mit Staunen gesehen hatte, wie der Ire mit seinem Stocke gegen die wütende Bärin kämpfte, zu und streckte ihm seine markige Rechte hin.

Der Indianer nahm sie mit einem feinen Lächeln.

»Jetzt Indianer guter Mann, wie?«

»Ja, das muß wahr sein, Rothaut,« sagte der treuherzige Irländer, ihm die Hand schüttelnd, »du hast dich wie ein braver Kerl und guter Freund benommen. Ich sehe jetzt, daß es auf das bißchen Farbe nicht ankommt, wenn das Herz auf dem rechten Fleck sitzt. Ich danke dir.«

Athoree hatte nicht nur mit Staunen, sondern auch mit aufrichtiger Bewunderung gewahrt, mit welcher Tapferkeit, Kraft und Geschicklichkeit Michael mit dem rasenden Tiere focht, und dies hatte den Mann aus Leitrim, den er bisher der Beachtung nicht wert hielt, in seiner Wertschätzung mit einemmal sehr hoch gestellt.

Er erwiderte den Händedruck und sagte: »Du tapferer Mann, starke Hand, sehen alles. Athoree nicht mehr sagen Rothaar, du nicht gerne hören, sagen >Starkhand<, he?«

»Na, wenn dir mein ehrlicher Name nicht über die Lippen will, meinetwegen, es ist mir immer noch lieber als Rothaar.«

Der Bär war verendet.

»Was machen wir nun mit dem Vieh, Indianer?«

Dieser zog sein Messer, die schöne ihm vom Grafen geschenkte Waffe, warf das Tier rasch und geschickt aus, schnitt ihm die Pranken

[117] ab und sagte dann: »Lassen liegen, Fell vielleicht morgen holen. Ander Bär viel Fleisch, genug zu essen. Sonne sinkt.«

»Mir ist es recht, dann wollen wir wieder zu den andern gehen.«

Er nahm das Maultier, welches angesichts der Bärin verzweifelte Versuche gemacht hatte, sich zu befreien und noch an allen Gliedern zitterte, am Zügel, beruhigte es und nachdem er seinen Kampfstock aufgenommen hatte, schritten sie auf den Grafen und Heinrich zu, welche, als sie sie erreichten, bereits mit großer Geschicklichkeit ihre Beute der Decke entkleidet hatten. Der erlegte Bär war von ungewöhnlicher Größe, ein schönes Exemplar seiner Gattung.