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»Nun,« sagte der Graf, »Frau Mumma liegt auch? Das ist eine ansehnliche Jagdbeute.«

»Hier, Starkhand mit ihr fechten, Bärin fechten, so - Starkhand mit Stock so,« und Athoree ahmte in drolliger Weise die geführten Hiebe nach.

»Was, Michael,« sagte verwundert der Graf, »du hast dich in einen Faustkampf mit der Bärin eingelassen?«

»Ja, Euer Gnaden, was sollte ich machen? Ich wollte doch das Tier nicht entwischen lassen. Habe übrigens bemerkt, daß ein Bärenschädel doch härter ist, als die dickste irische Hirnschale. Ich verstehe meinen Shilallah[Shillalah] zu handhaben, aber gegen solch ein Vieh ist gar nicht zu fechten. Wenn der rote Mann nicht gewesen wäre, hätte mich das Tier aufgefressen, aber der kam zur rechten Zeit mit seiner Büchse und half ihr hin.«

Edgar erkundigte sich des näheren nach Michaels Abenteuer und erstaunte nicht wenig über die Naivetät, den Mut und die Kraft des Iren, als er von allem Kenntnis erhielt.

»Deine Meinung über Athoree hat nun wohl eine Umwandlung erfahren, Michael, nicht wahr?«

»'s ist ein urbraver Kerl, Euer Gnaden, und wenn er einmal einen Schädel entzwei geschlagen haben will, so will ich's für ihn besorgen, so wahr ich meines Vaters Sohn bin.«

Der Graf ergötzte sich höchlich über seines Irländers Jagdabenteuer sowohl, als seine Aeußerungen.

Da die Sonne sich zum Untergang neigte, nahmen sie außer der Haut und den Pranken einiges Fleisch des Bären mit und begaben sich nach dem nahe gelegenen Walde, an dessen Rande, wie der Indianer vermutet hatte, ein Bächlein floß.

An seinem Ufer ließen sie sich nieder, zündeten Feuer an und bald schmorte das Bärenfleisch am Spieße und kochte Wasser in dem

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Blechkessel, um den im Walde so unentbehrlichen und wohltuenden Kaffee zu bereiten.

Nachdem dann die Begierde nach Speise und Trank gestillt war, zogen Heinrich und der Indianer ihre Pfeifen, und aus der am Feuer behaglich hingestreckten Gruppe erhob sich bald der Duft des Virginiakrautes.

Das Maultier war seiner Last entledigt und an langer Leine angepflockt, um weiden zu können.

Ein eigener Reiz von Poesie liegt über solch nächtlichem Lager im Urwald. Ringsum die schweigende Wildnis, oben der glänzende Sternenhimmel, die nächste Umgebung von dem lodernden Feuer malerisch beleuchtet, es ist herrlich, in lauer Sommernacht so im Walde zu ruhen, und wohl begreift sich's, daß es Menschen gibt, welche ein beschwerliches aber ungebundenes Leben im Walde dem in den Ansiedlungen oder Städten vorziehen.

Das Feuer knisterte und dann und wann rauschte der leichte Wind in den Bäumen; sonst regte sich nichts weit und breit.

Graf Edgar war in Nachdenken versunken. Er dachte der fernen Heimat, dachte der nächsten Zukunft, die ihm hoffentlich Gewißheit über das Schicksal seiner Schwester bringen würde, und dazwischen tauchte das Bild von Frances Schuyler in seinem Herzen auf und leise erklangen die Töne von Orpheus' Klage vor seinem inneren Ohr.

Heinrich rauchte nachdenklich dieselbe kurze Pfeife, welcher er im deutschen Walde Dampfwolken entlockt hatte. Auch er dachte wohl der Heimat. Der Indianer sprach überhaupt wenig, und nur Michael schien das Bedürfnis zu fühlen, eine Unterhaltung anzuknüpfen, doch traute er sich nicht in des Grafen Gegenwart das allgemeine Schweigen zu stören.

Nach einiger Zeit nahm jedoch der Graf das Wort, indem er zu dem Jäger in deutscher Sprache sagte: »Welch ein Friede, welch feierliche Stille liegt über diesen endlosen Wäldern, Heinrich.«

»Ja, Herr Graf, sie stimmen das Herz zur Andacht; oft wenn ich im schweigenden Hochwalde weile, habe ich das Gefühl, als ob ich in der Kirche wäre.«

»Mit Recht, Heinrich, er ist der Tempel der Natur und der Geist des Ewigen flüstert in den Zweigen. Wohl begreife ich es, daß unsre Vorfahren ihre Götter in heiligen Hainen anbeteten. Kein Werk von Menschenhand ist zu vergleichen mit dieser erhabenen lebendigen Wölbung.«

Eine Weile herrschte wieder Schweigen. Michael hatte aufmerksam [119] den ihm unverständlichen Lauten gelauscht, während der Indianer teilnahmlos mit seinem gewöhnlichen, ruhigen Gesichtsausdruck seine Pfeife rauchte.

»Sagen Sie mir, Herr Graf, haben denn diese Wilden hier auch eine Religion, oder sind es bereits Christen?« Endlich hatte Michael, dem das Schweigen sehr lästig war, den Mut gefunden, es zu brechen.

»Soviel ich gelesen habe, besitzen sie religiöse Vorstellungen, sind auch wohl heutzutage, wenigstens die in den Reservationen, zum größeren Teile getauft. Wir wollen übrigens doch einmal Athoree fragen.« Er wandte sich an diesen mit den Worten: »Bekennt sich Athoree zu dem Glauben an den Gott der weißen Männer?«

Der Indianer wandte langsam das Auge auf den Grafen und sagte: »Als Athoree jung war, kam oft Bruder Missionar und sprach vom Gotte der Weißen, hören ihm zu, er guter Mann, aber nicht alles glauben, was er sagen. Er, weißer Mann, lieben seinen Gott, roter Mann andern Gott, lieben ihn auch; weißer Mann gehen in sein Himmel, Indianer in glückliche Jagdgründe. Das gut für Indianer, gut für Weißen.«

»Aber du glaubst doch an einen Gott?«

»Sehr wohl,« entgegnete der Indianer. »Glauben an großen Geist, er guter Geist, geben armen Indianer alles, Sieg über seine Feinde, Skalpe, Wild, Waffen, gutes Weib, Freunde, gute Kinder, er geben alles. Böser Geist, Degschuhvenoh, bringen alles Schlechte, Hunger, Not, Schnee und Eis - Krieger verliert Skalp, wenn böser Geist es haben will, dann nimmer kommen in glückliche Jagdgründe.«

»Aber du glaubst an eine Fortdauer nach dem Tode?«

»Schon sagen,« fuhr Athoree ernst fort, »guter Indianer gehen in glückliche Jagdgründe, er dort nie Not, viel Wild, gute Freunde, nicht Schmerz, nur Freude. Nur rote Männer dort, Streitaxt begraben, kein weißer Mann.«

»Und die Bösen?«

»Er gehen dahin, wo ewig Eis und Schnee, zum bösen Geist, er nie in glückliche Jagdgründe.«

»Auch dann, wenn er sonst auch brav ist, wenn er nur seinen Skalp verloren hat? nicht wahr?«

»Nie können Indianer ohne Skalp in glückliche Jagdgründe gehen - nie. Er bleiben in eisiger Nacht.«

»So ist mir schon erzählt worden. Doch, Athoree, willst du [120] uns nicht sagen, wie der große Geist diese Erde und den roten Mann geschaffen hat?«

Leise und nicht ohne Feierlichkeit begann der Wyandot: »Der große Geist einst vor vielen, vielen Sommern, schaffen die Erde mit dem Hauche seines Mundes, machen das große Licht, das kleine Licht und die Sterne. Setzen die Erde auf den Rücken der großen Schildkröte, daß sie sie trage vom Morgen nach Abend. Er schaffen Bäume, Gras, lassen Sonne scheinen und Regenwolke kommen. Geben viel Wild in den Wald. Dann er nehmen rote Erde, formen daraus roten Mann, lehren ihn Bogen machen und Pfeil, das Wild erlegen, Feuer anzünden und sich Kleider fertigen aus der Haut des Wildes. Alles Gute er geben, schützen Indianer auch vor bösem Geist, der unaufhörlich lauert, wo er dem roten Mann Leid zufügen kann,« setzte er noch leiser hinzu. »Indianer leben, jagen, kämpfen, sterben und gehen dann zu Manitou, der ihn geschaffen, er guter Geist, er ihm lieben.«

Während der Indianer so sprach, leise und eindringlich, hier auf dem Boden, dem er entsprossen, er, der Sohn einer fremden Rasse, unter dem leisen Rauschen des Urwaldes, dessen Tiefen wohl selten ein Menschenfuß betreten hatte, beschlich den Grafen ein eigenes Gefühl. Vor ihm saß der Repräsentant eines dem Untergang unwiderruflich geweihten Volkes, dessen Väter viele Geschlechter hindurch hier einherge-wandelt waren, und aus dem braunen ausdrucksvollen Gesichte des Indianers sprach zu ihm das herbe Schicksal eines der Vernichtung entgegeneilenden Stammes.