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»Ich stelle meine Fragen nicht aus müßiger Neugierde, Herr, sondern aus Teilnahme, denn ich sah bald, als ich mich heranschlich, daß ich, bis auf den roten Mann, Leute vor mir hatte, die des Landes unkundig sind.«

»Nun, fürchten Sie etwas für uns, Herr?« fragte nicht ohne Besorgnis der Graf.

»Fürchten? Wenn ich wüßte, daß der Mann dort ein Ottawa wäre, ja. Und wenn der Mann kein Ottawa ist, auch.«

»Der >tote Mann< fürchten nicht für sich?« fragte Athoree mit einem finstern Gesichtsausdruck.

»Für mich, Indianer?« und dann setzte er mit einem schmerzlichen Lächeln hinzu: »Ich habe auf dieser Welt nichts mehr zu fürchten, auch nicht deine finstern Blicke, Mann.«

»Sie werden mich sehr verpflichten, Sir, wenn Sie mir den Grund Ihrer Besorgnisse für unsre Sicherheit angeben wollten.«

»Wenn ich nur erst wüßte, was Sie, einen Deutschen, der, seinem Aeußern und besonders seinen wohlgepflegten Händen nach zu schließen, weder Landmann noch Kaufmann ist, hierherführt, so würde ich eher sagen können, welcher Gefahr Sie sich aussetzen.«

»Ich bin über Ihre Andeutungen, daß mich überhaupt Gefahr bedrohen könne, erstaunt und, ich gestehe es, auch beunruhigt. Ich habe auf dem Indianerdepartement in Lansing und vondem Agenten am Manistee auch nicht die mindeste Andeutung erhalten, daß, von einigem Raubgesindel abgesehen, gegen das man sich in diesen abgelegenen Gegenden überall selbst schützen muß, mir von den Indianern, welche ich aufzusuchen im Begriff bin, Unannehmlichkeiten bereitet werden könnten. Ich habe - um Sie in den Stand zu setzen, meine Lage zu beurteilen, teile ich es gerne mit - diese Reise angetreten, eine Privatangelegenheit mit dem Häuptling der Ottawas zu erledigen und überbringe ihm Geschenke.«

»Sie kommen also nicht im Auftrage der Regierung?«

»Keineswegs. Ich bin ein Fremder, ein Angehöriger des Deutschen Reiches.«

Nachdenklich schwieg der Mann mit dem weißen Haar und sagte dann: »Wenn Sie meinem Rate folgen wollen, begeben Sie sich [125] von hier nach Fort Jackson, es ist, wie auch die Dörfer der Ottawas, in zwei Tagemärschen zu erreichen. Unterhandeln Sie von dort aus mit Peschewa.«

»Aber warum befürchten Sie denn etwas für uns? Die Ottawas sollen doch, seit der blutigen Züchtigung, die ihnen vor drei Jahren zu teil wurde, eingeschüchtert und friedlich sein?«

»Ist der rote Mann dort ein Ottawa, Herr?«

Der Graf blickte auf Athoree und fragte ebenfalls: »Bist du ein Ottawa, Freund?«

»Nein,« sagte. Athoree kurz und scharf.

»Gut,« sagte der Fremde, »mein Bruder ist kein Ottawa, ich höre es. Ein Indianer,« sagte er zum Grafen, »wird sich unter Umständen für den Angehörigen eines andern Stammes ausgeben, aber nie seinen Stamm direkt verleugnen, er ist kein Ottawa. Sie haben also Zutrauen zu dem roten Mann?« setzte er fragend hinzu.

»Vollkommen.«

»So darf ich offen reden. Ich komme zwar mit den roten Leuten hier wenig oder gar nicht in Berührung, denn sie weichen mir, wie ich schon erwähnte, in abergläubischer Scheu aus. Aber ich lebe im Walde und die Wälder reden ihre eigene Sprache, die nicht jeder versteht. Es ist seit einiger Zeit eine unerklärliche Unruhe unter die Wilden gekommen, es laufen Boten durchs Land, hin und her, es kommen fremde Indianer hierher, es werden Beratschlagungen gehalten, die Ottawas nehmen einen trotzigen Ton an; es sind dies für den Kenner alles Anzeichen, daß die Roten etwas planen, und selbstverständlich gegen die Weißen. Was die Veranlassung ist, weiß ich nicht, aber als sicher nehme ich an, daß das Fort augenblicklich ein sicherer Aufenthalt für Sie ist, als die Dörfer der Ottawas.«

»Nach allem, was ich gehört habe, ist es doch undenkbar, daß die Indianer einen Kriegszug gegen die Weißen beabsichtigen.«

»Undenkbar? Bei einem Indianer ist nichts undenkbarer als bei einem launischen Kinde, was der Indianer in gewissem Sinne ist.«

»Aber die Macht des Staates?«

»Kennen die Leute nicht.«

»Und die fühlbare Lektion, welche sie vor drei Jahren bekommen haben?«

»Wenn diesen Leuten einer ihrer Medizinmänner, der sich großen Vertrauens erfreut, sagt: Diesmal werdet ihr siegen,< so brechen sie los und wenn sie sich gleich den Kopf dabei einrennen.« [126]

»O, das ist sehr traurig für mich. Nicht, daß ich direkte Gefahr fürchtete, aber der Zweck, der mich hierherführt, wird dadurch vereitelt, wenn Ihre Befürchtungen gegründet sind. Was meinst du, Athoree?«

Der Indianer hatte aufmerksam den Worten des Fremden gelauscht und ihn scharf beobachtet.

»Weißer Mann vielleicht recht haben, können nicht sagen; morgen sehen. Nicht denken, daß Ottawa Kriegspfad gegen weißen Mann betreten, vielleicht mit anderm Stamm kämpfen, Pottawatomies oder Saulteux. Morgen sehen. Jetzt schlafen;« und der Indianer nahm seine wollene Decke und legte sich neben dem Feuer nieder.

»Wenn Ihr erlaubt, bleibe ich an Eurem Feuer die Nacht, Herr, meine Hütte ist noch weit von hier entfernt.«

»Ihr seid willkommen.«

Der weißhaarige Mann streckte sich gleichfalls am Feuer nieder, und ihm folgte der Ire, seinen Shilallah[Shillalah] im Arm.

Der Graf und Heinrich saßen noch eine Weile zusammen und ersterer teilte dem Jäger mit, was der seltsame Mann für Nachrichten gebracht habe.

»Ehrlich sieht der Mann aus, Herr Graf, ich habe ihn scharf ins Auge gefaßt und ich würde seine Warnung nicht in den Wind schlagen.«

»Nun gut, morgen wollen wir sehen,« und beide schickten sich zur Ruhe an.

Siebentes Kapitel.

Der Häuptling der Ottawas.

Wir müssen in unserer Erzählung etwas zurückgehen, um die folgenden Ereignisse erläutern zu können.

Der Fremde hatte die Wahrheit gesagt, zwei Tagemärsche von dem Feuer, an dem der Graf und seine Begleiter ruhig schliefen, lag Fort Jackson, der vorgeschobenste Posten der Staatentruppen in diesem nordwestlichen Teile des Landes.

Das kleine Fort war am südlichen Ufer des anmutigen Chippeway-Sees errichtet, da wo der ziemlich breite, aber seichte Chippeway-Kreek sich in den See ergießt.

Gleich einer leuchtenden Perle in der Muschel, so ruhte der See, der wohl sechs bis sieben Meilen im Umfang haben mochte, in den schweigenden Wäldern, welche rings bis dicht zu seinen schilfumsäumten Ufern heranreichten und sich in seinem klaren Wasser spiegelten.

Hell strahlte bereits die Sonne hernieder und beleuchtete die mit Pallisaden gekrönten Wälle des Forts, die einfach im Viereck angelegt waren. Auf jedem Walle stand unter schützender Bedachung ein leichtes Feldgeschütz, flankiert von den mit Schießscharten versehenen Pallisaden. Ein lang ausgestrecktes niedriges Gebäude innerhalb der Umwallung diente der Besatzung von sechzig Mann zum Aufenthalte, während einige andre Blockhäuser den Offizieren und Unteroffizieren als Wohnung dienten. Ställe und Schuppen vervollständigten das Ganze.

Die kleine Bucht, in welche der See hinauslief, war ebenfalls in den Bereich der Befestigungen gezogen, welche einige Kähne zu schützen bestimmt waren.

Es war früh am Morgen und die helle Sonne sah eben über die Wipfel der Bäume herüber, zwei Schildwachen schritten schläfrig die einander gegenüber liegenden Wälle entlang, als die Türe des [128]

Gebäudes, welches die Mannschaften beherbergte, sich öffnete und drei Soldaten daraus hervortraten, welche Eimer in den Händen trugen.

Aus einem der kleinen Häuser nahte gleichzeitig ein narbiger Sergeant, der zum Tore schritt, welches sich nach Süden öffnete, dasselbe erschloß und die Soldaten hinaus ließ.

»Beeilt euch, Burschen,« sagte er hierbei, »damit der Kapitän nicht zu lange auf die Milch zu warten hat, sonst haben wir wieder einen schlechten Tag.«