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»Ja, ja, Sergeant,« sagten die Soldaten und schritten dann über das sanft ansteigende Glacis, welches eine von allem Holze befreite glatte Schußfläche von über hundertundfünfzig Schritt zeigte.

Unfern des Forts waren auf einer Waldwiese während der Sommermonate die Kühe der Garnison eingepfercht, und die Leute begaben sich hinaus, sie zu melken.

Eben wollte der Sergeant die schwere Balkentüre wieder schließen, als aus dem Walde im raschen Trott der indianischen Läufer, einem Mittelding zwischen Schreiten und Springen, ein Eingeborener kam, auf das Tor zueilte und schon von weitem winkte, es für ihn geöffnet zu lassen.

Der Sergeant erwartete in der Tür sein Näherkommen.

»Was gibt's, Rothaut?« fragte er, als der Indianer vor ihm stand.

»Bringe Brief von großem Vater in Washington,« und dabei wies er auf die lederne Tasche, welche er um den Hals trug.

»So? Nun, so komm herein.«

Er ließ den Mann eintreten und schloß dann die Türe.

»Wo kommst du her?«

»Kommen von Fort Duncan.«

»Nun, da hast du einen guten Lauf hinter dir. Gib mir den Brief.«

»Nur Häuptling selber geben, so befohlen.«

»Na meinetwegen, dann mußt du noch etwas warten.« Er betrachtete den Indianer von oben bis unten, besonders seine Mokassins, die aus gegerbtem Hirschfell gefertigte Fußbekleidung und deren Verzierungen.

»Du bist ein Pottawatomie?« fragte der erfahrene Grenzsoldat, der aus jenen seinen Schluß machte.

»Pottawatomie.«

»Stehst du im Fort Duncan im Dienst?«

»Er Läufer für großen Häuptling dort, tragen Brief an andern Häuptling,« sagte nicht ohne einiges Selbstbewußtsein der Indianer. [129]

»Na, das ist ja schon immer eine ganz hübsche Würde. Wie heißest du denn?«

»Er heißen Krähenfeder.«

»Auch ein hübscher Name. Setz dich daher,« und er wies auf einige Balken, welche unweit des Tores lagen. »Willst du eine Tasse Kaffee haben?«

Aus dem Schornstein der Hütte, aus welcher der Sergeant gekommen war, stieg bereits Rauch hervor und der Duft des Kaffees verbreitete sich. »Haben du ein Schluck Rum, ihm lieber.«

»So? Na, den kannst du auch bekommen, wenn das >ihm< lieber ist.«

Er ging zu seiner Behausung, kam gleich mit einem Glase des gewünschten Getränkes zurück und bot es dem Indianer. Dieser nahm das Glas, beroch es mit Entzücken und stürzte es dann hinunter.

»Das gut.«

»O ja, mitunter, nur muß man nicht zu viel davon nehmen. Sage einmal, Pottawa-tomie, was treibt ihr denn auf eurer Reservation?«

»O, schlafen, gehen jagen, flechten Körbe, großer Vater in Washington sendet Kühe und Schweine und Mais.«

»Nun ja, ihr liegt auf der Bärenhaut und Uncle Sam muß euch ernähren, während mir in solch elendem Neste den elendesten aller Dienste tun und euch bewachen müssen. Diebsbande, alle miteinander,« brummte er in sich hinein.

Während er noch mit dem Indianer sprach, öffnete sich die Tür des Kommandantenhauses und in die Morgenfrische trat der Befehlshaber des Forts, Kapitän Davis, ein junger brünetter Herr von eleganter Figur, der selbst hier in der Wildnis nicht ganz den Dandy vom Broadway verleugnete.

»Zum Teufel, Sergeant, sind denn die Kerls mit der Milch noch nicht zurück?«

»Zu Befehl, Herr Kapitän, müssen im Augenblick kommen.«

Eilig ging er auf den Offizier zu und meldete in vorschriftsmäßiger Haltung: »Ein Läufer von Fort Duncan, mit einem Dienstschreiben für den Herrn Kapitän.«

»So? Was wird denn das wieder sein, der Alte hat eine wahre Schreibwut, habe erst vorige Woche einen Brief bekommen. Ach, Sergeant, wann wird das Leiden in diesem verwünschten Neste enden? Ich komme um, wenn das noch lange dauert.«

»Ja, schön, Herr Kapitän, ist diese Garnison nicht.«

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»Wie mögen sie sich in New York nach mir sehnen, die Bälle und Soireen,« sagte der leichtlebige junge Offizier, der Kreolenblut in seinen Adern hatte. Der Teufel hole sämtliche Rothäute und die schwarzen Hunde dazu. Na, komm mal her, Bursche,« rief er dem Indianer zu, der sich ehrfurchtsvoll erhoben hatte, als der Kapitän erschien.

Dieser schritt eilig auf Kapitän Davis zu.

»Also, was bringst du?«

»Bringe großen Brief von Fort Duncan, vom großen Häuptling dort.«

»Ja, aus Langeweile schreibt er Briefe, der große Häuptling. Gib einmal her.«

Der Indianer öffnete die Tasche und überreichte dem Offizier ein in ein Stück Hirschhaut eingewickeltes Schreiben.

Dieser erbrach es, während er ein Gähnen kaum unterdrückte, langsam und murmelte: »Ein Dienstschreiben - lesen noch vor dem Frühstück? Starke Anforderung.«

Kaum aber hatte er begonnen zu lesen, als sein hübsches Gesicht, welches bisher üble Laune zeigte, sich erheiterte, und er jubelnd ausrief: »Sergeant, die Qual hat ein Ende, die Garnison wird gewechselt. Das ist die herrlichste Nachricht, die ich je dienstlich bekommen habe. Das Majorspatent wäre mir nicht so lieb gewesen, als diese Kunde.«

»Garnisonswechsel? Jetzt? Außer der Zeit?« bemerkte der Sergeant.

»O, die müssen in Washington eine Ahnung von der entsetzlichen Seelenqual bekommen haben, die ein Linienkapitän hier in der Wildnis zu ertragen hat. Ein halbes Jahr länger und ich wäre stumpfsinnig geworden. Den Göttern Dank. Ehe ich wieder in ein solches Quartier gehe, eher entsage ich dem Dienst, das hält kein Mensch aus. In vier Wochen, Sergeant, ziehen wir ab. Oberst Schuyler kommt und bringt neue Mannschaft für sämtliche Forts. Das ist eine Nachricht. Die Mannschaft soll heute eine Doppelration Rum haben, der Tag muß gefeiert werden. Wo bleiben denn die Spitzbuben mit der Milch, diese glorreiche Mitteilung hat mir Appetit gemacht.«

Kaum hatte er ausgesprochen, als sich heftiges Klopfen am Tor hören ließ.

»Da sind sie schon,« sagte der Sergeant und ging zum Eingang, um aufzuschließen. »Sachte nur, sachte, wir sind ja nicht taub.«

Er schloß auf und rasch und aufgeregt traten die Soldaten mit leeren Eimern herein.

»Nun? Was ist das?«

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»Die Kühe sind fort, Herr Sergeant.«

Kapitän Davis hatte das gehört und stieß einen grimmigen Fluch aus.

»Was ist fort? Hierher!«

Die Soldaten traten rasch vor ihn hin und der älteste derselben meldete, daß sie den Pferch erbrochen gefunden und die Kühe augenscheinlich in der Nacht geraubt worden seien.

»Da soll doch - Himmel - nein, es ist zum Verzweifeln. Auch das noch? Das haben die roten Spitzbuben getan, O, verwünscht! Woher Ersatz nehmen? Hier in dieser

Einöde? Und nun muß noch der strenge Schuyler kommen. Himmel! - Wo sind die Kühe hin?« schnauzte er die Soldaten an.

»In den Wald, Herr Kapitän.«

»Dummkopf, das kann ich mir wohl denken. Nach welcher Richtung?«

Die Soldaten sahen sich an.

»Wir haben nicht nachgespürt, Herr Kapitän, wir wollten so rasch als möglich Meldung machen.«

»Das fehlte noch in diesem Neste, womöglich jetzt alle Tage Hirschziemer essen zu müssen. Habt ihr nach Fußspuren gesucht?«

»Zu Befehl, ja, aber keine bemerkt.«

»Natürlich nicht. Das sind sicher diese indianischen Halunken gewesen. Aber das soll ihnen teuer zu stehen kommen, erhalte ich meine Kühe nicht zurück, rotte ich die ganze Rasse aus. Himmel -«

Sein Auge fiel auf den Läufer. »Das haben deine rotfelligen Spitzbubenbrüder getan, aber sie sollen es büßen.«

»Pottawatomie keine Diebe,« sagte nachdrucksvoll der Indianer.

»Alles eine Halunkenrasse, zum Aufhängen jederzeit reif. Lassen Sie Alarm schlagen, Sergeant,« kommandierte der heißblütige und jetzt zornige Südstaatenmann.

Alsbald ertönte, die Trommel und in kurzer Frist stand die ganze Besatzung kriegsmäßig ausgerüstet in Front inmitten des Forts.