Выбрать главу

Mit einem Nachdruck, der etwas Hoheitsvolles an sich hatte, sagte der Ottawa: »Ich bin Peschewa, das Haupt des großen Ottawavolkes.«

»Meinetwegen der großmächtige Großmogul!«

[139]

Die Indianer wurden, wie Davis befohlen hatte, an die von ihm bezeichneten Pfosten gebunden und einige Soldaten holten schwere Peitschen herbei.

Der jüngere Offizier des Platzes nahte sich dem Kommandanten und sagte, an den Hut greifend: »Gestatten der Herr Kapitän eine Bemerkung?«

»Immer zu, Herr Leutnant.«

»Soweit ich die Indianer kenne, wird eine solche Züchtigung eine tiefe Erbitterung unter ihnen hervorrufen, zumal da, wie ich höre, der eine der Männer der Häuptling Peschewa ist.«

»Nun, was bedeutet das, wenn das rote Gesindel erbittert ist,« sagte der Südstaatenmann mit dem Ausdruck äußerster Geringschätzung.

»Ich möchte mir doch in diesem Falle anzuraten erlauben -«

»Danke sehr, Mister Sounders, wenn ich Ihres Rates bedarf, werde ich mir ihn erbitten.«

Der jüngere Offizier, welcher besser als sein Vorgesetzter die Indianer und die Folgen kannte, welche aus einem solchen Vorgehen erwachsen konnten, fuhr trotz der ihm zu teil gewordenen Abfertigung fort: »Ich bitte wenigstens die Exekution zu verschieben - bis -«

»Kommandieren Sie hier oder ich?« fuhr ihn Davis an, worauf Mister Sounders schwieg. Auch der alte Sergeant, welcher mit besorgtem Gesicht sich seinem Chef genaht hatte, um augenscheinlich ebenfalls Vorstellungen zu machen, zog sich, die Stimmung des Kapitäns gewahrend, wieder zurück.

Die Peitschen waren gebracht.

»Kommandieren Sie einmal ein paar kräftige Leute zur Exekution, Sergeant!«

Es geschah, und neben jedem der Indianer stand ein Mann mit der Peitsche.

»Mit solchem Gesindel soll man auch noch Umstände machen. Wollt ihr jetzt gestehen, wer die Kühe gestohlen hat?«

Die Indianer, unbeweglich, mit ehernen Gesichtszügen an den Pfosten stehend, antworteten nicht.

»Drauf, Leute, und haut fest zu!« schrie Davis.

Die ersten Hiebe fielen.

Ein tiefer Seufzer entrang sich der Brust des Häuptlings. Es war kein durch Körperschmerz erpreßter Laut, dieser Seufzer. Als vielleicht ein Dutzend Hiebe gefallen waren, schon färbte das Blut der Indianer die Fetzen ihrer Jagdhemden, fragte Davis: »Wollt ihr jetzt gestehen?«

[140]

Keine Antwort.

»Nun dann vorwärts, zählt ihnen die fünfundzwanzig auf und dann laßt die Hunde laufen, damit sie zu Hause erzählen, wie man im Fort Jackson Kuhdiebe behandelt.«

Von neuem sausten die Peitschen hernieder, bis jeder der Indianer fünfundzwanzig Hiebe empfangen hatte.

Dann befahl der Kapitän, sie loszubinden, nach ihren Wunden zu sehen und zum Fort hinauszulassen.

Die Indianer hatten nicht einen Laut von sich gegeben, nicht eine Bewegung des Schmerzes veränderte ihre finsteren Gesichtszüge während der Exekution.

Dies machte Davis, der zum erstenmal Indianer in solcher Situation sah, und an das Schmerzensgeheul der Neger, welche Prügel erhielten, gewöhnt war, doch betroffen.

Der Chirurg sah nach den Rücken der Geschlagenen, und wandte die ihm zu Gebote stehenden Linderungs- und Heilmittel an.

»Na, dann kommt, Leute,« sagte der Sergeant, als dies beendet war, und winkte ihnen nach dem Tore hin.

»Erhalten wir nicht unsre Büchsen zurück?« fragte Peschewa.

»Nein,« rief Davis, »die bleiben als Ersatz für die gestohlenen Kühe hier.«

Hierauf gingen die drei Indianer langsam und würdevoll zum Tore hinaus, welches der Sergeant hinter ihnen schloß.

»Wenn das gut geht,« murmelte der erfahrene Grenzkrieger, »so kenne ich die indianische Natur nicht. Wäre ich der Kapitän, bekäme mich seit dieser Stunde kein Mensch außerhalb der Wälle zu sehen.«

Hätte der Kapitän den Blick furchtbarsten Hasses sehen können, welchen der Häuptling der Ottawas vom Walde nach dem Fort zurücksandte, so wären ihm über die Folgen der von ihm verhängten Exekution doch wohl allerlei Bedenken aufgestiegen.

Noch am Abend kehrte der Pottawatomie mit einer Wunde am Beine in das Fort zurück. Er war in hitzigem Nachsetzen in einen Hinterhalt gefallen und durfte es nur der Eile, mit welcher die verfolgten Männer ihren Weg fortsetzten, danken, daß er mit dem Leben davongekommen war.

Es begab sich dies etwa vier Wochen früher, als unsre Freunde auf der Reservation der Ottawas erschienen.

Achtes Kapitel.

Am großen Ratsfeuer der Chippeways.

Die Niederlassungen der Ottawas dehnten sich in zerstreuten Dörfern über fast zehn deutsche Quadratmeilen aus, ein Gebiet, welches ihnen von der Regierung der Vereinigten Staaten nach ihrer Vertreibung aus ihren früheren Wohnsitzen angewiesen worden war und das ihnen nicht genommen werden konnte, solange sie sich ruhig verhielten.

An einem kleinen See, drei Tagemärsche westlich von Fort Jackson lag das Hauptdorf dieser Stämme, in welchem ihr Oberhaupt Peschewa hauste.

Es bestand zum größten Teile aus gewöhnlichen Indianerhütten, welche durch zusammengenähte, gegerbte Tierfelle, die über in einer Spitze vereinigte Stangen gezogen waren, gebildet, den Bewohnern einen nur mangelhaften Schutz gewährten; doch zeigten sich auch einige kleine Blockhütten an dem Ufer des Sees.

In der ansehnlichsten derselben wohnte Peschewa, der die Ottawas regierte, soweit man bei einem Indianerstamm von Regierung sprechen kann. Das Dorf wies im ganzen etwa hundert Behausungen auf. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte die Ottawas aus Ohio und vom Eriesee, wo sie ziemlich zahlreich wohnten, gleichwie die in Michigan umherschweifenden Stämme, als deren ausgedehnte Jagdgründe der sich mehrenden ackerbautreibenden Bevölkerung zu neuen Ansiedlungen notwendig wurden, hierher zurückgewiesen und unterstützte sie vertragsmäßig mit Geld, Vieh, Kleidungsstücken, Kornfrüchten und so weiter, was alles leider häufig durch die betrügerische Handlungsweise der Agenten, welchen die Vermittlung übertragen war, arg verkürzt wurde oder in üblem Zustande zu den Indianern kam.

Der Leichtsinn dieser Naturmenschen ging noch dazu keineswegs [142] haushälterisch mit dem um, was wirklich in ihren Besitz gelangte, so daß, da die Jagd immer unergiebiger wurde und der Anbau von Mais und Korn sehr geringfügig war, oftmals empfindlicher Mangel in der Reservation der Ottawas herrschte.

Die Gegend, in welche die Regierung sie verwiesen hatte, war nicht übel; zahlreich waren Bäche und fischreiche Seen, auch war das Land fruchtbar. Im ganzen waren aber die Indianer auf die Unterstützung der Regierung angewiesen, um nicht zu verkommen.

Die hier im Nordwesten der Halbinsel angesiedelten Ottawas mochten an fünf- bis sechstausend Köpfe stark sein und konnten leicht über tausend kampffähige Männer ins Feld stellen.

Die bitterste Not, verursacht durch die Manipulationen gewissenloser Agenten, hatte vor drei Jahren einen Teil des Volkes zu einem verzweifelten Angriff auf die südlich ihrer Reservation gelegenen Farmen veranlaßt, wofür sie dann, nachdem sie mit Feuer und Schwert alles verwüstet hatten, was sie erreichen konnten, zuerst von den erbitterten Farmern und später noch durch die Regierungstruppen grausam gestraft wurden.

Peschewa, der eine für einen Indianer nicht üble Kenntnis der Verhältnisse der Weißen besaß, hatte damals von dem aussichtslosen Kriegszug energisch abgeraten und durch seinen Einfluß auch den größeren Teil seines Volkes von der Beteiligung an demselben zurückgehalten. Wie weise er geraten hatte, lehrte die Folge. Nachdem die Ruhe, nach Abhaltung eines strengen Gerichtes über die Ottawa, wieder hergestellt worden war, wählte ihn sein Volk, da der bisherige Führer durch den Strang hingerichtet worden war, zum Oberhaupt sämtlicher Ottawastämme. Peschewa, der alle wilden Instinkte des Indianers besaß und als rücksichtsloser, grausamer Krieger sich in früheren Kämpfen ausgezeichnet hatte, war, sobald er die Leitung, der Angelegenheiten seines Volkes in die Hand genommen hatte, klug genug, sich mit der Regierung und den Agenten auf möglichst guten Fuß zu stellen und verstand es, seine wilden Untergebenen von Ausschreitungen zurückzuhalten, so daß während der drei Jahre seiner Herrschaft ein leidliches Verhältnis zwischen den Ottawas und den Weißen bestand, wenn der tiefe Haß der Indianer gegen ihre Unterdrücker auch mit unverminderter Kraft unter leichter Decke schlummerte.