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Peschewa, dessen energisches, trotz seines kühnen Profils nicht unschönes Gesicht einen düsteren Ernst zur Schau trug, blies den Rauch seiner Pfeife gen Himmel und dann gegen die vier Weltgegenden, und reichte sie dem neben ihm Sitzenden.

Nach indianischer Gepflogenheit machte nun die reich verzierte Friedenspfeife die Runde unter feierlichem Schweigen der Versammlung, was einige Zeit in Anspruch nahm.

Endlich kam sie zu Peschewa zurück, und die bei jeder indianischen Beratung unvermeidliche Ceremonie war vorüber.

Jetzt erhob sich der Häuptling in der ganzen Höhe seiner Gestalt.

Es war nicht zu leugnen, der Indianer hatte in der Ruhe und Würde seiner Haltung, in dem ernsten Antlitz etwas von einer wilden Majestät an sich, wie denn auch die ganze Versammlung dieser roten Männer, deren charakteristische, dunkel gefärbte Gesichter, während die blitzenden schwarzen Augen auf den Häuptling gerichtet waren, einen tiefen Ernst bewahrten, etwas durchaus Würdiges zur Schau trug.

»Häuptlinge und Krieger der Ottawas,« begann Peschewa mit tiefer, klangvoller Stimme, »ich habe den Wampum zu euch gesandt, euch zur großen Ratsversammlung unsres Volkes zu laden, ihr seid gekommen und Peschewa dankt euch dafür.

»Häuptlinge der Saulteux und Pottawatomies, ich habe den Wampum meines Volkes zu euch gesandt, denn wir sind Söhne eines Vaters, damit ich beim großen Ratsfeuer der Nation die Stimme von Freunden höre. Ihr seid gekommen und ich danke den Saulteux und Pottawatomies, ich danke euch dafür.«

Eine Handbewegung von echt indianischer Höflichkeit begleitete diese Worte. [150]

Dann fuhr er fort: »Vor drei Sommern zogen Männer der Ottawas aus, getrieben vom Hunger, der selbst das Tier im Winter, wenn der böse Geist sein Leichentuch über die Erde breitet, bis in die Dörfer treibt, in die Niederlassungen der Weißen, um Nahrung zu holen für ihre Weiber und Kinder, die sterbend zu ihren Füßen lagen. Es waren nicht Ottawakrieger, es waren hungrige, wahnsinnige Wölfe, welche in die Ansiedlungen einbrachen, und den Yankees, als sie es nicht gutwillig gaben, Mehl und Fleisch, und als sie zu den Büchsen griffen, auch ihre Skalpe nahmen. Peschewa widerriet damals den Kriegspfad zu betreten, denn er kannte die Macht der weißen Menschen und wußte, daß das ganze Volk es büßen müsse. Er blieb zurück und mit ihm alle, die seinem Rate folgten. Ihr wißt, Männer der Ottawas, daß die Krieger des großen Vaters in Washington kamen, uns zu strafen. Sie haben es getan, denn es waren ihrer viele und mir waren wenige. Als genug der Ottawas gefallen waren im Kampfe, boten die Regierungsmänner Frieden und wir nahmen ihn an, denn wir mußten. Wir häuften die Totenhügel unsern Brüdern, sangen ihnen das Totenlied und waren wieder die Freunde der weißen Männer, wie vorher.

»Peschewa riet, als die Krieger ausziehen wollten, um gegen den weißen Mann zu kämpfen, vor drei Sommern davon ab, denn er wußte, die Tapfern unsres Stammes würden sterben.

»Heute wünscht der Häuptling der Ottawas, er wäre mit gezogen zum Manistee und wäre dort gestorben.«

Eine Bewegung ging bei diesen Worten durch die Versammlung.

Der Ottawahäuptling, der sich selbst unter diesen geborenen Rednern durch seine oratorische Begabung auszeichnete, hatte einen Augenblick das Haupt gesenkt, dann erhob er es wieder, sein dunkles Auge überflog die Versammlung und er fuhr fort: »Es kamen vor drei Sommern die Häuptlinge und Krieger unsres Volkes zusammen, hier an dieser Stelle und entzündeten das Ratsfeuer, und sprachen: da Muga, der große Bär, nicht mehr unter uns weilte, ihr wißt alle, wie er gestorben ist,« trotz der Ruhe dieser Leute flog ein leichter Schauder bemerkbar bei diesen Worten durch ihre Reihen, »so mußte die Nation der Ottawas ein andres Haupt haben, und alle Stimmen fielen auf mich, Peschewa, den Sohn Metotos, des Büffels.

»Häuptlinge und Krieger der Ottawas, drei Sommer und drei lange Winter durfte ich den Wampum des großen Ottawavolkes tragen, den ihr um meinen Leib geschlungen, drei Sommer und drei lange Winter habe ich, wie ich's verstand, unter dem Beistand der [151]

Häuptlinge für das Wohl des Volkes gesorgt. Ich haue euch nicht auf den Kriegspfad geführt, obgleich Peschewa gerne Skalpe nimmt, denn aussichtslos ist der Kampf mit den Weißen, und nimmer soll der rote Mann mehr mit dem Bruder fechten, ich habe nur mit dem Hunger gekämpft, damit er euch nicht verschlinge. Ihr werdet sagen, ob ich recht getan.

»Häuptlinge und Krieger der Ottawas, die Zeit ist gekommen, wo Peschewa den Wampum seines Volkes ablegen muß, wo ihr an seiner Stelle einen andern Häuptling wählen müßt, Peschewa, der Sohn Metotos, will zu seinen Vätern gehen.«

Eine Stille, daß jeder Atemzug zu hören war, herrschte ringsum. Alle wußten, was im Fort Jackson vorgekommen war, alle fühlten den Schimpf, der nicht nur ihrem ersten Häuptling, der dem ganzen Volke in seiner Person angetan war, und unter der äußerlich bewahrten Ruhe glühte ein verzehrendes Feuer von Zorn und Rachedurst.

Endlich erhob sich einer der Häuptlinge.

»Ich bin Kitschokema, der einsame Wolf. Ich zähle nicht so viele Sommer als die großen Häuptlinge meines Volkes, ich kann mich an Weisheit mit ihnen nicht messen, ich bin nur ein junger Häuptling, aber eines weiß ich und sage es so laut, daß alle Ottawas, daß alle Pottawatomies und Saulteux es hören, das Volk der Ottawas hat nie einen weiseren und gerechteren Häuptling an seiner Spitze gesehen, als Peschewa, die wilde Katze.«

Ein Murmeln des Beifalls lief durch die Kreise.

»Der große Häuptling der Ottawas sagt uns, er könne nicht mehr an der Spitze seines Volkes stehen, wir sollen einen andern Krieger an seine Stelle setzen, es sei Zeit für ihn, zu seinen Vätern in die glücklichen Jagdgründe zu gehen. Dies mag so sein, denn Peschewa sagt es. Doch warum will Peschewa allein gehen und nicht tausend Krieger der Ottawas hinter sich haben, die ihn begleiten in die glücklichen Jagdgründe und das Angesicht Manitous schauen? Peschewa rufe, und wo er geht folgen wir und sterben mit ihm, wenn er sterben will. Kitschokema hat gesprochen.«

Ein dumpfer, sich nach und nach verstärkender Laut des Beifalls flog durch die Reihen.

Es erhob sich Kitate, der sich hohen Ansehens erfreute und Stille herrschte wieder.

»Ehe Peschewa den Wampum seines Volkes von sich wirft, und ehe wir weiter beraten, was heilsam sei für sein Volk, übe er erst

[152] noch Gerechtigkeit. Er hat sein Gesicht tagelang vor seinem Volke verborgen. Junge Männer unsres Stammes sind beschuldigt, den Weißen im Fort Jackson die Kühe geraubt zu haben. Wo sind die jungen Männer? Ich will sie sehen und hören.«

Aus dem Volke, welches im Hintergrunde weilte, traten vier junge Leute, aus dem zweiten weiteren Kreise erhob sich einer der Krieger, und alle fünf traten in den inneren Kreis vor Peschewa, legten ihre Waffen zu seinen Füßen und standen dann in ehrfurchtsvoller Haltung da.

»Haben die jungen Männer den Weißen die Kühe geraubt?« fragte Kitate.

»Ja,« sagt der Krieger, »wir taten es. Die Jagd war schlecht, die Beute gering, denn immer weiter entfernt sich der Hirsch von den Gründen der Ottawas, die Weiber und Kinder hatten Hunger, da nahmen wir den Weißen die Kühe, damit sie den Hungrigen zur Speise dienten.«

»Wußte Peschewa darum?«

»Er war eine Tagereise hinter uns, als wir das Fort erreichten, er konnte es nicht wissen. Ich tat es allein, diese jungen Männer horchten auf meine Worte.«

»Es ist gut, mein Bruder spricht mit einer geraden Zunge, er hat Lügen nicht gelernt. Wollen die jungen Leute sich zurückziehen, die Ratsversammlung wird beschließen, was mit ihnen geschehen soll.«

Die Fünf verneigten sich und entfernten sich gehorsam, ohne ihre Waffen wieder aufzunehmen.

Langsam erhob sich ein hochbejahrter Mann. Mit einer Stimme, welche aus einem Grabe heraufzutönen schien, sagte er: »Ich bin Schemagana, der schwarze Rabe. Viele Sommer sah ich über die Erde gehen und Gras und Blumen wachsen, viele Winter saß ich im Wigwam, wenn der Schneesturm raste, und harrte des Tages, da Manitou uns sein lächelnd Angesicht wieder zeigen und seine Sonne wärmer strahlen würde; wie viel Sommer und Winter Schemagana sah, weiß er nicht, es sind sehr viele.