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»Einst wohnte das Volk der Ottawas fern von hier in den Wäldern am Ohiofluß, da, wo er in den Vater der Gewässer seine klaren Fluten sendet. Heller schien die Sonne dort, glänzender die Sterne in der dunklen Nacht und milder fuhr der Wind einher in dem Teil des Jahres, da der gute Geist sich seinem Volk verhüllt.

»Zahlreich war das Wild in den Wäldern, und Hirsche und Bären warteten darauf, von einem Ottawapfeil erlegt zu werden.

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Groß war das Volk, seine Jagdgründe unermeßlich und die andern Völker beugten sich vor ihm.

»Da kam der weiße Mann von Sonnenaufgang her, hungrig und müde vom langen Wege. Mit leiser Stimme sprach er zum Ottawa: >Gib mir Fleisch, laß mich an deinem Feuer schlafen, ich bin erschöpft zum Tode. Und der Ottawa gab ihm, was er verlangte. Und mehr kamen von den weißen Menschen, und immer mehr, und baten um ein kleines Stückchen Land, um Mais und Korn zu bauen, damit sie nicht verhungerten. Seltsame Dinge führten sie mit sich, die der arme Ottawa anstaunen mußte, sie schenkten sie den Häuptlingen und baten, sie möchten Freunde sein. In den Händen trugen sie Blitz und Donner, während wir nur den Bogen führten und den Pfeil. Und die Ottawa waren ihre Freunde und schenkten ihnen Land. Aber immer mehr und mehr weiße Männer kamen, und trotziger wurden sie, als sie zahlreich waren, und nahmen sich das Land der Ottawas, was diese nicht mehr schenken wollten, und töteten und verjagten ihre Hirsche und Bären. Da gruben die Ottawas die Streitaxt aus, fielen auf die Weißen nieder und vertilgten sie, und ihre Skalpe trockneten im Rauche unsrer Wigwams.

»Aber zahlreicher, immer zahleicher wurden die Weißen, je mehr wir töteten, desto mehr erschienen und geringer wurde die Zahl der Ottawas. Dreimal kämpften wir in blutigen Schlachten und dreimal schlugen sie unsre Krieger.

»Da verließen wir trauernd die Gräber unsrer Väter und zogen gen Norden, und die Yankees sprachen zu uns: >Die Ottawas müssen wohnen an den Wassern des Erie.< Und wir wohnten an den Wassern des Erie. Und wiederum kamen die Weißen heran und nahmen das Land an den Wassern des Erie für sich. Wir kämpften und wurden besiegt durch die Ueberzahl, so tapfer unsre jungen Männer auch waren, und von neuem mußten wir nordwärts ziehen, immer weiter und weiter von der Stätte, wo die Asche unsrer Väter ruht. In den südlichen Wäldern Michigans bauten wir unsre Wigwams - und ihr alle wißt, auch von dort vertrieben sie uns hierher, und der große Vater in Washington sagt, hier sollen seine roten Kinder wohnen für alle Zeit - seine roten Kinder, so nennt er uns.

»Jede Berührung mit den Weißen hat den Ottawas Tod und Verderben gebracht, denn sie sind mächtig, zahlreich und reich, und Manitou hat uns sein Angesicht verhüllt seit vielen Sommern, die Ottawas sind arm und schwach. Da ist Peschewa, ich kannte ihn, wie er nicht größer war als ein eben gefallenes Hirschkalb und sah, wie [154] er groß wurde und tapfer und weise. Gleich einer Pantherkatze kämpfte er vor meinen Augen und gute Worte sprach er in der Ratshütte.

»Als vor drei Sommern die Männer ausziehen wollten gegen die Weißen, erhob Peschewa seine Stimme dagegen und viele folgten seinem Rate, andre nicht - und was geschah, wißt ihr alle.

»Männer der Ottawas, Häuptlinge, Krieger! Schemagana hat viel gesehen auf Erden, er ist alt und seine Augen trübe, und er möchte nicht den Untergang seines Volkes sehen. Ein großer Häuptling muß leiden und sterben können für sein Volk;

Peschewa darf nicht von den Ottawas scheiden, er muß sie führen durch seine Stimme am Ratsfeuer und wenn es sein muß auf dem Kriegspfad. Peschewa darf nicht gehen. Ich habe gesprochen.«

Der Greis ließ sich langsam nieder.

Ein dumpfes Murmeln folgte seinen Worten, von dem unentschieden blieb, ob es Beifall der Rede spendete oder nur ein Ausdruck der Achtung für die verehrte Person des alten Mannes war.

Feurig erhob sich ein junger Häuptling. »Ich bin Papaganawe, der Blitz. Man gab mir diesen Namen, weil meine Streiche rasch fallen, rasch, wie der zuckende Strahl Manitous durch die Wolken saust.

»Mein Vater ist sehr alt und sehr weise, ich beuge mich vor seiner Weisheit, wir alle beugen uns vor ihm; er hat alles Leid Menschenalter hindurch mit ihm getragen, ich beuge mich vor ihm, wir alle beugen uns vor ihm. Ich bin jung und unerfahren gegen ihn. Mein Vater war ein großer Krieger, hat die Schlachten seines Volkes geschlagen und viele Skalpe genommen. Ich bin jung und nur einmal im Kampfe gewesen, als eine Horde Mörder in unser Land brach, welche die Weißen selbst ausgestoßen hatten. Da betrat ich den Kriegspfad wider sie und mein Tomahawk traf gleich dem Blitz aus dunkler Wolke, seit dem Tage führe ich meinen Namen.

»Mein weiser Vater will nicht den Untergang der Ottawas sehen, er hat viel Leid auf Erden gesehen, er will nichts größeres sehen. Er hat recht. Schemagana sah, wie der Yankee vor drei Jahren über uns herfiel und Männer und Jünglinge tötete; Schemagana sah, wie die Yankees die Häuptlinge der Ottawas am Halse aufhingen, bis sie tot waren,« ein dumpfer Schmerzenslaut ging durch die Versammlung, »auf daß sie nimmer in die glücklichen Jagdgründe eingehen können, weil ihre Seele dem Körper nicht entweichen konnte, das alles sah Schemagana, er will nicht mehr Leid sehen. Ich bin jung an Jahren und nicht weise wie mein Vater, aber ich darf wohl fragen: Sind wir noch Ottawas? Sind wir ein Volk, welches frei [155] auf seinen Jagdgründen einherwandelt? Sind wir nicht die Knechte der elenden Yankees und ihrer Diebe, der Agenten? Wir sind es, Männer der Ottawas, wir sind eingesperrt in diese Wälder, die nicht unsre Heimat sind, wie der Wolf in einen Käfig, wir leben von der Gnade der Weißen wie ein Hund, dem man aus Mitleid einen Knochen hinwirft. Männer der Ottawas, das Volk, dem wir angehören, ist längst untergegangen, wir sind noch Ottawas, in unsern Adern rollt noch das Blut der Väter, aber wir sind kein Volk mehr, wir sind eine Herde armseliger Hunde, die man mit Füßen treten, denen man jede Schmach bieten kann. Wer fühlt sie nicht, die Schmach, dem ganzen Volke angetan? Wo ist der Häuptling und Krieger, der nicht freudig sterben würde, um sie zu rächen? Hier steht Papaganawe, bereit, zu fechten bis zum letzten Hauche, besser sterben, die Streitaxt in der Hand, als in Schmach und Elend leben. Ich habe gesprochen.«

Gellender Beifallsruf erhob sich ringsum bei dieser Probe feuriger indianischer Beredsamkeit und die Augen der jüngern Männer blitzten in wilder Glut. Die Alten saßen ruhiger und Peschewa selbst unbewegt, gleich einer bronzenen Statue.

Wiederum erhob sich Kitate.

»Mein Bruder ist jung, seine Brust birgt das Feuer des jungen Kriegers, und seine Worte treffen das Herz der Männer, gleich dem zündenden Blitz. Mein Bruder hat recht, es ist besser, zu sterben, als in Schmach zu leben. Mein Bruder sucht den Tod, um der Schande zu entgehen, mein Bruder hat recht, er ist ein Krieger. Aber der einzelne ist kein Volk, Völker suchen nicht gemeinsam den Tod. Will mein junger, feuriger Bruder, daß wir sterben und Weiber und Kinder hier allein bleiben, ganz schutzlos vor den Weißen? Oder will mein Bruder vorher alle Weiber und Kinder durch den großen Geist tüten lassen? dann will ich freudig mit ihm sterben. Manitou hat sein Angesicht verhüllt, ja, es ist so, aber weiß mein Bruder, daß es nie wieder den Ottawas leuchten wird? Ich glaube, der große Geist wird das Volk nicht untergehen lassen. Mein junger Bruder hat gesprochen mit einer Feuerseele, wie ein Held, und ich ehre ihn dafür, aber Papaganawe sprach für sich, nicht für das Volk der Ottawas, Wir dürfen nicht die Streitaxt ausgraben gegen den Yankee, und Weiber und Kinder hungernd und frierend in die Wälder jagen. Das darf nicht sein, die Ottawas sollen leben.«