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Trotzig erhob sich, ihm zu antworten, ein wild aussehender Krieger.

»Amata will reden im Rate der Häuptlinge und Krieger.«

»Er möge reden.« [156]

»Sollen wir ewig die Hunde der Weißen sein? Verhungern, weil wir kein Wild mehr haben? Körbe flechten gleich Squaws und sie den Yankees verkaufen? Nein, ich will das Blut der Weißen trinken, viel Blut, und dann sterben, aber mit hundert Skalpen am Gürtel. Rufe, Peschewa, rufe den Kriegern und wir ziehen aus, folgen dir, wohin du uns führest, und das Blut der weißen Hunde soll in Strömen fließen. Wir alle sind es überdrüssig, wie Schweine zu leben, als Männer und Krieger wollen wir zu Manitou gehen. Stimm an den Kriegsgesang und kein Ottawa lebt, der schweigt!«

In die ganze Versammlung war eine große Unruhe gekommen, welche sich vorzugsweise unter dem jüngeren Teile der Anwesenden geltend machte. Die feurigen, aufregenden Reden hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Wild sprangen viele empor und schwangen die Waffen, gellende Kriegsrufe ertönten und die Krieger drängten näher zum Kreise der Häuptlinge. Immer wilder wurde das Toben und die eiserne Ruhe der Alten vermochte die Leidenschaften, welche so jäh emporloderten, nicht zu dämmen.

»Kampf! Kampf!« heulte es aus der Reihe der Krieger. »Tod den weißen Hunden! Tod! Blut, Blut!«

Da erhob sich Peschewa und augenblicklich herrschte die tiefste Stille.

Der Häuptling erhob die Hand, prächtig anzuschauen, als er hochaufgerichtet dastand im Scheine des lodernden Feuers, denn die Nacht war bereits hernieder gesunken.

»Volk der Ottawas,« klang seine weithin hallende Stimme machtvoll über den Kreis. »Volk der Ottawas, höre die Worte Peschewas, der zum letztenmal zu dir redet.« Er hielt inne, aller Augen hingen an seinen Lippen, atemlos lauschten die Söhne des Waldes.

»Volk der Ottawas, ich habe dein Schicksal im Herzen getragen, so lange ich denken kann, denn ich bin Peschewa, der Enkel vieler Häuptlinge. Kälte und Sonnenschein, Leid und Freude, Sieg und Niederlage, Hunger und Ueberfluß habe ich mit euch geteilt viele Jahre lang, denn ich bin Peschewa, der Ottawa. Wer kann sagen, er liebe sein Volk mehr als ich? Der trete vor und nenne mich einen Lügner. Mein Herz gehört meinem Volke, und wenn meine Seele dem Körper entwichen ist, und man nimmt es aus meiner Brust, wird jeder sagen, es ist das Herz eines Ottawas.

»Aber alle, auch wenn sie ihr Volk noch so sehr liebten, wie ich, sind gestorben, die Helden unsres Volkes, und auch Peschewa muß sterben.

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»Ihr alle wißt,« und seine Stimme bebte in verhaltenem Zorn, »der weiße Mann hat Schmach angetan Peschewa, dem Häuptling. Peschewa kann nicht leben, die Narben seines Rückens brennen wie feurige Kohlen, er muß die Glut löschen und dann sterben. Wäre das Volk der Ottawas groß und mächtig, würde ich die Stimme erheben und rufen: >Wer begleitet mich auf dem Kriegspfade?< Aber arm sind wir und schwach. Peschewa kann sterben, nicht sollen es die Ottawas mit ihm. Darum sagt er sich los von seinem Volke, legt ab den Wampumgürtel, wendet dem Stamm seiner Väter den Rücken - und ist kein Ottawa, kein Chippeway mehr, er ist ein stamm-und heimatloser Krieger, für dessen Taten ihr nicht verantwortlich seid. Peschewa, der Häuptling, kann die Streitaxt nicht erheben, Peschewa, der Heimatlose, kann sie schwingen, wie sein Herz ihn treibt. Darum muß Peschewa gehen und sein Name ausgelöscht werden im Gedächtnis seines Volkes, daß nicht die Ottawas unter der blutigen Hand des Weißen für seine Taten leiden. So, wie der Stern dort,« und er deutete nach dem Nordstern, »unbeweglich steht an seiner Stelle, so unerschütterlich ist Peschewas Entschluß.« Eine leise Bewegung klang aus dem Ton seiner Stimme, als er weiter fortfuhr: »Volk der Ottawas, Brüder, Peschewa scheidet von dir.« Er löste den Wampumgürtel und legte ihn am Ratsfeuer nieder. »Wollt ihr noch einmal, ehe ich verstumme, meinen Rat hören: Bekleidet Kitate mit dem Wampum des Ottawavolkes.«

Er löste die Kette mit der Medaille von seinem Halse und legte sie neben den Gürtel. »Hier liegt das Zeichen des guten Vaters in Washington, der seine roten Kinder so sehr liebt.«

Mit erhobener Stimme rief er: »Hört es, Kinder des Chippewayvolkes, Peschewa, der Ottawa, ist tot, ich bin der Stammlose, der Heimatlose.«

Er trat hiermit aus den Kreisen und setzte sich still auf einen Baumstamm nieder.

Eine tiefe Bewegung hatte diese rauhen und rohen Kinder der Wildnis ergriffen. Alle sahen schweigend vor sich nieder. Es erhoben sich die beiden Häuptlinge, welche mit Peschewa im Fort gewesen waren, und der eine von ihnen sagte: »Wir sind keine Ottawas mehr, wir gehen mit dem Heimatlosen und sterben mit ihm.« Ruhig schritten sie dann zu Peschewa und ließen sich neben ihm nieder.

Auf sprangen jetzt Amata und Papaganawe, rissen die Streitäxte aus dem Gürtel, schwangen sie wild in der Luft, und der Letztere rief: »Mit Peschewa gehe ich, mit ihm zu kämpfen, zu sterben!«

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»So ich!« rief Amata.

Jäh erhoben sich die jüngeren Krieger, nur die Aelteren blieben sitzen: »Mit Peschewa! Mit Peschewa! Tod den Weißen!«

»Ruhe!« gebot da würdevoll Kitate und bald schwiegen die wilden Rufe.

»Wie ein Held hat Peschewa, der unser Häuptling war, gehandelt, groß und schön. Wollen die jungen Männer des Volkes die Ottawas ins Unglück reißen?«

»Ich bin kein Ottawa mehr, ich sage mich los vom Volke, ich gehe mit Peschewa,« rief Papaganawe, ihm nach Amata, und wohl fünfzig der jüngeren Häuptlinge und Krieger gaben gleiche Erklärungen ab und eilten zu Peschewa.

In aller Augen las man die heiße Sehnsucht, zu handeln wie sie, und nur die ernste Besorgnis um die weitere Existenz des Volkes, um das Schicksal von Weib und Kindern verhinderte sie, dem Beispiel zu folgen.

Alle Anwesenden waren so aufgeregt durch die in der Geschichte ihres Stammes unerhörten Vorgänge, daß an ein weiteres ruhiges Beraten gar nicht zu denken war. Kitate hob deshalb die Ratsversammlung auf und setzte die Fortsetzung für den andern Tag fest.

Alle, die Mitglieder der Versammlung, die außerhalb derselben Stehenden, eilten nun zu Peschewa, um ihm die Achtung und Liebe kundzugeben, welche sie für ihn empfanden.

Der fortan Heimatlose saß auf seinem Baume und sah mit ernster Freundlichkeit in das Gedränge vor sich und richtete gute Worte an alle, die ihm näher kamen, sie ermahnend, die Eigenart des Volkes zu wahren und dem Streit mit den Yankees aus dem Wege zu gehen.

Peschewa sprach, wie ein Vater, der seine Stunde gekommen fühlt, zu seinen Kindern spricht, ihnen noch Ratschläge aus dem reichen Schatze seiner Erfahrungen für ihren künftigen Lebensweg erteilend.

Mitternacht war längst vorüber, als die Insassen des Dorfes den Schlaf suchten; Peschewa aber saß mit Kitate in ernster Beratung noch beisammen, bis im Osten die Sterne erbleichten, da begaben auch sie sich zu ihren Lagerstätten.

Neuntes Kapitel.

Im Shanty des »Toten Mannes«.

Als Graf Edgar nach ruhig verbrachter Nacht am frühen Morgen erwachte, sah er den weißhaarigen Gast, der sie am verflossenen Abend überrascht hatte, bereits aufrecht neben sich sitzen.

Das Auge zu den Schläfern wendend, welche unweit sich niedergestreckt hatten, bemerkte er die Abwesenheit Athorees.

»Wo ist der Indianer, Sir?«

»Er weckte mich vor Tagesanbruch und sagte mir, er wolle sich in der Umgegend umsehen.«

»Das ist gut, wir können um so ungestörter hier weilen, wenn Athoree wacht. Auf, Heinrich, zünde Feuer an, daß wir Kaffee bekommen!«

»Ja, ja, Herr,« antwortete dieser, noch schlaftrunken, indem er dem Anruf folgte.

»Es würde ratsamer sein,« sagte der Fremde, »kein Feuer anzuzünden, Herr.«

»Warum?«

»Es könnte uns unliebsame Gäste zuziehen.«