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Der Alte stieß große Dampfwolken aus und fuhr dann fort: »Will dir etwas sagen, Bill, wenn der Kerl nicht so versoffen wäre, dein Indianer, der Athoree, wie er sich nennt, wäre vielleicht der rechte Mann.«

»Hm, der Bursche wäre gut genug und im Walde sollte er das Trinken wohl lassen. Ist ein fleißiger Jäger und liegt oft wochenlang draußen, ohne Rum zu riechen. Kommt er aber dann mit Beute zurück, so säuft er acht Tage ununterbrochen.«

»Wie lange ist der rote Mann bei dir?«

»Wird an drei Jahre sein. Habe nicht über ihn zu klagen. Geht zur Jagd, bringt mir seine Beute und vertrinkt sie bei mir. Werde nicht recht klug aus dem Burschen. Erschien so vor drei Jahren, kaum daß ich mich dort niedergelassen hatte, und brachte

Biberfelle, und das wiederholte er, bis er sich ganz bei mir heimisch gemacht hatte. Ist so ein Hausfaktotum geworden. Kennen ihn alle in der Gegend und hat noch kürzlich bei der wilden Jagd auf Battle gute Dienste getan.«

»Und meinst du nicht, daß man ihm die Fremden anvertrauen könnte?«

»Es ist ein eigenes Ding um den schweigsamen roten Burschen. Habe ihn oft gefragt, warum er nicht zu den Leuten seines Volkes geht, aber die Antwort bleibt er schuldig. Kalkuliere, hat etwas auf dem Kerbholz, was ihm den Aufenthalt unter den Männern seiner Farbe verleidet, ja, man weiß nicht einmal, welchem Stamme er angehört. Genaue Kenner der roten Rasse wollen behaupten, er sei ein Hurone von jenseits der Seen, andre meinen, er sei ein Seneka oder Miamis. Als ich ihn einmal nach seinem Stamme ausforschen wollte, entgegnete er: >Warum fragst du? Du bist ein weißer Mann, ich ein roter. Frage ich dich, ob du ein Ohioman oder Michiganman bist? Ich gebe Felle, du gibst Rum, Pulver und Blei, damit gut.< Es war nichts aus ihm herauszubekommen.«

»Aber da er schon drei Jahre bei dir ist, mußt du ihn doch einigermaßen kennen gelernt haben?«

»Lerne du einen Indianer kennen. Es ist ja richtig, daß er eine gewisse Anhänglichkeit an uns hat, auch vor allen Dingen weiß, daß ich ihn ehrlich behandle und über das, was er bringt, und das, was er braucht, redlich Buch führe. Der Kerl hat augenblicklich über hundert Dollar bei mir gut. Auch stört der Bursche niemand, selbst im Rausche ist er still und schweigsam. Hat auch eine gewisse Liebe zu den Kindern, bringt ihnen sogar manchmal kleine Geschenke mit, und für meine Frau läuft er viele Meilen weit in jedem Wetter, wenn die einmal etwas braucht. Ist noch vorigen Winter, als der Schnee fußhoch lag und niemand zum Hause hinaus konnte, auf seinen Schneeschuhen bis Brook gelaufen, um dort Brusttee zu holen, nach welchem meine Frau jammerte, weil die Kinder so arg den Husten hatten. War fast zwei Tage unterwegs.«

»Ist ein gutes Zeichen, Grover.«

»Ja, ist es - aber - du kennst genug von den Roten, um zu wissen, daß dem besten von ihnen nie ganz zu trauen ist, ist eine launische, unzuverlässige Rasse.«

»Ueberlegt's. Wenn er will, ist der Indianer der rechte Mann für die Fahrt, besser als der beste Grenzer, dem der rote Mann doch immer mißtrauisch gegenübersteht.«

»Wollen mit ihm reden.«

Unterdes war es Mittag geworden und den jungen Grafen verzehrte Unruhe, doch der gastfreie Baring ließ sie nicht scheiden, ohne daß noch einmal der Tisch gedeckt ward. Nach beendetem Mahle aber wurden nach des Grafen Wunsch die Pferde zum Heimritt vorgeführt. Mit echter Herzlichkeit verabschiedete sich der Farmer von ihm. »Habt einen Platz in meinem Herzen, junger Mann, Eurer Schwester wegen. Wollt Ihr mir einen Wunsch erfüllen, schickt Botschaft an Tom Myers nach Lansing, wenn Ihr etwas erfahrt, der sendet sie mir zu. Den Brief an diesen will ich gleich aufsetzen. Ist eine mühsame Arbeit für mich, Mann, aber bringe es fertig, kostet freilich Zeit. Sende Euch den Brief noch hinüber. Könnte jetzt nicht schreiben - muß allein sein und ruhig. Hat mich sehr bewegt, den Bruder von Lady Walther zu sehen und so an ihr liebes Bild erinnert zu werden. Gott segne Euch, Mann, und Euer Vorhaben.«

Damit schieden sie von Joe Barings gastlicher Behausung und trabten rasch nach Grovers Landing, wie der Platz genannt wurde, zu.

Der junge Graf hatte Heinrich kurz berichtet, was ihm hier mitgeteilt war, und der ehrliche Jäger, der die junge Gräfin von Jugend auf kannte, war tief bewegt worden, als er von ihrem so grausamen Geschick vernahm.

Rasch und schweigend trabten sie durch den Wald und die Sonne hatte nur wenig den Zenith überschritten, als sie vor Grovers Heim anlangten.

»Waren nicht gute Nachrichten, die Ihr dort hörtet, Fremder,« sagte Grover, als sie die letzte Meile im Schritt zurücklegten, »aber kalkuliere, war Joe Baring der rechte Mann, Euch Kunde zu geben.«

»Ich danke Euch von Herzen, Mister Grover. Ich bin auf das tiefste gerührt von der Liebe, mit welcher man meiner armen Schwester gedenkt. Endlich habe ich doch einmal hier von ihr reden hören - so furchtbar auch die Nachrichten klangen. Ich muß erfahren, wie sie geendigt hat, und wenn ich jahrelang die Wälder durchstreifen sollte.«

»Entsinne mich sehr gut, daß vor drei Jahren eine weiße Frau von den Ottawas geraubt wurde, war mir nur der Name entfallen, wenn er mir damals überhaupt zu Ohren kam.«

Als sie zum Hause einbogen, erblickten sie den Indianer vor dessen Tür sitzen und ruhig seine selbstgefertigte Pfeife rauchen. Des Mannes dunkle Augen richteten sich auf die beiden Deutschen und verweilten besonders lange auf dem Grafen.

»Nun, John,« redete ihn Grover freundlich an, John war der Name, den man ihm in der Familie gab, da die indianische Benennung dieser nicht zusagte, »rauchst du die Friedenspfeife?«

Der Indianer antwortete nicht.

Edgar betrachtete ihn jetzt im Tageslichte. Es war ein echter Sohn der roten Rasse, der da vor ihm saß.

Ein schlanker und doch kräftiger Mann, aus dessen, von langem, straffem, tiefschwarzem Haar eingerahmtem braunen Gesicht zwei funkelnde Augen blitzten. Aermlich und schmutzig war die Kleidung des Indianers. Ein altes, vom Wetter arg mitgenommenes Jagdhemd aus Baumwollenstoff deckte seine Gestalt bis zu den Knieen. Die Beine steckten in hirschledernen Gamaschen und seine Fußbekleidung war aus gleichem Stoff gefertigt. Das Gesicht trug den ernsten, fast melancholischen Ausdruck, der den Leuten roter Farbe so eigentümlich ist.

Ein anmutiges Bild bot der rote Mann nicht.

»John hat keine Lust zu reden,« fuhr Grover unbeirrt fort, denn er kannte die Art der roten Leute, »will er ein Glas Rum trinken.«

»Er will nicht trinken,« entgegnete der Indianer ruhig.

Darüber erstaunte Grover und sah den Indianer fragend an.

»Willst du zur Jagd gehen?« »Vielleicht. Die weißen Leute sollten nach ihren Pferden sehen.«

»Wie?« fuhr Grover empor, »weißt du etwas, John?«

Der Indianer deutete ruhig auf den Boden und sagte: »Gestern waren die drei größten Pferdediebe Michigans hier.«

»Bei Jove!« fuhr Grover empor, »du hast recht, hast du sie erkannt?«

»Gestern war mein Auge trübe, aber heute ist es klar, ich sah ihre Spuren auf dem Boden. Wirst bald von ihnen hören.«

»Es ist gut, daß das Land bereits ziemlich von der Anwesenheit der Schurken unterrichtet ist.«

»Werden bald hören,« wiederholte der Indianer, »Tyron war darunter und die rote Hand.«

»Die Schärfe der Sinne dieser Leute ist wunderbar, Sir,« sagte Grover zu dem Grafen, »sie lesen da, wo unser Auge nichts erblickt, die Zeichen des Bodens wie in einem offenen Buche. Du kennst die Schurken also, John?«

»Ich kenne sie, sah oftmals ihre Spur in den Wäldern.«

»Ist der, welchen du die >rote Hand< nennst, ein großer, breitschultriger Mann mit rauher Stimme?«

In dem Auge des Indianers blitzte ewas Unheimliches auf, als er sagte: »Das ist die >rote Hand<.«

»Weißt du, wie ihn die Weißen nennen?«

»Sie nennen ihn bald Brooker, bald Morris.«