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»In Zukunft werde ich euch beide einschließen, hört ihr?«

»Wir hören, aber wir folgen nicht«, antwortete Murphy auf­sässig.

Pewter war beeindruckt. »Hast du das wirklich gemacht?«

»Kinderspiel«, prahlte Mrs. Murphy.

»Ohne mich hättest du es nie geschafft.« Tucker war eifer­süchtig.

Susan holte einen Stuhl aus der Küche, stellte sich darauf und öffnete die Klapptür. Ein glühendheißer Lufthauch wehte ihr ins Gesicht.

Nach einigem Suchen fanden sie im Keller eine Leiter. Cyn­thia stieg als erste hinauf, mit einer Taschenlampe aus ihrem Streifenwagen bewaffnet. »Gut. Hier ist ein Schalter.«

Mrs. Murphy, die liebend gern auf Leitern kletterte, eilte nach oben, sobald Cynthia auf den Dachboden kroch. Tucker wartete mißmutig unten. Harry stieg hinauf. Pewter folgte ihr.

»Sogar der Dachboden ist ordentlich«, bemerkte Cynthia. »Wissen Sie was, ich glaube nicht, daß unsere Jungs hier oben gewesen sind. Sagen Sie das nicht weiter. Das läßt unsere Leute schlampig erscheinen, und ehrlich gesagt, sie waren auch schlampig.«

»Man übersieht leicht, was über einem ist.«

»Harry, wir werden dafür bezahlt, Beweisstücke nicht zu übersehen«, erklärte Cynthia ihr entschieden.

»Ich komm auch rauf«, rief Susan nach oben.

»Wirf bloß die Leiter nicht um, wenn du oben bist, Susan, sonst müssen wir uns von der Klapptür schwingen.«

»Danke für den Vertrauensbeweis.« Susan erschien auf dem Dachboden. »Wie könnt ihr hier atmen?«

»Mit Mühe.« Harry verzog das Gesicht.

»Was ist da oben?« rief Miranda von unten.

»Nicht viel. Zwei Koffer. Ein Paar alte Skier«, klärte Harry sie auf.

»Ein großes Wespennest im Dachstuhl.« Mrs. Murphy be­kämpfte den Drang, Wespen zu jagen. Das Summen zog sie magisch an. Die Folgen weniger. »Los, machen wir den Koffer auf.«

Cynthia zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche und öffnete vorsichtig den alten Überseekoffer. »Ein Brautkleid. Alt.«

Auf Knien blickten Harry und Susan in den Koffer, und Mrs. Murphy legte zierlich eine Pfote auf den Satin. Cynthia schlug ihr auf die Pfote. »Laß das.«

»Nimm das Kleid raus.« Die Katze blieb gelassen.

»Wetten, das hat Kerrys Großmutter gehört. Es ist in etwa der Jahrgang.« Susan bewunderte die Spitze.

»Harry, Sie nehmen das andere Ende, und ich nehme dieses«, verfügte Cynthia.

Sie hoben das schöne alte Kleid heraus. Darunter waren alte Familienalben und ein paar Briefe aus Übersee.

Harry nahm einen Stapel heraus, der ordentlich mit einem Band verschnürt war. Der obere Brief trug den Poststempel von Roanoke, Virginia, 1952. Der Stapel darunter war aus Übersee, von Mitte der 1980er Jahre. Sie waren an Kerrys Mutter adres­siert. »Ich glaube, dies sind die Sachen ihrer Mutter. Sie hat den Koffer vermutlich nach Barbara McCrays Tod hierhergebracht. Müssen Sie das durchsehen, die Briefe lesen und so?«

Cynthia durchwühlte den Rest des Koffers, dann legte sie alles sorgfältig wieder hinein. »Ich weiß nicht. Wenn Rick es wünscht, dann mach ich's, aber ich werde auf alle Fälle vorher fragen. Im Moment haben wir eine Menge gegen Kerry in der Hand.«

»Lediglich Indizien«, gab Susan leise zu bedenken.

»Diese 250.000 Dollar sind ein starkes Indiz.« Cynthia seufzte und schloß den Kofferdeckel.

Pewter, die auf dem zweiten Koffer saß, gab ihnen Anweisun­gen. »Beeilt euch, macht den hier auf. Es ist heiß hier oben.«

»Dann geh doch nach unten«, riet ihr Mrs. Murphy.

»Nein, dann verpaß ich vielleicht was.«

Cynthia hob Pewter sacht von dem Koffer. »Bist du aber schwer, du kleiner Schisser.«

Mrs. Murphy lachte, und Pewter kochte vor Wut.

Cynthia öffnete den Deckel. »Mann o Mann.«

Harry und Susan blickten in den Koffer. Mrs. Murphy und Pewter, auf den Hinterbeinen stehend, die Vorderpfoten auf den Koffer gelegt, sahen es auch.

»Das bricht ihr das Genick!« rief Mrs. Murphy aus.

Eine schwarze Motorradjacke, eine schwarze Lederhose und ein schwarzer Helm waren ordentlich in den Koffer gelegt.

»Wissen Sie, ich hatte gehofft, daß sie es nicht war.« Cynthia schloß leise den Deckel.

»Ich auch«, erklärte Susan betrübt.

»Es sieht schlecht aus, aber. « Harry versagte für einen Mo­ment in der Hitze die Stimme. »Aber sie wird einen fairen Pro­zeß bekommen. Wir können sie nicht wegen eines Motorrad­helms verurteilen.«

»Ich kann Ihnen sagen, der Staatsanwalt wird es mit Sicher­heit versuchen«, sagte Cynthia.

Susan klopfte Harry auf die Schulter. »Es ist schwer, sich da­mit abzufinden.«

Sie stiegen die Leiter hinunter, Mrs. Murphy voran, und in­formierten die gespannte Mrs. Hogendobber.

»Nun?« fragte Tucker.

»Motorradkluft im Koffer.« Die Katze leckte niedergeschlagen Tuckers Ohr. Wenn sie Tucker oder sogar Harry putzte, fühlte sie sich nützlich, wenn auch nicht besser.

»Oje« war alles, was Mrs. Hogendobber sagen konnte.

Pewter kletterte zu ihnen hinunter. »Kerry wird demnächst Tüten kleben.«

41

Norman Cramers Trauerfeier war so gedämpft, wie Hogan Freelys pompös gewesen war. Die untröstliche Aysha mußte von ihrer Mutter, die in makellosem schwarzem Leinen er­schien, gestützt werden. Ottoline konnte Ayshas Gram nicht ertragen, aber da aller Augen auf ihr und ihrer Tochter ruhten, gab sie sich so nobel, wie sie nur konnte. Zwar war es zum Teil Schau, aber teils auch nicht; denn Ottoline lebte für und durch ihre Tochter.

Die Einwohner von Crozet, die wie betäubt waren durch die­sen letzten Mord, saßen reglos in den Bänken. Laura Freely war nicht da, was angemessen war, befand sie sich doch in tiefer Trauer. Reverend Jones ersparte ihnen den Sermon, daß der Tod einen ins Reich der Herrlichkeit erhebe. Das wollte im Augen­blick niemand hören. Sie wollten, daß Kerry McCray vor Ge­richt gestellt und verurteilt wurde. Wäre Hängen im Strafge­setzbuch noch vorgesehen gewesen, sie hätten verlangt, sie baumeln zu sehen. Auch diejenigen, die ihr zunächst die Gunst des Zweifels gewährt hatten, waren durch das Geld auf ihrem Konto und die Motorradkluft auf ihrem Dachboden ins Schwanken geraten.

Mrs. Hogendobber sagte den Leuten dauernd, daß die Gerich­te entscheiden, nicht die öffentliche Meinung. Niemand hörte auf sie. Susan war als Neds Frau besonders vorsichtig. Harry sagte wenig. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, daß noch nicht alle Karten auf dem Tisch lagen.

Sie saß vorne in der vierten Bankreihe auf der rechten Seite der Kirche; die Bänke waren nach dem Kriterium zugewiesen, wann eine Familie nach Albemarle County gekommen war. Die Minors hatten sich vor mehr als zwei Jahrhunderten hier ange­siedelt. Ein Minor hatte sogar die lutherische Kirche von Crozet gegründet und lag auf dem alten Friedhof dahinter begraben. Die Hepworths, die Familie ihrer Mutter, gehörten der anglika­nischen Kirche an und hielten in Ostvirginia ihre eigene Bank in der ersten Reihe besetzt.

Harry blieb noch sitzen, als der Gottesdienst zu Ende war und die Versammelten nacheinander hinausgingen. Sie forschte unauffällig in ihren Gesichtern. Harry suchte nach Antworten. Jeder konnte in die Sache verstrickt sein. Sie stellte sich jede einzelne Person vor, wie sie den Motorradfahrer tötete, dann Hogan und schließlich Norman. Was für ein Mensch konnte so etwas tun? Dann stellte sie sich Kerrys Gesicht vor. Konnte sie töten?

Vermutlich könnte jeder töten, um sich oder seine Familie oder Freunde zu verteidigen, aber vorsätzlicher Mord, kaltblüti­ger Mord? Nein. Sie konnte sich ohne weiteres vorstellen, daß Kerry in Rage Aysha umbrachte oder Norman, aber nicht, daß sie ihn verfolgte oder sich hinten in seinem Wagen versteckte, plötzlich auftauchte und ihn an den Straßenrand fahren ließ, um ihn dann mit einer Kordel zu erdrosseln. Das paßte nicht zu ihr.