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Merkwürdig. Ich frage mich, warum … Vol’jin rief sich zur Ordnung und nickte Chen unmerklich zu. „Na. Schön. Freund.“

„Vielleicht findest du ja die Antwort.“

Was bedeutet, ich muss mit ihm auskomm’n und genau das sein, was alle hier woll’n. Langsam atmete er aus und bettete seinen Kopf auf das Kissen. Und im Moment zähle ich sogar mich selbst zu dieser Gruppe.

5

Die Mönche verlangten nicht, dass Vol’jin sich von dem Menschen pflegen ließ, und der Troll hätte das auch nicht toleriert. Also waren es die Pandaren, die ihn weiter wuschen, seine Wunden verbanden, sein Bettzeug wechselten und ihn fütterten. Dabei waren sie bestimmt und gründlich, und Vol’jin konnte keine Bosheit in ihnen entdecken. Was ihm aber auffiel, war, dass jeder Pandaren der Gruppe sich einen ganzen Tag lang um ihn kümmerte, dann die nächsten zwei Tage fortblieb, bevor er wieder zurückkehrte und sich erneut um seine Pflege kümmerte. Nachdem sie drei volle Tage mit ihm verbracht hatten, begann ein neuer Turnus, und er sah sie nie wieder.

Nur hin und wieder erhaschte er einen Blick auf Taran Zhu, aber er war sicher, dass der alte Mönch ihn weit öfter beobachtete, als er registrierte, und dass er es überhaupt nur registrierte, wenn Taran Zhu gesehen werden wollte. Vol’jin bekam den Eindruck, dass die Einwohner von Pandaria genauso waren wie ihre Welt – umgeben von einem Nebel, den man nur kurz durchdringen konnte. Chen hatte zwar auch einige solche Charakterzüge, aber verglichen mit der schwer fassbaren Komplexität der Mönche war er wie ein klarer, sonniger Tag.

So verbrachte Vol’jin einen Großteil seiner Zeit damit, zu beobachten und darüber nachzudenken, wie viel von sich selbst er preisgeben sollte. Sein Hals heilte zwar, aber wegen des Narbengewebes blieb das Sprechen auch weiterhin eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit. Den Pandaren mochte es nicht aufgefallen sein, aber die Sprache der Trolle hatte stets einen melodiösen Fluss – und nun hatten die Narben ihm diesen Fluss gestohlen. Falls die Fähigkeit zu sprechen ein Zeichen des Lebens ist, dann haben die Attentäter mich vielleicht wirklich ermordet. Er hoffte, dass die Loa – die während der Zeit seiner Heilung schweigend im Hintergrund geblieben waren – seine Stimme überhaupt noch erkennen würden.

Es gelang ihm, einige Worte der Pandaren-Sprache aufzuschnappen. Die Tatsache, dass dieses Volk für so ziemlich alles sechs verschiedene Namen hatte, erlaubte es ihm, sich den Begriff herauszupicken, der ihm beim Aussprechen die wenigsten Schmerzen bereitete. Dass die Pandaren so viele Worte hatten, machte es zugleich aber auch schwieriger, sie alle zu kennen. Ihre Sprache verfügte über Nuancen, die ein Außenstehender niemals verstehen würde, und die Pandaren konnten das ausnutzen, um ihre wahren Absichten zu maskieren.

Vol’jin wünschte sich, er könnte seine körperliche Schwäche überspielen, wann immer er dem Menschen begegnete, aber das hätte wohl keinen großen Unterschied gemacht. Obwohl er nach den Standards seines Volkes hochgewachsen war, fehlten Tyrathan die Muskeln und die Masse eines Menschenkriegers. Seine schlanke Gestalt, die leichten Narben an seinem linken Unterarm und die Schwielen an den Fingern seiner rechten Hand wiesen ihn als Jäger aus. Sein weißes Haar trug er kurz und ungebunden, außerdem hatte er einen ebenfalls weißen Schnurr- und Kinnbart, den er aber erst seit Kurzem sprießen ließ. Gekleidet war er in die schlichten Gewänder eines Novizen – handgesponnen und braun und viel zu weit, weil sie für einen Pandaren gedacht waren. Wirklich groß waren sie aber nicht, weshalb Vol’jin vermutete, dass es die Kleider eines weiblichen Pandaren waren.

Die Mönche verlangten zwar nicht, dass der Mann Vol’jin pflegte, sehr wohl aber, dass er die Kleider und Laken des Trolls wusch. Der Mensch kam diesen Aufgaben ohne Kommentar oder Klage nach, und er war sehr gründlich. Die Sachen kamen makellos zurück, und manchmal rochen sie nach medizinischen Kräutern und Blumen.

Dennoch war der Mann gefährlich, das verrieten Vol’jin zweierlei Dinge. Den meisten anderen hätte wohl schon gereicht, was der Troll längst entdeckt hatte – die Schwielen und die Tatsache, dass der Mensch ohne allzu viele Narben überlebt hatte –, um zu diesem Schluss zu gelangen. Doch für Vol’jin waren es zum einen die huschenden grünen Augen des Mannes, die Art, wie er bei Geräuschen den Kopf drehte, und die winzige Pause, die er machte, bevor er selbst die einfachsten Fragen beantwortete; all das zeigte, dass der Mensch unglaublich aufmerksam war. Natürlich war diese Eigenschaft unter Jägern keine Seltenheit, aber so deutlich trat sie nur bei den Besten dieses Faches zutage.

Die zweite Sache war die Geduld, die der Mensch zeigte. Bis Vol’jin erkannte, dass seine Versuche fruchtlos bleiben würden, machte er immer wieder einfache Fehler, durch die dem Mann mehr Arbeit aufgebürdet wurde. So ließ er etwa den Löffel fallen, sodass das Essen seine Kleider beschmutzte, doch die Flecken störten den Menschen nicht. Einmal hatte Vol’jin einen solchen Fleck sogar verborgen, damit er eintrocknete, aber selbst da hatte er die Robe makellos sauber zurückerhalten.

Diese Geduld zeigte sich auch darin, wie der Mann mit seinen eigenen Wunden umging. Obwohl seine Kleidung die Narben verbarg, bewegte er sich mit einem Humpeln – seine linke Hüfte war steif. Jeder Schritt musste unglaublich schmerzhaft sein, und hin und wieder konnte er sich eine Grimasse nicht verkneifen, aber seine Bemühungen, sie zu unterdrücken, hätten selbst Taran Zhu alle Ehre gemacht. Und trotzdem zog er jeden Tag los, sobald die Sonne langsam hinter dem Horizont hervorkroch, und folgte dem Pfad zum Gipfel des Berges über ihnen.

Nachdem man ihn gefüttert hatte, kam der Mensch zu ihm herüber, Vol’jin setzte sich auf und nickte ihm zu. Tyrathan hatte ein Spiel dabei – bestehend aus einem flachen, mit einem Gittermuster überzogenen Spielbrett und zwei zylindrischen Behältern, einer rot, einer schwarz, jeder mit einem runden Loch in der Mitte des Deckels. Der Mensch legte alles auf den Beistelltisch, dann zog er sich einen Stuhl von der Wand heran und nahm Platz.

„Bist du bereit für eine Runde Jihui?“

Vol’jin nickte. Obwohl sie beide den Namen des jeweils anderen kannten, benutzten sie ihn nie. Sowohl Chen als auch Taran Zhu hatten ihm erklärt, dass dieser Mann Tyrathan Khort war, und der Troll ging davon aus, dass der Mensch ebenfalls über seine Identität informiert worden war. Falls der Kerl einen Groll gegen ihn hegte, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Aber er muss wissen, wer ich bin.

Tyrathan nahm den schwarzen Zylinder, schraubte den Deckel ab und leerte den Inhalt auf das Spielbrett: Vierundzwanzig Würfel klapperten und tanzten über die glatte Bambusoberfläche. Jeder davon war mit roten Symbolen vor einem schwarzen Hintergrund beschriftet, einschließlich Punkten, die die Anzahl von Zügen bestimmten, und Pfeilen, um festzulegen, welche Seite vorne war. Der Mensch teilte sie in vier Gruppen zu jeweils sechs Spielsteinen ein, um zu belegen, dass es wirklich vierundzwanzig waren, dann begann er sie mit der Hand in den Behälter zurückzuschieben.

Vol’jin tippte einen der Würfel an. „Dieses Zeichen.“

Der Mensch nickte, dann wandte er sich um und rief in stockendem Pandarisch einen der Mönche herbei. Die beiden unterhielten sich kurz – der Mann zögerlich, der Mönch so betont, als würde er mit einem Kind reden. Schließlich beugte Tyrathan zackig den Kopf und bedankte sich.