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„Mein Meister möchte eine Bilgenratte. Nicht zu fett, nicht zu dürr. Weiß, falls ich so eine find’n kann. Die weißen schmecken am besten, wisst Ihr?“

„Eine Bilgenratte? Wer ist dein Meister?“

„Wer weiß schon, was im Kopf eines Hexendoktors vor sich geht? Einmal hat er mich aus dem Schlaf geriss’n, weil er drei stumme Grillen haben wollte.“ Vol’jin zog den Kopf ein und beugte die Schultern, als würde er erwarten, dass man ihn schlug. „Die schmeck’n aber nicht, weder die leisen noch die laut’n. Ratten hingegen … Manche häut’n sie ja zuerst, aber ich nicht. Ich nehm’ einfach einen Stock und spieße sie auf, vom Maul bis zum …“

„Ja, ja, faszinierend.“ Der Zandalari sah aus, als hätte er schon Ratte gegessen, aber keinen Gefallen an dem Geschmack gefunden. „Dann such mal.“

Vol’jin neigte erneut den Kopf. „Danke, Boss! Wenn ich schon dabei bin, könnte ich für Euch ja auch gleich eine fang’n. Eine schön fette.“

„Nicht nötig. Beeil dich einfach!“

Der Dunkelspeer stieg in den Bauch des Schiffes hinab. Zwei Decks weiter unten richtete er sich wieder auf und ging schnurstracks zur Pulverkammer. Ein Seemann saß vor der Tür auf einem Stuhl; er sollte Wache halten, aber das sanfte Auf und Ab der Wellen hatte ihn in den Schlaf gelullt. Vol’jin packte ihn mit einer Hand am Kinn, mit der anderen am Schädel und riss seinen Kopf dann hart herum. Das Genick des Trolls brach mit einem feuchten, aber gedämpften Knacksen. Am Körper des Toten entdeckte er den Schlüssel für die Pulverkammer, was ihm die Mühe ersparte, wieder an Deck gehen und den Offizier töten zu müssen, und er entriegelte die Tür.

Die Leiche versteckte er im Inneren des Raumes, dann zog er vier Säcke von der Wand, jeder war mit genug Schießpulver gefüllt, um eine Kanone zu laden. Nun schlug er mit dem Ellbogen den Deckel eines Fasses ein und kippte es in Richtung des Eingangs um, und nachdem er die Säcke auf die Arme genommen hatte, schloss er die Tür von außen wieder, wobei die Unterseite der Tür das Schießpulver aus dem Fass zu einer knapp anderthalb Fingerbreit hohen Schicht auf dem Boden glatt strich. Anschließend benutzte Vol’jin die Säcke, um eine Spur aus Schwarzpulver zu legen, an der Wand entlang, wo sie in den Schatten lag, bis hinüber zur achtern gelegenen Kabine.

Dort legte er die Pulverspur in die Mitte des Ganges und schüttete die beiden restlichen Säcke zu einem gewaltigen Haufen auf. In der Kabine, die offensichtlich als Krankenstation fungierte, hingen zwei Öllampen an Ketten von der Decke. Vol’jin entzündete sie beide, anschließend zog er ihre Dochte heraus, soweit es ging, und verteilte das Schießpulver darunter. Nun verbarrikadierte er die Tür von innen, und nachdem er noch kurz mit einem Lächeln sein Werk betrachtet hatte, öffnete er das Fenster im Heck des Schiffes und kletterte nach draußen. Er ließ sich an den Händen vom Sims hängen, sodass seine Füße nur zehn Fuß über dem dunklen Wasser baumelten, dann streckte er die Zehen und ließ los. Er fiel senkrecht in die Tiefe, und als er eintauchte, erklang lediglich ein leises Platschen. Daraufhin stieß er sich von der Schiffshülle ab und schwamm unter Wasser zu der Stelle, wo er hoffte, Chen und das Fischerboot anzutreffen.

Nach der Hälfte der Strecke tauchte er auf und näherte sich mit schnellen Zügen dem Kahn. Chen und Tyrathan zogen ihn an Bord, und noch während er auf dem Boden lag, deutete er in die Richtung, aus der er gekommen war. „Seht ihr diese zwei Lichtpunkte …?“

Tyrathan legte einen Pfeil an und lächelte. „Jihui. Das Feuerschiff.“ Er spannte die Sehne und ließ los.

Der Pfeil verschwand in der Düsternis, und obwohl er Tyrathans Arm vertraute, kamen Vol’jin einen Moment lang doch Zweifel, aber dann hörte er ein Splittern, vermutlich, als das Geschoss eine Glasscheibe durchschlug. Tyrathan behauptete später jedoch, dass er sich das nur eingebildet hatte und dass der Pfeil durch das offene Fenster geflogen war.

Flüssiges Feuer spritzte durch die ferne Kabine, gefolgt von hell flackerndem Licht und dickem Rauch, als das Schießpulver sich mit einem gedämpften Knall entzündete. Vol’jin stellte sich vor, wie der Wachoffizier sich umdrehte und den Qualm hinter dem Heck aufsteigen sah. Entweder würde er Alarm geben oder kurzerhand von Bord springen – auf jeden Fall würde er aber nicht an den Rattenfänger unter Deck oder die anderen Trolle aus seiner Mannschaft denken.

Nun geriet der verschüttete Inhalt des Fasses in Brand, und die Pulverkammer flog in die Luft. Flammen schossen zwischen den Planken hervor, und hie und da sprengten sie ein paar Bretter aus dem Rumpf. Als Erstes fingen die Säcke Feuer, dann die Fässer. Die Folge war eine ganze Serie von Explosionen, die immer greller wurden und immer schneller aufeinanderfolgten, bis sie zu einem gewaltigen Grollen verschmolzen, das die Schiffswand auf der Steuerbordseite zerfetzte.

Das Schiff kippte heftig in Richtung der Anlegestelle und zermalmte den Steg, wobei einige Pfeiler den Rumpf durchbohrten. Die Explosionen setzten sich fort und wanderten in Richtung des Bugs, dann wurden die Abdeckungen vor den Kanonenluken nach außen gesprengt, und eines der Geschütze feuerte sogar durch die geborstene Hülle, bevor sie auf und durch den Steg stürzte.

Vol’jin malte sich aus, wie sie dabei den fliehenden Wachoffizier zerquetschte.

Als die Explosion anschließend eine Säule aus Feuer in den Himmel schleuderte, war das Schiff völlig zerstört und seine Masten nur noch schwarze Silhouetten, die hin und wieder durch die Flammen stachen. Kurz reckten sie sich noch den Sternen entgegen, dann kippten sie um. Ein Mast bohrte sich durch die Hülle eines zweiten Schiffes und spießte es auf, der andere zerbarst auf dem Dock.

Kanonen flogen durch die Luft, wobei die Rohre sich von den Lafetten lösten. Eines der Geschütze sauste wild trudelnd auf den Strand zu und mähte zwei Trolle nieder, bevor es in der Fassade eines Lagerhauses landete und sie zum Einsturz brachte.

Holztrümmer, größtenteils brennend, regneten in einem weiten Umkreis herab, auf die anderen Schiffe und die Dächer weiter entfernter Lagerhäuser. Die Funken schienen die verstreuten Sterne am Himmelszelt nachzuahmen, während ringsum Flammen züngelten, Kohlen glühten und die Silhouetten von Zandalari und Mogu in Panik umhereilten.

Bug und Heck des Schiffes versanken langsam im Meer, und die Welle, die sich von dort ausbreitete, trieb das kleine Boot auf seinem Weg zum Ozean weiter an. Chen legte beide Pfoten auf das Ruder und navigierte sie zwischen den brennenden Trümmern hindurch, während Tyrathan und Vol’jin das dreieckige Segel den Mast hinaufzogen.

Der Troll lächelte, als sie zu der Stelle segelten, wo Cuo auf sie wartete. „Gut geschoss’n.“

„Ein Pfeil, ein zerstörtes Schiff und ein verwundeter Hafen.“ Der Mensch schüttelte den Kopf. „Zum Glück ist Tyrathan Khort tot. Ganz gleich, wer diese Geschichte über ihn erzählen würde, niemand würde sie glauben.“

28

Khal’ak hätte Mitleid mit dem Gurubashi gehabt, der in einer Lache seines eigenen Gewimmers und Gesabbers vor Vilnak’dor kniete, aber sein Bericht wurde nur noch erbärmlicher, als er ihn ein zweites Mal vortrug. Und obendrein hatte er sich von einem Dunkelspeer demütigen lassen. Der Troll blickte zu dem Zandalari-General auf, einen flehentlichen Ausdruck in den tränennassen Augen.

„Dann hab’n sie mir einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet, um mich aufzuweck’n, Meister. Und dieser Troll, er hat mich am Kinn gepackt und mir eine Botschaft für Euch übermittelt. Im Licht der brennend’n Schiffe war sein Gesicht todernst. Er sagte, mit dem Mensch und den Shado-Pan auf seiner Seite würde uns noch viel größere Verwüstung droh’n, falls wir in Pandaria einmarschier’n. Und dann hat er das getan!“

Der Gurubashi strich eine Strähne kastanienbraunen Haares zurück, die ihm in die Stirn gerutscht war. Eine krude, speerförmige Narbe prangte dort in seinem Fleisch. „Damit niemand die Dunkelspeere vergisst, meinte er.“