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„Dann hätte er sein Ziel bestimmt nicht verfehlt.“

„Falls du überleben solltest, zieh ein paar Pfeile aus den toten Zandalari. Sie singen auch noch, wenn sie ein zweites Mal abgefeuert werden.“ Der Mensch klatschte in die Hände. „Würden wir jetzt Lebewohl sagen, würde ich dir die Hand schütteln und dir dann sagen, dass du dich wieder an die Arbeit machen solltest.“

„Und da es kein Lebewohl gibt, sollt’n wir uns direkt wieder an die Arbeit mach’n.“ Der Schattenjäger lächelte und blickte sich ein letztes Mal um. „Wir werden die Mogu heimsuchen und die Klingen, mit denen sie uns erschlag’n, und dann die Fische, die uns fressen. Und wir werden die Fische vergift’n, damit sie all jene töten, die von uns verschont blieb’n. Es ist zwar kein toller Plan, aber immerhin werden wir uns so in der Ewigkeit nicht langweilen.“

31

Khal’ak überkam ein Schauder, als sie den Schrei des Amani hörte. Sie wartete, lauschte darauf, ob das Jaulen wieder lauter wurde, ob es abrupt verstummte oder ob das Poltern von Steinen weitere Schreie ankündigte, doch da war nur das Geheul des Trolls, und es verebbte nun zu einem erbärmlichen Winseln. Entweder war sein Schrei mehr aus Schrecken denn aus Schmerz geboren, oder aber der Schmerz war so stark, dass er das Bewusstsein verloren hatte.

Sie hatte nicht vorgehabt, Amani oder Gurubashi in den Kampf miteinzubeziehen. Natürlich hatte sie eine große Menge beider Trollvölker mitgebracht, denn man konnte wohl kaum von den Zandalari erwarten, dass sie selbst kochten oder Wäsche wuschen oder die Ausrüstung trugen. Unglücklicherweise neigten ihre Truppen aber zu stoischem Gleichmut, was die Fallen anging, die den Weg vor ihnen säumten. Sie schrien nicht, wenn sie in eine hineintappten, und sie gerieten auch nicht in Panik. Kurzum, sie machten nicht genug Lärm, um die anderen auf die Gefahren hinzuweisen.

Und Gefahren hatte es mehr als genug gegeben. Die meisten davon, das wusste Khal’ak, waren das Werk des Schattenjägers. Fallgruben und herabrollende Baumstämme, Felsrutsche und kleine Belagerungsmaschinen, die Pfeile auf sie herabregnen ließen; alles war so platziert, dass es die Vorzüge des Terrains voll ausschöpfte. Der steile Pfad zwang die Truppen, langsamer zu marschieren, und hie und da stauten die Einheiten sich an Engpässen, aber inzwischen hatten die Zandalari gelernt, an diesen Stellen besonders vorsichtig zu sein, sodass sie den Schaden minimieren konnten.

Den körperlichen Schaden zumindest.

Denn Trolle gesundeten schnell, und was sie nicht sofort umbrachte, verheilte wieder. Aber obwohl die Zandalari ihre Verbände wie Symbole des Mutes trugen und die Bemühungen des Feindes verspotteten, konnte Khal’ak doch bereits sehen, welchen Effekt die zahlreichen Fallen auf sie hatten. Sie bewegten sich viel vorsichtiger. Das war nicht unbedingt etwas Schlechtes für eine Armee, aber ihre Leute blieben auch dann zaghaft, wenn Mut und Entschlossenheit gefragt waren.

An manchen Stellen, wo es eine direkte, obschon schwierige Möglichkeit gab, um einen solchen Flaschenhals zu umgehen, kletterten ihre Truppen geschickt den nackten Fels empor. Oben angekommen, fanden sie nicht selten kleine Belagerungsmaschinen vor und Spuren, die von dort zum Eingang von Höhlen führten. Oft bargen diese Höhlen weitere Fallen, außerdem kamen die Zandalari dort nur mühsam voran, und stets fanden sie sich nach fünfzig oder hundert Fuß beschwerlichen Herumkriechens vor einer Barrikade wieder.

Es war frustrierend, aber es war nichts verglichen mit dem, was ein paar Stunden später folgte, als die Kletterer, die sich die Finger aufgekratzt oder Steinsplitter unter ihren Nägeln hatten, plötzlich feststellen mussten, dass ihre Finger und Zehen taub wurden. Dann schwollen sie an. Die Einkerbungen im Fels, an denen sie Halt gesucht hatten, waren mit Giften bestrichen worden, die zwar niemanden töteten, aber sie kampfunfähig machten und zudem schauerliche Halluzinationen auslösten. Fortan zögerten die Zandalari, wann immer sie eine feuchte Stelle oder einen öligen Fleck sahen. Sie versuchten abzuschätzen, ob sie vergiftet waren, und das bedeutete, dass sie von ihrer eigentlichen Aufgabe abgelenkt wurden.

Vol’jin griff ihren Geist an, und er tötete ihren Kampfwillen.

Zudem verhöhnte der Schattenjäger sie. Fast gegen ihren Willen drehte Khal’ak eine kleine Holzscheibe zwischen Daumen und Fingern. Auf eine Seite war das Trollsymbol für die Zahl „Dreiunddreißig“ eingebrannt, auf der anderen das entsprechende Mogu-Zeichen. Diese Scheiben hatten sie auf dem Grund von Fallgruben verstreut gefunden oder an Stellen, von wo aus Späher ihren Vormarsch beobachtet hatten. Gerüchte machten die Runde, wonach eine dieser Scheiben sogar in Khal’aks Zelt gelegen hätte, was darauf hindeutete, dass der Schattenjäger sie hätte umbringen können, ebenso problemlos und unbemerkt, wie er die Soldaten auf der Insel des Donnerkönigs getötet hatte. Was die Zahl anging, so meinten einige, dass es die Jahrtausende seit dem Fall des Donnerkönigs wären oder dass diese Zahl vielleicht eine Rolle bei seinem Untergang gespielt hatte oder dass Vol’jin womöglich der dreiunddreißigste Schattenjäger einer bestimmten Tradition war. Welche Tradition das sein sollte, konnte niemand sagen, und Khal’ak hatte sich gezwungen gesehen, einen Amani hinrichten zu lassen, um zu demonstrieren, was mit Leuten geschah, die solche Gerüchte verbreiteten. Aber die Geschichten hatten in den Köpfen der Krieger bereits Fuß gefasst, und es gab nichts, was sie daran ändern konnte.

Die Theorie, die ihr selbst am besten gefiel, war die, dass jeder Verteidiger geschworen hatte, dreiunddreißig Feinde zu töten, bevor er starb. Das würde bedeuten, dass sie es mit weniger als anderthalb Dutzend Verteidigern zu tun bekommen würden. Doch obwohl solche Schwüre höchstens in den Liedern von Minnesängern strategischen Wert hatten, machte das Ganze Khal’ak doch nachdenklich. Soll ich eine deiner dreiunddreißig sein, Vol’jin?

Sie lauschte im Wind nach einer Antwort, aber sie hörte nichts.

Hauptmann Nir’zan eilte zu ihr und salutierte. „Ein Amani-Koch hat den gesicherten Bereich verlass’n, um sich zu erleichtern. Als er einen passenden Ort gefund’n hatte, gab der Bod’n unter ihm nach. Er fiel nach vorne auf die Knie und hat sich dabei Schenkel, Unterleib und einen Arm aufgespießt. Aber er wird es überleb’n.“

„Hat man ihn bereits befreit?“

„Nein.“

„Dann lass ihn dort und sorg dafür, dass die ganze Truppe an ihm vorbeimarschiert, wenn wir morgen früh weiterzieh’n!“

Der Troll-Krieger nickte. „Wie Ihr wünscht, Mylady.“

„Gut. Falls er genug Kraft hat, um zu überleben, bis alle an ihm vorbeigegang’n sind, kannst du ihn befreien.“

„Ja, Herrin.“

Als er sich nicht bewegte, zog sie eine Augenbraue nach oben. „Und?“

„Ein Bote hat uns Nachricht von der Flotte überbracht. Sie wird nach Zouchin zurückkehr’n. Aus dem Norden zieht ein schwerer Sturm herauf, mit heftigen Winden, Eis und Schnee. Das wird auch die Ankunft der anderen Schiffe von der Insel des Donnerkönigs verzögern.“

„Gut. Dann haben wir mehr Zeit, unsere Stellung in Pandaria zu festig’n, nachdem wir das Kloster zerstört haben.“ Khal’ak blickte am Berg hinauf zu ihrem Ziel und dann nach unten zu ihrem Lager. Die Zelte waren weit verteilt und wo immer möglich auf der Schattenseite von Hügeln errichtet, um sie vor Lawinen oder Angriffen zu schützen. Es brannten zudem nirgends Lagerfeuer; so würde es dem Feind schwerer fallen, ihre Zahl abzuschätzen.

Sie tippte sich einen Moment lang mit dem Finger an die Lippen, dann nickte sie. „Wir müssen möglichst schnell vorstoß’n. Einem Sturm werden wir auf offenem Gelände nicht standhalten können, und wir sind näher am Kloster als an einer sicheren Stelle weiter unten am Berg. In anderthalb Tag’n sollten wir den Gipfel erreichen können, oder?“