Выбрать главу

Die Mönche richteten sich wieder auf; damit war die Versammlung beendet, und alle wandten sich den Tischen mit dem Essen zu. Den Kämpfern am Abend vor der Schlacht reichlich Speis und Trank anzubieten, war ein weiser Zug, und da Chens Gebräu nur wenig Alkohol enthielt, mussten sie auch keine Katastrophe befürchten. Die Mönche hatten reichlich Essen vorbereitet, und der Gedanke, sich heute den Bauch vollzuschlagen, damit der Feind nur noch eine leere Speisekammer vorfand, war für alle ein Quell grimmigen Humors.

Begleitet von Yalia brachte Chen Vol’jin einen Krug seines Gebräus. „Mein bestes Rezept habe ich mir wirklich bis zum Schluss aufgehoben.“

Vol’jin hob den Krug und trank. Der Geruch von Beeren und Gewürzen kitzelte seine Nase, und das Getränk, mehr warm als kalt, hatte ein vollmundiges Aroma, vermischt mit der Schärfe starken Apfelweins. Merkwürdige Geschmackseindrücke, manche sanft und süß, andere herb und stechend, tanzten über seine Zunge, und es wäre ihm schwergefallen, auch nur die Hälfte davon zu identifizieren. Doch sie passten so gut zusammen, dass er gar nicht auf den Gedanken kam, das Getränk zu analysieren.

Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. „Das erinnert mich an die erste Nacht, nachdem wir die Echo-Inseln zurückerobert hatt’n. Ein warmer Abend, eine sanfte Brise, der Geruch des Meeres. Ich verspürte keinerlei Angst, denn ich war genau dort, wo ich sein sollte. Danke, Chen!“

„Ich muss mich bedanken, Vol’jin.“

„Warum das?“

„Deine Geschichte zeigt, dass meine beste Kreation genau das bewirkt, was ich erhoffte.“

„Dann bist du der Größte unter uns, denn du schenkst uns allen Mut. Dies ist der Ort, wo wir zu Hause sind. Ein Ort ohne jede Furcht.“ Vol’jin nickte und nahm einen weiteren Schluck. „Zumindest, bis die Zandalari kommen und ihre Furcht mitbringen. Und wenn es so weit ist, werde ich ihnen noch mehr geben, was sie fürchten können.“

32

Vol’jin musste daran denken, dass dieser Moment, diese unglaublich kurze Ruhe vor dem Sturm der Gewalt, womöglich das Letzte sein würde, woran er sich vor seinem Tod erinnern würde, und sein Herz schlug bei dieser Vorstellung schneller. Die Zandalari waren bis zum Hain der Fallenden Blüten vorgedrungen, obwohl dunkle Wolken den Tag zu einem verfrühten Ende führten. Die ersten Schneeflocken fielen wie Asche auf das Land, und der launische Wind trieb sie mal hierhin, mal dorthin. Die Bäume mit ihrem Kleid aus rosaroten Blüten verbargen die Angreifer, oder zumindest glaubten sie das.

Rechts von Vol’jin, ungefähr ein Dutzend Schritte entfernt, ächzte Tyrathans Bogen, als der Mensch ihn spannte, dann ließ er los. Die Zeit verlangsamte sich so weit, dass der Troll sehen konnte, wie der Pfeil sich verbog, einen Herzschlag lang, bevor er von der Sehne schnellte. Dann verschwand der rote Schaft mit der blauen Befiederung und den Streifen, gekrönt von einer gezackten Spitze, die selbst einen Kettenpanzer durchschlagen konnte, hinter dem rosafarbenen Vorhang der Blüten. Nur zwei kleine Blütenblätter wurden abgerissen, als er hindurchzischte, und sie schwebten gemeinsam mit den Schneeflocken zu Boden.

Weiter entfernt erklang ein gurgelndes Husten im Zwielicht des Abends, dann fiel ein Körper auf die Erde. Und dann brandeten kreischende Kriegsschreie und ebenso alte wie abscheuliche Verwünschungen auf, als die Zandalari in einer gewaltigen Woge nach vorne stürmten.

Einige von ihnen fielen, noch während sie durch den Hain rannten, als wieder Füße in verborgene Gruben einbrachen, und selbst wenn an ihrem Grund keine nach oben gerichteten Dornen gelauert hätten, um ihre Beine zu durchbohren, hätten die Trolle sich allein schon durch die Geschwindigkeit und Vehemenz ihres Sprints Knie und Knöchel gebrochen. Niemand hielt inne, um nach den Gefallenen zu sehen, stattdessen sprangen die anderen einfach in weiten Sätzen über sie hinweg.

Angesichts der ernsten Lage hatte Taran Zhu seine Mönche angehalten, ihre Fähigkeiten bis zum Äußersten auszureizen, dann hatte er ein halbes Dutzend seiner besten Bogenschützen ausgewählt, um mit Vol’jin eine Strategie zu entwickeln, damit jeder einzelne Pfeil mehrere Gegner tötete. Und so schossen nun auf Vol’jins ernstes Nicken sechs Pandaren ihre Pfeile ab, während der Feind zwischen den Bäumen hindurcheilte.

Ihre Vorbereitungen im Hain hatten sich nicht nur auf das Graben von ein paar Löchern beschränkt; zahlreiche Äste waren abgeschnitten und zu Stacheln angespitzt worden, an einige hatten die Mönche Sichelklingen gebunden, und ein paar waren sogar mit Kettennetzen umwickelt, von deren Maschen Dornen abstanden. Sie alle waren im rosafarbenen Blätterdach kaum zu erkennen, und sie alle waren nach hinten gebogen und mit Zeremonienknoten festgemacht worden.

Die Mönche schossen Pfeile mit V-förmigen Spitzen ab, deren Innenseiten geschärft waren, sodass die Kanten mühelos durch die Seile schnitten – und die Äste schnellten nach vorne.

Kettennetze schlangen sich um einen Zandalari wie die Arme einer Geliebten, und er riss sein eigenes Fleisch in Fetzen, als er sich zu befreien versuchte. Sichelklingen bohrten sich durch Hälse oder stießen so tief in die Leiber von Trollen, dass diese vom Boden hochgehoben wurden. Eine Klinge fuhr einem Zandalari quer übers Gesicht, und nachdem sie seine Augen zerfetzt und ein Ohr abgerissen hatte, blieb er unter dem Baum sitzend zurück und versuchte, mit blutigen Fingern seine Züge wieder zusammenzusetzen.

An der nördlichen Seite, vor dem Eingang der Versiegelten Kammern, klickten kleine Belagerungsmaschinen, und einen Moment später segelten Dutzende kleiner, irdener Töpfe durch den Himmel. Sie zerbarsten entlang des Weges vor der schmalen Hängebrücke, die zu der Insel im Herzen des Klosters führte. Einige vergossen stinkendes Gift über den Stein, andere waren mit Öl gefüllt gewesen, um den Boden rutschig zu machen, und wieder andere gaben Flüssigkeiten frei, die sich mit dem Inhalt anderer Töpfe vermischten und beißenden weißen, lilafarbenen und grünen Dampf heraufbeschworen.

Vol’jin hatte gehofft, dass der Gestank den Vormarsch der Trolle verlangsamen würde, doch leider wehte der auffrischende Wind die Schwaden auseinander, und die Schneeflocken, die sie ersetzten, behinderten Vol’jins Sicht nicht genug, um zu verbergen, wie die Zandalari durch den Hain stürmten. Bald würde sie nur noch die Brücke von der Insel trennen, in deren Zentrum der Troll in einem offenen Pavillon wartete, und der Graben, über dem die Brücke sich spannte, war nicht breit genug, um sie aufzuhalten.

„Tyrathan, zieh dich zurück: Sie werden erst stehen bleib’n, wenn ich sie zum Stehen bringe.“ Er riss seine Gleve aus der Hülle. „Ihr alle, zieht euch zurück wie geplant! Und danke!“

Die Mönche und der Mensch verließen die Insel über eine andere Brücke, die sie zu den Belagerungsmaschinen führte. Von dort eilten sie dann nach Süden zum Dojo von Meister Schneewehe, wo sie mit Bruder Cuo und seiner Einheit zusammentreffen würden.

Auf der anderen Seite hatten die Zandalari inzwischen den Graben erreicht. Sie hielten kurz inne, vielleicht, weil sie sich einen Moment erholen wollten, bevor sie weiterstürmten, vielleicht aber auch, weil es sie überraschte, einen einzelnen Dunkelspeer, einen Schattenjäger vor sich auf der Insel zu sehen. Vol’jin sagte sich, dass Letzteres der Grund sein musste, denn andernfalls würden die Zandalari nie zögern.

Er hob die Gleve mit beiden Händen über den Kopf und brüllte in den stärker werdenden Wind hinein. „Ich bin Vol’jin von den Dunkelspeeren, Sohn des Sen’jin von den Dunkelspeeren! Ich bin ein Schattenjäger! Jeden von euch, der glaubt, sein Blut, sein Mut oder seine Fähigkeiten wären mir überleg’n, fordere ich hier zum Duell! Falls ihr auch nur einen Funk’n Ehre im Leib habt oder euch wirklich für tapfer haltet, dann werdet ihr meine Herausforderung annehm’n!“