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»Natürlich«, seufzte ich. »Ich lese sie und fürchte mich. Die verrückten Nomaden, die mich für ihren König halten, haben ihre Zwistigkeiten endlich beigelegt. Ich frage mich, was sie als Nächstes Vorhaben. Wollen sie mich wieder entführen, damit unser Spiel von neuem beginnt?«

»Der Herr der Grafschaft Wuk, der alte Gatschilo, hat König Gurig vor kurzem einen ausführlichen Bericht geschickt. Darin schreibt er, eine Delegation der Nomaden habe sich nach Echo aufgemacht, um Seine Majestät kniefällig zu bitten, dich in deine Heimat ziehen zu lassen. Deine Untertanen hoffen also, dass der König dir empfiehlt, ihren Thron zu besteigen.«

»Schrecklich«, sagte ich, und es fröstelte mich. »Will er mich wirklich loswerden? Darf ich mich als entlaufener Regent nicht seines Schutzes erfreuen?«

»Unsinn, Max - niemand möchte dich hier entbehren. Du müsstest schon selbst um deinen Abschied bitten. Außerdem hat der König eine andere Idee, um mit der Situation fertig zu werden. Ich glaube, mit seiner Lösung können alle zufrieden sein.«

»Alle?«, fragte ich skeptisch. »Wie will er das denn schaffen?«

»Ganz einfach: Du akzeptierst endlich, König der Nomaden zu sein, und setzt dir die passende Krone auf den zerzausten Kopf. Dann wählst du jemanden aus der Delegation zum Vizekönig oder - wenn dir das lieber ist - zum Premierminister und schickst ihn in die Leeren Länder zurück. Du dagegen bleibst in Echo und kannst in Ruhe arbeiten. König Gurig findet sicher eine hübsche kleine Residenz für dich, wo deine Untertanen dich einmal im Jahr besuchen können. Ich finde das eine recht gute Idee.«

»Das ist nichts für mich. Verzeihen Sie, Juffin, aber ich möchte auf keinen Fall König sein - schon gar nicht bei Nomaden.«

»Nichts geschieht gegen deinen Willen«, sagte mein Chef freundlich. »Schade, aber dann müssen wir eben eine andere Lösung finden. Am traurigsten ist darüber sicher König Gurig, denn er hat sich schon sehr gefreut, einen so sympathischen Kollegen in seinen Diensten zu haben. Alle anderen Monarchen sind ziemlich schwierige Charaktere - schwer zu sagen, warum.«

»Das ist doch sonnenklar: Auch mein Charakter wäre rasch verdorben, wenn ich mich dem Herrschen verschreiben würde«, sagte ich lächelnd, vergewisserte mich dann aber für alle Fälle: »Juffin, Sie wollen mich also wirklich nicht zwingen, die Regentschaft anzutreten?«

»Wie denn? Du bist ein freier Mensch. Aber König zu sein, wäre sicher amüsant - und eine der abenteuerlichsten Eskapaden deines ohnehin spannenden Lebens.«

»Und ich wollte gerade seriös werden - wie Lonely-Lokley zum Beispiel.«

»Meinst du, das gelingt dir?«, fragte mein Chef listig.

»Natürlich nicht, aber ich werde mir Mühe geben. Übrigens sollte ich längst zu Hause sein - finden Sie nicht?«

»Sicher. Warum bist du überhaupt noch hier?«

»Weil ich mich mit Ihnen unterhalte und Sie mir die seltsamsten Dinge erzählen«, entgegnete ich geduldig.

»Gut, ich sage kein Wort mehr. Aber wenn du deine Meinung zur Königswürde der Leeren Länder ändern solltest, gib mir Bescheid.«

»Das wäre allenfalls denkbar, wenn ich tatsächlich ein Nachkomme von König Fangachra wäre. Schließlich will ich nicht als Usurpator in die Geschichte eingehen.«

»Diese Rolle ist aber ein Hochgenuss«, erklärte Juffin gönnerhaft. »Du hast ja keine Ahnung von großer Politik.«

»Stimmt«, bestätigte ich bescheiden. »Gut, ich geh dann mal nach Hause. Ich muss endlich schlafen.«

»Ich wette, dass du alles andere tun wirst, als nach Hause zu gehen und an der Matratze zu horchen.«

»Egal, wo ich lande - im Moment bin ich zu nichts anderem als zu Tiefschlaf fähig. Und wenn ich aufwache, bitte ich meine Freundin, mir die Haare zu schneiden.«

»Das spart den Frisör«, sagte Juffin und nickte respektvoll. »Mitunter bist du sehr patent. Dann verschwindet mal schön, Hoheit.«

»Hören Sie endlich auf, sich über mich lustig zu machen! Ich treffe mich heute Abend mit Melifaro, der natürlich auch von den Königsplänen meiner angeblichen Untertanen weiß. Für ihn muss ich schließlich auch noch ein paar scharfzüngige Antworten parat haben.«

»Mach dir keine Sorgen. Improvisation ist deine Stärke.«

»Na schön«, meinte ich lächelnd, setzte mich auf die Fensterbank und sprang von dort lässig auf die Straße der Kupfermünzen. »Ich werde also improvisieren. Schönen Tag noch, Juffin.«

»Hör endlich auf, aus meinem Fenster auf die Straße zu springen«, rief mein Chef mir nach und schüttelte den Kopf. »Ich muss mir ein paar wirksame Zaubersprüche ausdenken, damit es für dich undurchdringlich wird. Wenn du wieder springen willst, sind alle Sicherungen aktiviert.«

»Ist das Ihr Ernst?«, fragte ich erschrocken.

»Möglich - spring also nächstes Mal nicht so unvorsichtig aus dem Fenster.«

Ich nickte, stieg in mein A-Mobil und brauste davon.

Trotz rasender Müdigkeit reichten meine Kräfte, um zu Techi zu kommen. Als ich sie sah, konnte ich noch ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern, schlief aber auf der Schwelle ihres Zimmers ein, und die Arme musste mich ins Bett schleppen.

Leider konnte ich nicht ausschlafen.

»Max, wach auf!«

Diese Stimme kam mir bekannt vor. Ich überlegte, wer unter meinen Freunden und Bekannten es wagen mochte, meinen Schlaf zu stören.

»Was ist denn, zum Henker!«, stöhnte ich verärgert und vergrub den Kopf in den Kissen. »Ich hab gerade erst die Augen zugetan.«

»Na, Sir Nachtantlitz, du nimmst es mit der Wahrheit offenbar nicht so genau. Als ich ins Zimmer kam, waren deine Augen schon zu.«

Vorsichtig hob ich die Lider: Melifaro saß mit gekreuzten Beinen am Fuß des Bettes und rüttelte mich gnadenlos wach.

»Was sind denn das für Grausamkeiten«, jammerte ich wehleidig. »Freund, was ist in dich gefahren?«

»Dich zu quälen, macht Spaß!«, rief Melifaro und schnitt eine Grimasse. »Ich hab deine Freundin Techi endlich überreden können, eine Brille aufzusetzen, und sie hat festgestellt, dass ich viel hübscher bin als du. Also quartiere ich mich hier ein, und du fährst so schnell wie möglich zu Sir Juffin.«

Ich schlug die Hände überm Kopf zusammen, begriff, dass Widerstand zwecklos war, und gab Melifaro ein paar Befehle: »Na schön. Jetzt hol mir aber schnell meine Flasche Kachar-Balsam von der Fensterbank. Und geh zu Techi und sag ihr, dass ich ohne Kamra keinen Fuß aus diesem Zimmer setze. Und dann erklärst du mir endlich, warum du hier bist. Bis jetzt kapiere ich nämlich rein gar nichts.«

Ich unterbrach meine Ansprache, nahm einen großen Schluck Kachar-Balsam und fiel wieder in die Kissen zurück.

Melifaro nahm meine herrische Anwandlung gelassen und ging mir wortlos Kamra holen. Auch er wusste, dass dies die einzige Methode war, mich aus dem Bett zu bekommen.

Nach ein paar Minuten kehrte er mit einem kleinen Tablett zurück. Sein Blick war seltsam milde geworden.

»Warum bringst du nur eine Tasse?«, fragte ich gereizt.

»Brauchst du etwa zwei?«, gab Melifaro überrascht zurück. »Du hast inzwischen wirklich königliche Allüren.«

»Die zweite Tasse ist für dich gedacht - ich bin nämlich gastfreundlich.«

»Da ist sie«, sagte Techi finster und trat ebenfalls mit einem Tablett ein. »Das ist die Kamra für Sir Melifaro und dazu noch etwas Gebäck.«

Techi stellte das Tablett auf den Nachtschrank und ließ den Kopf hängen.

»Ich hatte immer befürchtet, Max würde aus meinem Schlafzimmer ein Gasthaus machen, und genau das geschieht gerade. Jetzt werde ich nachts im Bett Krümel finden. So sieht eben das so genannte Beziehungsglück aus.«

»Viele Leute haben dich davor gewarnt, dass Sir Max etwas seltsam ist, liebe Techi. Auch ich sage das jedem, der es hören will«, meinte Sir Melifaro und lächelte unschuldig.

»Was gibt's?«

»Juffin geht weg«, antwortete Melifaro mit vollem Mund.

Mir stockte der Atem. »Er geht weg? Was heißt das?«