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»Nimm das nicht so ernst, Max. So redet er mit allen«, meldete sich Sir Kofa per Stumme Rede, und ich merkte, dass ich mein Staunen nicht hatte verbergen können.

»Schon in Ordnung. Langsam gefällt mir das sogar. Er näselt so hübsch und vermeidet es, mich mit >Sir« anzureden. Das klingt angenehm demokratisch. Außerdem habe ich eine Vorliebe für Menschen, die vor mir und meiner Funktion keine Angst haben.«

»Da Sie heute erstmals bei mir sind, fühle ich mich verpflichtet, Ihnen bei der Auswahl des Menüs zu helfen«, sagte Mochi streng.

»Hör nicht auf ihn, Junge«, mischte Kofa sich ins Gespräch. »Ich weiß besser, womit du anfangen solltest.«

»Nein, Kofa, das wissen Sie nicht. Zurzeit wohnt die Schwester meiner Frau bei mir. Sie hat einen Mann aus Tulan geheiratet, und so haben Sie heute die einmalige Chance, einige Gerichte der dortigen Küche zu probieren. Das ist eine großartige Gelegenheit, Ihren Horizont zu erweitern.«

»Hört sich spannend an«, meinte ich.

»Das klingt nur so«, meinte Kofa skeptisch. »Diese Frau ist schon seit einem halben Jahr hier, und ich hatte bereits mehrfach Gelegenheit, die Küche von Tulan kennen zu lernen. Sie ist ganz einfach und völlig unspektakulär. Kushi auf kumanische Art dagegen - das ist wirklich etwas Besonderes. Oder Honigpute auf isamonische Art. Hast du schon bemerkt, dass es hier vor allem exotische Gerichte gibt?«

»Ich tue mein Bestes, die Leute davon zu überzeugen, dass wir nicht nur in einem Vereinigten Königreich leben, sondern in einer großen, rätselhaften Welt voller Völker, deren Kultur unsere Aufmerksamkeit verdient«, sagte der Wirt, und seine Stimme klang erneut gereizt. »Aber ich muss noch mal betonen, dass man all die Gerichte, von denen Sie eben gesprochen haben, Kofa, immer wieder bestellen kann, während die tulanische Küche

»Zu den Magistern mit Ihnen, Mochi! Servieren Sie mir also eine Spezialität aus Tulan. Davon werde ich schon nicht sterben«, sagte ich resigniert. »Schließlich hab ich mal fünf Hamburger auf einmal gegessen und überlebt.«

»Was hast du gegessen, Max?«, fragte Kima interessiert.

»Hamburger sind eine Spezialität der Leeren Länder, auf die wir sehr stolz sind«, sagte ich aufgeblasen. »Ich habe zwar den Verdacht, dass dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, aber beweisen kann ich nichts.«

»Polemik gehört jedenfalls nicht zu deinen Stärken, Max«, seufzte Kofa enttäuscht. »Ich hätte nie gedacht, dass du so leicht zu überzeugen bist. Aber mach, was du willst - ich nehme Kushi.«

»Auf kumanische Art?«, fragte der Wirt so gereizt wie zuvor und notierte die Bestellung.

»Jedenfalls nicht auf tulanische Art.«

»Für mich bitte das Gleiche«, sagte Kima Blimm, der auch endlich einen Wunsch äußern musste. »Du, Kofa, bist in diesem Bereich der größte Experte. Deshalb ist deine Wahl für mich absolut verbindlich.«

»Siehst du?«, meinte Kofa und wandte sich mit einem viel sagenden Blick an mich. »So handeln kluge Menschen.«

»Macht nichts«, antwortete ich und winkte resigniert ab. »Ich habe mir ohnehin vorgenommen, alle Gerichte in diesem wunderbaren Wirtshaus zu probieren. In einem Jahr erkennst du mich nicht wieder. Dann bin ich der Stammgast hier und obendrein der Dickste im Lokal.«

»Gratuliere, Mochi. Sie haben einen neuen Stammkunden«, meinte Kofa lächelnd. »Und das ist mein Verdienst, denn ich habe ihn mitgebracht.«

»Besser spät als nie«, brummte der Wirt und nahm mir die Speisekarte weg, für die ich ohnehin keine Zeit hatte. »Wissen Sie schon, was Sie trinken wollen?«

Der Klang seiner Stimme ließ vermuten, er würde uns auspeitschen, wenn wir keine Antwort parat hätten.

»Nichts«, sagte mein Kollege und lächelte breit. »Im Prinzip sind Max und ich dienstlich hier, dürfen also keine gefährlichen Getränke zu uns nehmen. Und auch Kima wird sich beherrschen, da er Zugang zum Weinkeller des Siebenzackigen Blattes hat.«

»Du hast nicht über mich zu verfügen«, protestierte Kima lächelnd. »Ich wollte Mochi gerade um ein paar edle Tropfen bitten. Man kann doch mal probieren.«

»Und ich trinke Kamra«, rief ich.

»Vor dem Essen? Sir Max, haben Sie denn keine Angst vor den Dunklen Magistern?«, fragte der Wirt streng.

Er schien drauf und dran, mir mit dem Zeigefinger zu drohen.

»Natürlich vor dem Essen«, rief ich. »Und nach dem Essen selbstverständlich auch. Seien Sie froh, dass ich mich beim Essen mit dem Trinken zurückhalte.«

»Danke für Backobst«, sagte der Wirt gereizt wie immer und zuckte die Achseln.

Obwohl er die ganze Zeit mufflig war, hatte ich seine Augen hinter der Brille ausgesprochen freundlich funkeln sehen. Mochi Fa hatte einen seltsamen, sehr rauen Charme. Ich verstand gut, warum mein Chef ihm vor langer Zeit Geld für dieses Wirtshaus geliehen hatte. Auch ich wäre an seiner Stelle weich geworden.

Mochi kam nach wenigen Minuten wieder an unseren Tisch, stellte ein paar Tassen mit Kamra vor uns ab, schüttelte erstaunt den Kopf, enthielt sich aber jeden Kommentars. Kima Blimm bekam ein kleines, dunkles Fläschchen.

»Das ist Wein aus Iraschi«, sagte der Wirt streng zu ihm. »Anders als die Kamra ist der Wein von dort durchaus genießbar - genau wie die Süßigkeiten.«

Das Essen kam eine halbe Stunde später. Mein namenloses Gericht aus Tulan erwies sich als verführerisch duftender Pilaw. Meine Gesprächspartner schüttelten den Kopf, aber ich war zufrieden.

»Und so was schmeckt dir?«, fragte Kofa erstaunt. »Na, mein Kushi ist sicher besser.«

»Ach, das probiere ich bestimmt auch mal. Weißt du, ich glaube, ich schaffe es sogar, Juffin mal wieder hierherzubringen.«

»Wirklich?«

»Vergiss bitte nicht, dass ich inzwischen Zugang zu den größten Geheimnissen von Lojso Pondochwa habe«, sagte ich augenzwinkernd. »Wenn etwas passiert, befindet sich sein einziges Kind in meiner Macht. Und eines Tages werde ich so überzeugt von mir sein, dass ich Juffin einfach mitbringe.«

»Kofa, kennst du den Herrn dort?«, fragte Kima Blimm plötzlich.

»Den mit der Brille? Nein. Der schreckliche Mochi hat heute offenbar Glück und gewinnt lauter neue Gäste.«

»Der Kerl hat sogar die gleiche Brille wie der Wirt«, sagte ich erstaunt und schaute mir den Mann genau an, dessen Lochimantel für die Jahreszeit etwas zu warm war.

»Worüber staunst du denn?«, schnaufte Kofa. »Das ist die Standardbrille. Wir haben in Echo nur einen Optiker.«

»Und der fertigt alle Brillen an?«

»Das reicht doch völlig. Es gibt nicht viele, die eine Brille tragen möchten. Und es gibt etliche Wege, das Sehvermögen zu verbessern. Aber manche Exzentriker behaupten, eine Brille würde ihnen stehen«, erklärte Sir Kofa.

»Nuli Karif trägt aber eine ganz andere Brille«, wandte ich ein. »Eine mit rundem Gestell.«

»Natürlich. Er ist Leiter unserer Zollbehörde und hat seine Brille bestimmt von einem Schmuggler bekommen, nachdem die beiden sich sechs Stunden lang prima unterhalten haben. Das jedenfalls würde zu ihm passen. Abes. jetzt trink deine Kamra, damit wir verschwinden können. Unter uns gesagt: Ich muss noch ein wenig arbeiten.«

»Du bist ja heute inkonsequent«, seufzte ich. »Erst willst du dich partout erholen, und jetzt musst du plötzlich arbeiten. Für mein schlichtes Gemüt ist das zu kompliziert.«

»Ich muss mich schon jetzt von euch verabschieden«, sagte Kima Blimm und gähnte herzhaft. »Ich gehöre ins Bett. Richtet meiner Enkelin einen schönen Gruß aus. Ich weiß, dass es sinnlos ist, sie von etwas überzeugen zu wollen. Also sagt ihr bitte nur, dass ich mich nach ihr sehne.«

»Aber gern«, meinte ich nickend. »Wenn Sie wollen, kann ich bei Lady Melamori auch ein gutes Wort für Sie einlegen. Manchmal bin ich ganz gut im Reden.«

»Das habe ich schon gemerkt«, lächelte Kima Blimm. »Ich würde mich freuen, wenn dir das gelingt.«

Er stand auf und verabschiedete sich, während Sir Kofa und ich noch eine Stunde sitzen blieben, da der strenge Mochi beschlossen hatte, wir dürften auf keinen Fall gehen, ohne eines seiner ausgezeichneten Desserts probiert zu haben. Zum Abschied schenkte Mochi mir einen besonders strengen Blick.