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»Was ist, Max?«, fragte Kofa erstaunt. »Das war wirklich eine prima Idee - etwas seltsam zwar, aber ganz ausgezeichnet. Ich hatte erwartet, die Zombies würden sich längst bewegen, aber nichts da«, meinte er, trat an die Figuren heran und musterte sie. Nach ein paar Minuten, die mir unendlich lang vorkamen, drehte er sich zu mir um und sagte: »Sündige Magister - ich fürchte, du hast Recht.«

»Bewegen sie sich tatsächlich?«, fragte ich sichtlich erschrocken.

»Fängt etwa alles wieder von vorn an?«, rief Melifaro empört. »Leute, ich kann nicht mehr!« Wo war bloß seine gute Laune geblieben? »Aber vielleicht täusche ich mich ja«, fuhr er fort. »Nein, sie rühren sich wirklich. Es reicht nicht, die Zombies kurz anzustarren. Ihre Bewegungen sind fast nicht zu sehen. Man muss sich schon minutenlang zu ihnen runterbeugen. Aber der Kunststoff, mit dem sie überzogen sind, ist trotzdem nicht schlecht, denn er bremst sie massiv.«

»Du hast dir zu Recht Sorgen gemacht, Kofa«, sagte ich erstaunt.

»Kein Wunder. Die armen Wesen sind erneut auferstanden, können sich aber kaum bewegen - das ist der Clou.«

»Stimmt«, sagte ich ungerührt. »Sie können ein wenig zucken, aber entlaufen werden sie uns auf keinen Fall.«

»Endlich hast du mal wieder was Vernünftiges gesagt«, meinte Kofa seufzend.

Melifaro lächelte schwach. Den Magistern sei Dank! Seine gute Laune ist eine wichtige Sache in dieser Welt.

»Ich bleibe trotzdem noch ein wenig hier«, sagte ich entschieden. »Egal, wie ihr darüber denkt. Ich kann die armen Polizisten nicht mit diesen Geschöpfen allein lassen. Und ihr geht heim und erholt euch. Das habt ihr euch redlich verdient. Oder ihr geht ins Haus an der Brücke und leistet Melamori Gesellschaft.«

»Mir reicht es völlig, zwei Stunden zu schlafen«, sagte Kofa. »Danach helfe ich ihr.«

»Mir reichen zwei Stunden ganz und gar nicht«, erklärte Melifaro. »Ich mach eine längere Pause, denn ich habe wirklich genug.«

»Du kannst Pause machen, solange du willst - Hauptsache, du bist mittags wieder da«, sagte ich.

»Die Macht schmeckt dir, was? Du bist wirklich ein Tyrann und Despot ohnegleichen. Deine Untertanen tun mir aufrichtig leid.«

»Wenn meine Untertanen wieder in die Hauptstadt kommen, kannst du ihnen ja Gräuelmärchen über mich erzählen«, fuhr ich ihn an. »Und jetzt Gute Nacht. Besser gesagt: Guten Tag!«

Meine beiden Kollegen gingen. Ich blieb auf der bemoosten Grabplatte zurück und blies Trübsal. Bei den Polizisten war gerade Schichtwechsel, und Kapitän Tschekta Schach trat mit frischem Personal an.

»Tschekta«, begann ich, »schicken Sie bitte einen Ihrer Männer in die Stadt. Wir brauchen Draht - mindestens hundert Meter. Ich döse jetzt etwas, und wenn Ihr Mitarbeiter zurück ist, sage ich Ihnen, wie wir weiter vorgehen.«

Nachdem ich meinen Befehl erteilt hatte, legte ich mich ins nasse Friedhofsgras. Kaum war ich eingeschlafen, träumte mir, ich sei wieder in die Welt zurückgekehrt, aus der ich stamme. Ich glaubte, wieder in der Straßenbahn zu sitzen, die mich damals aus meiner Welt nach Echo gebracht hatte. Diesmal aber musste ich meine Fahrkarte bezahlen, doch ich hatte kein Geld dabei. Der Schaffner stand mit grimmiger Miene neben mir und drohte, mich aus dem Zug zu werfen, doch vor den Fenstern erstreckte sich nichts als Leere. Auch der Trambahnfahrer ließ ein paar böse Bemerkungen über mich - den blinden Passagier - fallen. Es ging mir in meinem Traum sehr schlecht, und ich wusste nicht, was ich machen sollte.

Aber zum Glück wachte ich auf, und als ich die Augen öffnete, sah ich die Polizisten eine Rolle Draht heranwuchten. Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu erinnern, dass und warum ich sie um den Draht gebeten hatte. Beim Aufwachen hatte ich nur ein Mittel gegen die Zombies im Kopf: Weihwasser. Die Magister mögen wissen, in welchem Winkel meines Hirns ich diese Idee ausgebrütet haben mochte.

Sofort befreite ich mich von dieser Wahnvorstellung und erinnerte mich daran, was ich mit der Drahtrolle vorhatte.

»Jetzt müssen wir uns etwas anstrengen«, sagte ich zu den Polizisten. »Ich möchte, dass Sie alle Plastiken zu einer großen Skulptur verbinden. Machen Sie Knoten an Händen und Füßen, als handele es sich bei den Figuren um echte Verbrecher. Und denken Sie daran: Ich will Sie mit den Zombies allein lassen - es ist also in Ihrem Interesse, meinen Befehl möglichst gewissenhaft zu erfüllen.«

Die Polizisten begannen, die Untoten zu verdrahten. Tschekta Schach lief zwischen seinen Untergebenen umher und sparte nicht mit bösen Bemerkungen. Ich wollte mich schon einmischen, überlegte es mir aber anders. Was ging es mich an, wie er seine Mitarbeiter behandelte? Ich würde ihn ohnehin nicht zu einer klügeren Personalführung bewegen können.

Diese kluge Einsicht passte nicht zu mir, doch ich nahm sie zum Anlass, etwas über mich nachzudenken, winkte aber bald ab. Ich war sehr müde, durfte mir also eine gewisse Wurstigkeit in Fragen der Selbsterkenntnis leisten.

»Einer der Zombies hat sich bewegt«, rief ein junger Polizist erschrocken. »Ich schwör's!«

»Schnauze!«, fauchte Tschekta ihn an. »Mach weiter und red kein dummes Zeug.«

»Das ist kein dummes Zeug«, sagte ich so leise wie bestimmt. »Die Skulpturen bewegen sich - deshalb muss man sie aneinanderfesseln. Ich hab Ihren Leuten schließlich nicht aus Daffke befohlen, mit dem Draht zu hantieren.«

Nach dieser Bemerkung setzte ich mich wieder ins Gras. Tschekta Schach sah mich schief an, schwieg aber.

Kurz darauf war die Arbeit beendet. Die mit Kunststoff beschichteten und an Händen und Füßen aneinandergefesselten Zombies lagen still im Gras. Ich konnte beruhigt nach Hause gehen - und genau das tat ich mit dem größten Vergnügen.

Unterwegs gewann ich neue Kräfte und sah noch im Haus an der Brücke vorbei, wo zu meiner großen Freude auch Sir Kofa saß.

»Ich habe Befehl gegeben, alle Zombies zu fesseln«, rief ich ihm von der Türschwelle zu. »Jetzt können sie kein Unheil mehr anrichten. Und in einer Woche kehren Juffin und Schürf zurück und stellen die Ordnung wieder her.«

»In einer Woche? Was heißt das?«, fragte Sir Kofa.

»Das sind sieben Tage«, antwortete ich seufzend. »Es gibt eine Gegend, wo man Zeit in dieser seltsamen Einheit misst.«

»In den Leeren Ländern, was?«, fragte er lächelnd. »Schon gut. Geh schlafen, Max. Du siehst müde aus. Jetzt, wo alle Zombies vertäut sind, kannst du dich richtig entspannen.«

»Aber wenn etwas schiefgehen sollte

»... melde ich mich sofort bei dir, Max. Und jetzt ab ins Bett.«

Ich fuhr zu mir nach Hause, in die Straße der gelben Steine also, denn ich wollte Techi mein müdes Gesicht ersparen, das alles andere als hübsch war.

Einschlafen konnte ich freilich nicht, obwohl ich zum Umfallen müde war. Ich wälzte mich im Bett herum und dachte an das kleine Schlafzimmer in meiner früheren Wohnung in der Straße der alten Münzen. Dort hätte ich sicher problemlos schlafen können. Es hätte gereicht, die Augen zu schließen, und schon hätte mir die Ritze zwischen den Welten offen gestanden. Dieser Gedanke ließ mich unmotiviert auflachen. Es ging mir wirklich nicht besonders gut.

So verbrachte ich drei volle Stunden. Dann ging ich ins Bad hinunter, legte mich in eine Wanne und trank danach eine volle Tasse Kachar-Balsam. Das war eine große Portion, aber ich hatte Fieber und musste dringend etwas dagegen tun. Es war mir so lange gut gegangen, dass ich schon beinahe vergessen hatte, wie es sich anfühlte, krank zu sein.

Als ich schon jede Hoffnung auf rasche Genesung verloren hatte, kehrte mein Wohlbefinden plötzlich zurück. Genüsslich rauchte ich eine Zigarette und meldete mich per Stumme Rede bei Kofa.

»Ich kann nicht einschlafen«, klagte ich. »Das ist ganz untypisch für mich. Wie läuft es auf dem Friedhof?«

»Ganz gut. Unsere Zombies versuchen ab und an, sich zu bewegen, aber sie können fast nichts ausrichten. Versuch also zu schlafen.«

»Das würde ich ja gern, aber es klappt nicht. Ich fahre lieber zum Haus an der Brücke. Zu etwas muss ich schließlich gut sein.«