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Alle erlaubten Mittel sind anzuwenden, um die Freundschaft mit den Eingeborenen zu pflegen. Sie sind mit aller nur erdenklichen Leutseligkeit zu behandeln.

Es sollen eine oder mehrere tüchtige Personen ernannt werden, die berechtigt sind, mit den Eingeborenen um alle Arten von Lebensmitteln, Früchten und anderen Erzeugnissen den Handel zu führen.

Wer am Ufer Arbeiten zu verrichten hat, soll seine Pflicht mit allem Fleiße erfüllen. Wenn er jedoch aus Nachlässigkeit eine seiner Waffen oder Gerätschaften verliert oder sich bestehlen lässt, wird ihm der Wert von seiner Besoldung abgezogen werden. Zudem soll er bestraft werden, je nachdem, welches Vergehen zugrundeliegt.

Mit einer Bestrafung müssen auch diejenigen rechnen, die irgendetwas vom Schiff und seinen Vorräten rauben, um damit handeln zu wollen.«

Er ließ das Papier sinken und schwieg einen Moment. »Und von Bord geht mir nur, wer hier ohne ein venerisches Leiden angekommen ist.«

Mary stutzte. Hatte sie den Kapitän richtig verstanden? Flugs suchte ihr Blick Carl, auch seine Stirn lag in Falten. Sollte jetzt wirklich jeder dieser Männer vor sie beide treten, sein Gemächt auspacken und es ihnen vorhalten? Sollten sie es anpacken, die Hoden heben und den Schritt abtasten? Ihr schwindelte. Und was war, wenn Carl darauf bestand, auch sie zu untersuchen?

Seine Hand fiel auf ihre Schulter. »Marc, ich bin dafür, dass du die Arbeitsmaterialien für die Exkursion zusammenstellst, während ich die Untersuchungen vornehme«, sagte er laut.

Mary atmete tief durch, eine Welle der Erleichterung durchlief sie.

Der Kapitän hielt inne und wandte sich um. »Carl, in diesem Fall muss ich, auch wenn mir dies sonst nicht in den Sinn käme, in Eure Arbeit eingreifen. Ich bestehe darauf, dass die Untersuchungen zügig durchgeführt werden, Ihr könnt kaum erwarten, dass sich neunzig Mann hier über Stunden gedulden werden.«

»Es wird schnell gehen, auch wenn ich das alleine erledige.«

»Nein, ich lasse mich, was die Untersuchungen betrifft, auf keinerlei Diskussionen ein. Bitte nehmt unverzüglich die Arbeit auf.«

Carl wandte sich Mary zu. Seine Augen glänzten vor Wut. »Marc, du hörst, was der Kapitän angeordnet hat. Ich würde vorschlagen, wir treiben die Männer hinter den Hauptmast. Zum Beiboot vorgelassen wird man nur nach unserer Untersuchung. Könntest du die Vorbereitungen treffen?«

Mary fragte nicht weiter und leistete seiner Bitte Folge.

»Hier sind die Instrumente«, sagte sie und stellte Doc Havenports Koffer und Carls Tasche ab.

»Hocker wären gut, holst du die noch?«, fragte Carl und öffnete den Koffer.

»Seth bringt sie uns«, sagte Mary und knetete ihre Hände. »Worauf muss ich achten? Ich kenne die Anzeichen nicht.«

»Geschwüre auf der Schleimhaut. Schwellungen in den Leisten. Du wirst es schon bemerken. Aber ich denke, dass einige der Kerle es trotz der Bemühungen der letzten Tage mit der Reinlichkeit nicht so genau nehmen, deshalb musst du«, er seufzte, »genau hinschauen.« Er reichte ihr einen Spatel.

Mary schaute auf das glänzende Metall in ihrer Hand. Geschwüre auf der Schleimhaut. Schwellungen in den Leisten. Vielleicht war das einer der Gründe, weshalb Schiffsärzte so gern übermäßig tranken. Vielleicht ekelten sie sich selbst des Öfteren in ihrem Beruf. Grog. Doc Havenport hatte sich in jeder Lebenslage auf seinen Grog berufen. Mit einem Mal erschien ihr dieser Gedanke nachvollziehbar.

»Lass dir Zeit, ich habe die Symptome mehrfach zu Gesicht bekommen. Sicherlich werde ich zügig die Diagnose stellen und vorankommen. Solltest du Fragen haben, frag nach.«

Ich muss auf der Hut sein! Er ist derart darum bemüht, mir die Untersuchung zu ersparen, dass sich die Frage stellt, ob er etwas ahnt. Jetzt darf ich nicht zimperlich sein, beschwor Mary sich und sank auf den von Seth bereitgestellten Hocker.

Edison war der Erste, der vor ihr stand. Er ließ seine Hose in die Knie sinken. Weiß und schlaff baumelte sein Gemächt vor ihren Augen.

Nenne das Ding jetzt bloß nicht Gemächt.

Schwanz und Eier.

Schwanz und Eier.

Du hast es oft genug gehört.

Mit dem Spatel hob Mary das Gemächt in die Höhe.

»Heb mal deine Dinger, na, die Eier an«, sagte sie.

Ohne mit der Wimper zu zucken, griff Edison sich in den Schritt und zog sie in die Höhe. Falten in braunrosa und Haare, mehr konnte sie nicht entdecken. So lässt es sich machen, dass ich wenigstens keinen der Kerle anrühren muss, dachte sie und seufzte. Und solange wir hier unsere Arbeit verrichten, muss ich mir keine Gedanken darum machen, ob Carl sich mit den Inselschönheiten amüsiert.

Die nächste Hose wurde vor ihren Augen geöffnet. Ans andere Ende der Welt bin ich gereist. Wallis war hier, Bougainville und Cook. Jetzt bin ich hier, schaue der Hälfte der Kerle aufs baumelnde Gemächt und habe dabei nur eine Sorge: Carl und die Frauen, denen wir gleich begegnen werden.

Sie schüttelte den Kopf.

***

Das Schiff sah aus wie die anderen zuvor. Es glich einem riesigen Wald, der auf dem Meer dahergetrieben kam. Langsam passierte es das Riff, und kurz darauf wurden die kleinen Boote zu Wasser gelassen. Die Männer benahmen sich wie die anderen zuvor, die vor vielen Monden hier angekommen waren und der Insel längst wieder den Rücken gekehrt hatten. Sie betraten den Strand, und einige von ihnen fielen auf die Knie, ließen ihre Hände durch den Sand gleiten, nahmen ihn und warfen ihn um sich. Sie lachten. Sie lachten immer, wenn sie ihre Schiffe verließen, die Männer mit den eckigen Köpfen und ihrer merkwürdig anzuschauenden weißen Haut. Dieses Mal nahmen sie von sich aus die Palmenwedel und traten auf die Lichtung, um die Blätter übereinanderzuwerfen. Sie mussten von den Ritualen gehört haben, denn sie schienen zu wissen, dass jetzt der Frieden besiegelt war.

Owahiri bemerkte, dass sein Sohn Tupaia und dessen Freunde sich im Hintergrund hielten. Die meisten von ihnen waren, als das letzte Schiff in Tahiti angelegt hatte, noch nicht einmal geboren gewesen. Sie kannten nur die Erzählungen und warteten ab. Erst als die Ältesten den Fremden furchtlos entgegentraten, drängten sie vor. Neugierig keilte sich nun ein jeder, von den Jüngsten bis zu den Ältesten, um die Männer mit den hellen Augen. Die Mutigeren von ihnen nahmen die Hände der Gäste und tasteten sie ab.

Owahiri konnte sich an das erste Schiff erinnern, dessen Ankunft er erlebt hatte. James Cook, der Wortführer des Schiffes, war ein baumlanger Mann gewesen. Sehr dünn, sehr weiß, sehr zurückhaltend. Einfach angenehm in seinem Wesen. Zweimal war er noch auf ihre Insel gekommen, und bei seiner zweiten Reise hatte er Omai von Huahine mitgenommen. Ob Cook wieder mitgekommen war?

Einst hatte Owahiri, so wie es sein Sohn jetzt tat, selbst den weichen Stoff, den einer der Fremden über seinen Leib gedeckt hatte, in die Höhe geschoben. Er hatte die Haut abgetastet, die anders ausgesehen, aber sich so angefühlt hatte wie die seine. Glatt und weich. Zu seiner Verwunderung hatte er nirgends eine Tätowierung entdecken können. Ob ihr Hinterteil schwarz tätowiert war wie sein eigenes, hatte er sich gefragt. Zu gern hätte er damals, um eine Antwort zu finden, auch die Hüllen entfernt, in denen ihre Beine steckten. Doch er hatte sich zurückgenommen und gewartet, bis die ersten von ihnen in den Wellen des Meeres ihr Bad nahmen.

Owahiri trat einen Schritt vor. Am Strand löste sich das Gedränge auf, die ersten Ankömmlinge wurden über die Insel geführt. Immer noch wurden Männer vom Schiff an Land gerudert. Er musterte die Insassen des kleinen Bootes.