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»Na, Angelsachse, willst du deine Sünden bekennen?« rief Fianamail. Eadulf würdigte ihn keiner Antwort, und der junge König wandte sich ungeduldig an Abt Noe. »Du bist sein religiöser Vorgesetzter, Noe. Du hast die Aufgabe, ihm die Beichte abzunehmen.«

Abt Noe lächelte verkniffen. »Vielleicht glaubt er nicht an die römische Form der öffentlichen Beichte und würde seine Sünden lieber nach Art unserer Kirche einem Seelenfreund ins Ohr flüstern?«

»Meine Beichte wird dich nicht interessieren, denn ich bin unschuldig an den Verbrechen, die man mir zur Last legt«, entgegnete Eadulf, gereizt durch ihr Zögern. »Bringt euren Mord nur zu Ende.«

Doch Fianamail meinte anscheinend, daß dem Gesetz durch eine Beichte Genüge getan werden sollte.

»Weigerst du dich auch jetzt noch, deine Schuld einzugestehen? Du bist im Begriff, vor das Angesicht des allmächtigen Gottes zu treten und für diese Schuld zu büßen.«

Trotz der unmittelbaren Todesgefahr mußte Eadulf lächeln. Es war eine unbewußte Reaktion.

»Dann weiß Er auch, daß ich nicht schuldig bin. Denke daran, Fianamail, König von Laigin, daß Mo-rann, ein Brehon und Weiser eures Landes, einmal gesagt hat, der Tod lösche alles aus - außer der Wahrheit.«

Er hörte Fianamails erbittertes Schnaufen, dann fühlte er, wie die Schlinge sich zuzog, als der Schemel unter ihm weggestoßen wurde.

Bischof Forbassach und seine Gefangenen waren in Fearna angekommen. Sie wurden direkt in den Hof der Abtei geleitet, zum Absitzen aufgefordert und unter Bewachung in die Kapelle geführt. Schwester Etromma hatte das Erscheinen Fials mit einigem Erstaunen wahrgenommen. Die Äbtissin wollte sich selbst um das Mädchen kümmern und nahm es mit sich fort.

Fidelma, Coba, Dego und Enda sahen sich Bischof Forbassach gegenüber, der sie grimmig musterte.

»Nun, Forbassach?« fragte ihn Fidelma. »Hörst du mich jetzt an? Erlaubst du mir, die Beweisführung fortzusetzen, die ich in Cobas Halle begonnen habe?«

Befriedigung spiegelte sich in seiner Miene.

»Du bist so gerissen wie ein Fuchs, Fidelma von Cashel«, sagte er. »Nein. Ich werde nicht zulassen, daß du deine Lügen noch weiter verbreitest. Äbtissin Fainder hat mir unterwegs erklärt, was du vorhast. Du versuchst, diese Abtei, die Äbtissin, die Mönche und Nonnen und das Gesetz von Laigin in den Schmutz zu ziehen. Das wird dir nicht gelingen.«

»Du bist entweder töricht oder an diesen Verbrechen beteiligt, Forbassach«, erwiderte Fidelma gelassen. »Entweder willst du sie im nachhinein decken, oder du bist selbst darin verwickelt. Anders läßt sich deine Dummheit nicht erklären.«

Die Augen des Bischofs verengten sich kampflustig.

»Am liebsten würde ich Anklage gegen dich und deine Gefährten erheben, Fidelma. Ich weiß wohl, daß du die Schwester des Königs von Cashel bist, aber selbst vor der Drohung mit seinem Unwillen werde ich diesmal nicht zurückweichen. Du bist zu weit gegangen. Der Einfluß deines Bruders schützt dich nicht mehr. Ich werde die Angelegenheit mit Fianamail besprechen, bevor ich eine Entscheidung treffe, und in der Zwischenzeit wirst du mit deinen Begleitern hier in der Abtei in Haft bleiben.«

Dego trat vor.

»Das wirst du bereuen, Bischof«, sagte er ruhig. »Wenn du Hand an Fidelma legst, hast du das Heer von Muman an eurer Grenze. Mit dieser Drohung gegen meine Herrin hast du dich zweifach schuldig gemacht. Du bist schuldig, eine ddlaigh bei Gericht bedroht zu haben, und du bist schuldig, weil du es wagst, die Schwester unseres Königs zu bedrohen.«

Die Worte des jungen Kriegers schienen an Forbas-sach abzuprallen.

»Deines Königs, nicht meines Königs, junger Mann. Und deine Drohung mir gegenüber habe ich auch zur Kenntnis genommen. Du wirst genug Zeit haben, über diese Drohung nachzudenken und darüber, wie sie in diesem Land bestraft wird.«

Dego wollte eine Bewegung machen, doch Fidelma legte ihm die Hand auf den Arm. Sie hatte gesehen, daß Forbassachs Krieger ihre Schwerter gezogen hatten.

»Aequam memento rebus in arduis servare men-tem«, murmelte sie ein Zitat aus den Oden des Horaz, um Dego daran zu erinnern, bei schwierigen Aufgaben einen klaren Kopf zu bewahren.

»Ein kluger Rat, wenn du am Leben bleiben willst.« Der Bischof grinste höhnisch. Dann befahl er seinen Kriegern: »Schafft sie fort!«

»Einen Moment«, widersprach Fidelma, und ihr gebieterischer Ton ließ sie innehalten. »Was hast du mit Coba vor?«

Bischof Forbassach sah den bo-aire von Cam Eo-laing an. Dann lachte er boshaft.

»Was würde dein Bruder mit einem Verräter machen, der sich gegen das Gesetz gestellt und gegen seine Autorität rebelliert hat? Er wird sterben.«

Bruder Eadulf hörte einen Ruf und schloß die Augen. Dann spürte er, wie er fiel und sein Körper schwer auf dem Boden aufschlug. Einen Moment lag er da, nach Luft ringend und verblüfft, bis ihm klar wurde, daß er tatsächlich auf dem Erdboden gelandet war. Der Strick mußte gerissen sein, als der Schemel unter ihm weggestoßen wurde. Sein erster Gedanke galt der Angst, daß er nun das Ganze noch einmal durchmachen müßte. Er öffnete die Augen und spähte nach oben.

Sein Blick fiel zuerst auf Bruder Cett, der mit erstaunter Miene und mit wie zur Ergebung ausgebreiteten Armen dastand. Dann hörte er neue Rufe. Jemand beugte sich über ihn und stellte ihn auf die Füße. Er schaute in ein junges, irgendwie bekanntes Gesicht, das ihn anlachte.

»Bruder Eadulf! Lebst du noch?«

Verständnislos sah er den jungen Mann an und versuchte sich an ihn zu erinnern.

»Ich bin’s, Aidan, aus der Leibgarde des Königs Colgü von Cashel.«

Verwirrt schaute Eadulf zu, wie der Krieger ihm die Fesseln durchschnitt. Er konnte nicht sprechen, sein Hals war so wund.

Nun erblickte er mehrere berittene Krieger, reichgekleidet und bewaffnet. Einer von ihnen trug ein großes blaues Seidenbanner. Bei ihrem Erscheinen waren Fianamail und seine Begleiter vor Schreck und Überraschung erstarrt.

Unter den gerade eingetroffenen Reitern befand sich ein Mann unbestimmbaren Alters, der auf einer mächtigen Rotschimmelstute saß und dessen Kleidung einen hohen Rang oder ein hohes Amt verriet. Er hatte eine vorspringende Nase und helle, klar blickende Augen, und seine Miene war streng und verschlossen.

Fianamail zitterte vor Wut. Sein Gesicht lief hochrot an.

»Eine Unverschämtheit!« Seine Stimme überschlug sich fast. »Das ist eine Unverschämtheit! Dafür werdet ihr büßen! Wißt ihr denn nicht, wer ich bin? Ich bin der König. Für diese Frechheit müßt ihr sterben!«

»Fianamail!« rief die spröde Stimme des Reiters, der sich nach vorn schob, wo der König hielt. »Sieh mich an!« Sein Ton war nicht laut, aber er verschaffte sich Gehör.

Der König blickte ihn verdutzt an und versuchte seinen Zorn zu beherrschen.

»Schau mich an und erkenne mich. Ich bin Barran, der Oberrichter aller fünf Königreiche von fiireann. Dies sind die Fianna des Großkönigs. Und hier ist meine Vollmacht, der du nun zu gehorchen hast.«

Er hielt ihm seinen kunstvollen Amtsstab hin, der mit Edelsteinen besetzt und mit Gold- und Silberstreifen verziert war.

Fianamails Gesichtsfarbe wandelte sich von rot zu weiß. Nach kurzem Zögern stammelte er in etwas ruhigerem Ton. »Was hat das zu bedeuten, Barran? Ihr habt eine rechtmäßige Hinrichtung unterbrochen. Dieser Mann ist ein Angelsachse, der der Vergewaltigung und Ermordung einer jungen Novizin schuldig gesprochen wurde. Er ist ein gefährlicher Mensch. Er hat ein faires Verfahren bekommen, und eine faire Berufung wurde von meinem Brehon, Bischof Forbas-sach, und mir angehört. Die Vollstreckung des Urteils ist legal und ...«