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»Das stimmt. Er sollte der Äbtissin melden, daß ich dem Angelsachsen Freistatt gewährt hatte.«

»Lügen!« schrie Äbtissin Fainder. »Ich habe keine solche Nachricht erhalten.«

Coba sah sie traurig an und schüttelte den Kopf.

»Mein Bote kam von der Abtei zurück und bestätigte, daß er die Botschaft ausgerichtet hatte.«

Alle Augen wandten sich nun der zitternden Äbtissin zu.

Kapitel 21

»Ich wußte es doch«, tobte Bischof Forbassach und sprang erneut vor Zorn auf. »Dies ist ein Plan, um Äbtissin Fainder anzugreifen und zu verleumden. Das werde ich nicht dulden.«

»Ich habe keinen Plan, Äbtissin Fainder mehr in den Fall zu verwickeln, als sie schon darin verwickelt ist«, erwiderte Fidelma ruhig. »Ich hatte sie allerdings im Verdacht, besonders nachdem ich erfuhr, daß Fainder seit ihrem Eintritt in die Abtei großen Reichtum erworben hat.«

»Barran! Ich beschuldige diese Frau der üblen Nachrede!« rief Abt Noe und erhob sich ebenfalls. »Wir können nicht still dabeisitzen, wenn sie Äbtissin Fainder in dieser Weise angreift.«

»Ich habe nur gesagt, daß ...«, begann Fidelma.

»Leugne es doch!« kreischte die Äbtissin, die plötzlich die Beherrschung verlor. »Du versuchst mich in deinem Netz von Lügen zu fangen!« Einige Zeit und gutes Zureden waren erforderlich, um sie wieder zur Besinnung zu bringen. Als wieder Ruhe herrschte, wandte sich Barran an Fidelma.

»Es hört sich wirklich so an, als würdest du auf eine Beschuldigung der Äbtissin Fainder hinsteuern. Du weist darauf hin, daß es wesentlich darauf ankam, die Todesstrafe nach den Bußgesetzen zu vollziehen. Du fügst hinzu, daß Äbtissin Fainder darauf bestand und daß aus Gründen, die Brehon Forbassach selbst am besten kennt, er dem zustimmte und den König überredete, seine Einwilligung zu geben. Du sprichst ständig von diesem, diesem Marionettenspieler - wie du ihn nennst - als von einem Mitglied der Abtei. Wer könnte besser im Mittelpunkt des furchtbaren Netzes stehen, das du beschreibst, als die Äbtissin selbst? Und nun behauptest du, als wenn das im Zusammenhang damit stünde, daß sie seit ihrer Ankunft in der Abtei reich geworden sei?«

»Lügen! Lügen! Lügen!« schrie die Äbtissin und hämmerte mit der Faust auf die hölzerne Armlehne ihres Stuhls. Bischof Forbassach mußte sie erneut beruhigen.

»Äbtissin Fainder ist indirekt verantwortlich für vieles, was hier geschehen ist, und dazu müssen wir jetzt kommen. Aber ich habe schon nachgewiesen, daß sie Gabran nicht getötet hat.«

Wieder erhob sich ein Stimmengewirr. Barran gebot sofort Ruhe.

»Man könnte«, fuhr Fidelma fort, »sogar sagen, daß Abt Noe indirekt noch mehr Verantwortung trägt für die schrecklichen Vorgänge hier als alle anderen.«

Der Abt fuhr kampflustig hoch.

»Ich? Du wagst mir vorzuwerfen, ich sei an Mord und an diesem schrecklichen Mädchenhandel beteiligt?«

»Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, du seist indirekt verantwortlich für das, was hier geschah. Seit einiger Zeit hast du dich den römischen Anschauungen zugewandt. Mir wurde klar, daß deine Bekehrung erfolgt sein mußte, als du Fainder in Rom kennenlerntest.«

»Ich leugne nicht, daß ich mich zu den Bußgesetzen bekehrt habe«, brummte Noe und setzte sich wieder, behielt aber seine störrische Haltung bei.

»Leugnest du, daß Fainder einen starken Einfluß auf dich ausübte, dich dazu überredete, sie nach Laigin zurückzubringen und sie zur Äbtissin zu machen, während du Fianamail dazu veranlaßt hast, dich zu seinem geistlichen Berater zu ernennen, was dir eine Machtstellung im ganzen Königreich verschaffte?«

»Das ist deine Sicht der Dinge.«

»Es sind die Tatsachen. Du gingst sogar so weit, die Regeln der Ernennungen in der Abtei zu durchbrechen, damit Fainder Äbtissin werden konnte. Du hast behauptet, sie sei deine entfernte Kusine, was sie nicht ist, doch niemand widersprach ihrer Ernennung, auch wenn manche wußten, daß Fainder nicht mit dir verwandt ist. Sobald Fainder Äbtissin geworden war, führte sie die Abtei nach den Bußgesetzen. Du warst in sie vernarrt. Du hast die Ereignisse in Gang gesetzt, Noe. Der Boden, auf dem die Gesetze geändert werden und diese Vorgänge sich abspielen konnten, wurde von dir bereitet durch deine Verliebtheit in diese Frau.«

»Woher weißt du, daß Fainder nicht mit Noe verwandt ist?« fragte Barran rasch. »Und was hat ihr plötzlicher Reichtum damit zu tun?«

»Deog, die Witwe des Wachmanns Daig, ist ihre Schwester«, erläuterte Fidelma. »Deog berichtete mir von dem neuen Wohlstand ihrer Schwester. Fainder besuchte Deog häufig, doch leider war es nicht schwesterliche Liebe, die die Äbtissin so regelmäßig zur Hütte ihrer Schwester reiten ließ, nicht wahr, Forbas-sach?«

Bischof Forbassach lief unter ihrem Blick dunkelrot an.

»Du hast dich auch vor ganz kurzer Zeit zur Anwendung der Bußgesetze bekehrt, nicht wahr?« forschte Fidelma. »Möchtest du uns sagen, warum?«

Zum erstenmal in dieser Verhandlung blieb der Brehon von Laigin auf ihre Frage die Antwort schuldig.

Es war Äbtissin Fainder, die die Antwort gab. Sie war gebrochen und kämpfte mit ihrem Schluchzen.

»Forbassachs Liebe zu mir hatte nichts damit zu tun, daß er sich zum wahren christlichen Recht bekannte«, verteidigte sie ihn. »Er setzte sich für die Bußgesetze ein auf Grund der Logik, nicht wegen unserer Liebe zueinander.«

Ein empörter Aufschrei ertönte im Hintergrund der Halle, und eine Frau wurde von zwei anderen Frauen hinausgeführt. Forbassach hatte sich halb erhoben, doch Fidelma bedeutete ihm mit einer Geste, sich wieder zu setzen.

»Das wirst du nachher mit deiner Ehefrau ausmachen müssen, Forbassach«, meinte sie. Fainder starrte sie feindselig an, doch Fidelma begegnete ihrem Blick ohne Groll.

»Dein neuer Reichtum entsprang der Fülle von Geschenken von Forbassach wie von Noe, ist es nicht so? Sie überschütteten dich mit Gaben, um dich geneigt zu machen. Amantes sunt amentes. Verliebte sind unzurechnungsfähig.«

Die Miene der Äbtissin hätte eine schwächere Persönlichkeit in Angst versetzen können. Forbassach waren diese Enthüllungen sichtlich peinlich, doch er ließ keine Schuldgefühle erkennen. Abt Noe saß schweigend da, völlig niedergeschmettert von dem, was er soeben gehört hatte. Selbst Fidelma fühlte etwas Reue, weil sie ihm die Augen über Fainders Falschheit geöffnet hatte. Er war offensichtlich so von der Äbtissin betört, daß ihn der Gedanke, Forbassach sei ebenfalls ihr Geliebter, wie ein Dolchstoß traf.

»Meine Schlußfolgerung, daß du nicht die Schuldige seist, Fainder, wurde schließlich bestätigt, weil du in Cam Eolaing in Ohnmacht fielst, als ich erklärte, die Person hinter allem Übel sei jemand von hohem Rang in der Abtei. Du wurdest bewußtlos, weil du dachtest, ich meinte einen deiner Liebhaber. Aber welchen

Äbtissin Fainders Gesicht wurde rot vor Beschämung.

»Wenn ich deinen Argumenten folge, Fidelma«, unterbrach sie Barran, »dann sagst du, Äbtissin Fainder habe Gabran nicht getötet. Doch du sagst auch, Fial habe Gabran nicht getötet. Wer hat ihn denn dann getötet - und geschah es auf Befehl der Äbtissin?«

»Laß es mich auf meine Art erklären«, bat Fidelma, »denn eine so komplizierte Verschwörung ist mir noch nie begegnet. Der besagte Marionettenspieler geriet langsam in Panik wegen der steigenden Zahl von Todesfällen im Gefolge von Gabrans erstem Verbrechen. Die Dinge nahmen nicht den erwarteten Verlauf. Jeder Versuch, die Schuldigen zu decken, führte zu immer schlimmeren Fehlschlägen. Wie ich schon sagte, beschloß man, Gabran zum Schweigen zu bringen und den Handel einzustellen - jedenfalls für eine Weile. Die Person, die dazu ausersehen war, Gabran umzubringen, sollte die Abtei zu einem Besuch bei einem Verwandten verlassen, der nicht weit von der Stelle entfernt wohnt, an der Gabrans Schiff vertäut lag. Gabran wartete auf seine neue Fracht. Zwei Mädchen sollten an dem Vormittag in Empfang genommen werden. Der Mörder machte sich auf den Weg zu Gabrans Schiff, wahrscheinlich ohne zu ahnen, daß Äbtissin Fainder dicht hinter ihm war.