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Kann mir des Kaisers Majestaet vergeben?

Octavio.

Sie tut noch mehr. Sie macht die Kraenkung gut,

Die unverdient dem Wuerdigen geschehn.

Aus freiem Trieb bestaetigt sie die Schenkung,

Die Euch der Fuerst zu boesem Zweck gemacht.

Das Regiment ist Euer, das Ihr fuehrt.

Buttler. (will aufstehen, sinkt zurueck. Sein Gemuet arbeitet heftig, er versucht zu reden und vermag es nicht. Endlich nimmt er den Degen vom Gehaenge und reicht ihn dem Piccolomini)

Octavio.

Was wollt Ihr? Fasst Euch.

Buttler.

Nehmt!

Octavio.

Wozu? Besinnt Euch.

Buttler.

Nehmt hin! Nicht wert mehr bin ich dieses Degens.

Octavio.

Empfangt ihn neu zurueck aus meiner Hand

Und fuehrt ihn stets mit Ehre fuer das Recht.

Buttler.

Die Treue brach ich solchem gnaed'gen Kaiser!

Octavio.

Macht's wieder gut. Schnell trennt Euch von dem Herzog.

Buttler.

Mich von ihm trennen!

Octavio.

Wie? Bedenkt Ihr Euch?

Buttler. (furchtbar ausbrechend)

Nur von ihm trennen? Oh! er soll nicht leben!

Octavio.

Folgt mir nach Frauenberg, wo alle Treuen

Bei Gallas sich und Altringer versammeln.

Viel andre bracht' ich noch zu ihrer Pflicht

Zurueck, heut nacht entfliehen sie aus Pilsen.

Buttler. (ist heftig bewegt auf und ab gegangen und tritt zu Octavio mit entschlossenem Blick)

Graf Piccolomini! Darf Euch der Mann

Von Ehre sprechen, der die Treue brach?

Octavio.

Der darf es, der so ernstlich es bereut.

Buttler.

So lasst mich hier, auf Ehrenwort.

Octavio.

Was sinnt Ihr?

Buttler.

Mit meinem Regimente lasst mich bleiben.

Octavio.

Ich darf Euch trauen. Doch sagt mir, was Ihr bruetet?

Buttler.

Die Tat wird's lehren. Fragt mich jetzt nicht weiter.

Traut mir! Ihr koennt's! Bei Gott! Ihr ueberlasset

Ihn seinem guten Engel nicht!-Lebt wohl!

(Geht ab.)

Bedienter. (bringt ein Billet)

Ein Unbekannter bracht's und ging gleich wieder.

Des Fuersten Pferde stehen auch schon unten.

(Ab.)

Octavio. (liest)

"Macht, dass Ihr fortkommt. Euer treuer Isolan."

-Oh! laege diese Stadt erst hinter mir!

So nah dem Hafen sollten wir noch scheitern?

Fort! Fort! Hier ist nicht laenger Sicherheit

Fuer mich. Wo aber bleibt mein Sohn?

Siebenter Auftritt

Beide Piccolomini.

Max. (koemmt in der heftigsten Gemuetsbewegung, seine Blicke rollen wild, sein Gang ist unstet; er scheint den Vater nicht zu bemerken, der von ferne steht und ihn mitleidig ansieht. Mit grossen Schritten geht er durch das Zimmer, bleibt wieder stehen und wirft sich zuletzt in einen Stuhl, gerad vor sich hin starrend)

Octavio. (naehert sich ihm).

Ich reise ab, mein Sohn.

(Da er keine Antwort erhaelt, fasst er ihn bei der Hand.)

Mein Sohn, leb wohl!

Max.

Leb wohl!

Octavio.

Du folgst mir doch bald nach?

Max. (ohne ihn anzusehen).

Ich dir?

Dein Weg ist krumm, er ist der meine nicht.

(Octavio laesst seine Hand los, faehrt zurueck.)

Oh! waerst du wahr gewesen und gerade,

Nie kam es dahin, alles stuende anders!

Er haette nicht das Schreckliche getan,

Die Guten haetten Kraft bei ihm behalten,

Nicht in der Schlechten Garn waer' er gefallen.

Warum so heimlich, hinterlistig lauernd

Gleich einem Dieb und Diebeshelfer schleichen?

Unsel'ge Falschheit! Mutter alles Boesen!

Du jammerbringende, verderbest uns!

Wahrhaftigkeit, die reine, haett' uns alle,

Die welterhaltende, gerettet. Vater!

Ich kann dich nicht entschuldigen, ich kann's nicht.

Der Herzog hat mich hintergangen, schrecklich,

Du aber hast viel besser nicht gehandelt.

Octavio.

Mein Sohn, ach! ich verzeihe deinem Schmerz.

Max. (steht auf, betrachtet ihn mit zweifelhaften Blicken)

Waer's moeglich, Vater? Vater? Haettest du's

Mit Vorbedacht bis dahin treiben wollen?

Du steigst durch seinen Fall. Octavio,

Das will mir nicht gefallen.

Octavio.

Gott im Himmel!

Max.

Weh mir! Ich habe die Natur veraendert,

Wie kommt der Argwohn in die freie Seele?

Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin,

Denn alles log mir, was ich hochgeachtet.

Nein! Nein! Nicht alles! Sie ja lebt mir noch,

Und sie ist wahr und lauter wie der Himmel.

Betrug ist ueberall und Heuchelschein

Und Mord und Gift und Meineid und Verrat,

Der einzig reine Ort ist unsre Liebe,

Der unentweihte in der Menschlichkeit.

Octavio.

Max! Folg mir lieber gleich, das ist doch besser.

Max.

Was? Eh' ich Abschied noch von ihr genommen?

Den letzten-Nimmermehr!

Octavio.

Erspare dir

Die Qual der Trennung, der notwendigen.

Komm mit mir! Komm, mein Sohn!

(Will ihn fortziehn.)

Max.

Nein! So wahr Gott lebt!

Octavio. (dringender)

Komm mit mir, ich gebiete dir's, dein Vater.

Max.

Gebiete mir, was menschlich ist. Ich bleibe.

Octavio.

Max! In des Kaisers Namen, folge mir!

Max.

Kein Kaiser hat dem Herzen vorzuschreiben.

Und willst du mir das einzige noch rauben,

Was mir mein Unglueck uebrigliess, ihr Mitleid?

Muss grausam auch das Grausame geschehn?

Das Unabaenderliche soll ich noch

Unedel tun, mit heimlich feiger Flucht,

Wie ein Unwuerdiger mich von ihr stehlen?

Sie soll mein Leiden sehen, meinen Schmerz,

Die Klagen hoeren der zerrissnen Seele

Und Traenen um mich weinen-Oh! die Menschen

Sind grausam, aber sie ist wie ein Engel.

Sie wird von graesslich wuetender Verzweiflung

Die Seele retten, diesen Schmerz des Todes

Mit sanften Trostesworten klagend loesen.

Octavio.

Du reissest dich nicht los, vermagst es nicht.

Oh! komm, mein Sohn, und rette deine Tugend!

Max.

Verschwende deine Worte nicht vergebens,

Dem Herzen folg ich, denn ich darf ihm trauen.

Octavio. (ausser Fassung, zitternd)

Max! Max! Wenn das Entsetzliche mich trifft,

Wenn du-mein Sohn-mein eignes Blut-ich darf's

Nicht denken! dich dem Schaendlichen verkaufst,

Dies Brandmal aufdrueckst unsers Hauses Adel,

Dann soll die Welt das Schauderhafte sehn,

Und von des Vaters Blute triefen soll

Des Sohnes Stahl im graesslichen Gefechte.

Max.

Oh! haettest du vom Menschen besser stets

Gedacht, du haettest besser auch gehandelt.

Fluchwuerd'ger Argwohn! Ungluecksel'ger Zweife!

Es ist ihm Festes nichts und Unverruecktes,

Und alles wanket, wo der Glaube fehlt.

Octavio.

Und trau ich deinem Herzen auch, wird's immer

In deiner Macht auch stehen, ihm zu folgen?

Max.

Du hast des Herzens Stimme nicht bezwungen,

So wenig wird der Herzog es vermoegen.

Octavio.

Oh! Max, ich seh dich niemals wiederkehren!

Max.

Unwuerdig deiner wirst du nie mich sehn.