Diese Reise-
Wenn's deine Absicht nicht gewesen, schreib's
Dir selber zu. Du haettest einen andern
Begleiter waehlen sollen!
Wallenstein.
Weiss er's?
Graefin.
Er hofft sie zu besitzen.
Wallenstein.
Hofft
Sie zu besitzen-Ist der Junge toll?
Graefin.
Nun mag sie's selber hoeren!
Wallenstein.
Die Friedlaenderin
Denkt er davonzutragen? Nun! Der Einfall
Gefaellt mir! Die Gedanken stehen ihm nicht niedrig.
Graefin.
Weil du so viele Gunst ihm stets bezeugt,
So-
Wallenstein.
-Will er mich auch endlich noch beerben.
Nun ja! Ich lieb ihn, halt ihn wert; was aber
Hat das mit meiner Tochter Hand zu schaffen?
Sind es die Toechter, sind's die einz'gen Kinder,
Womit man seine Gunst bezeugt?
Herzogin.
Sein adeliger Sinn und seine Sitten-
Wallenstein.
Erwerben ihm mein Herz, nicht meine Tochter.
Herzogin.
Sein Stand und seine Ahnen-
Wallenstein.
Ahnen! Was!
Er ist ein Untertan, und meinen Eidam
Will ich mir auf Europens Thronen suchen.
Herzogin.
O lieber Herzog! Streben wir nicht allzuhoch
Hinauf, dass wir zu tief nicht fallen moegen.
Wallenstein.
Liess ich mir's so viel kosten, in die Hoeh'
Zu kommen, ueber die gemeinen Haeupter
Der Menschen weg zu ragen, um zuletzt
Die grosse Lebensrolle mit gemeiner
Verwandtschaft zu beschliessen?-Hab ich darum-
(Ploetzlich haelt er inne, sich fassend.)
Sie ist das einzige, was von mir nachbleibt
Auf Erden; eine Krone will ich sehn
Auf ihrem Haupte, oder will nicht leben.
Was? Alles-Alles! setz ich dran, um sie
Recht gross zu machen-ja in der Minute,
Worin wir sprechen-
(Er besinnt sich.)
Und ich sollte nun,
Wie ein weichherz'ger Vater, was sich gern hat
Und liebt, fein buergerlich zusammengeben?
Und jetzt soll ich das tun, jetzt eben, da ich
Auf mein vollendet Werk den Kranz will setzen-
Nein, sie ist mir ein langgespartes Kleinod,
Die hoechste, letzte Muenze meines Schatzes,
Nicht niedriger fuerwahr gedenk ich sie
Als um ein Koenigszepter loszuschlagen-
Herzogin.
O mein Gemahl! Sie bauen immer, bauen
Bis in die Wolken, bauen fort und fort
Und denken nicht dran, dass der schmale Grund
Das schwindelnd schwanke Werk nicht tragen kann.
Wallenstein. (zur Graefin)
Hast du ihr angekuendigt, welchen Wohnsitz
Ich ihr bestimmt?
Graefin.
Noch nicht. Entdeckt's ihr selbst.
Herzogin.
Wie? Gehen wir nach Kaernten nicht zurueck?
Wallenstein.
Nein.
Herzogin.
Oder sonst auf keines Ihrer Gueter?
Wallenstein.
Sie wuerden dort nicht sicher sein.
Herzogin.
Nicht sicher
In Kaisers Landen, unter Kaisers Schutz?
Wallenstein.
Den hat des Friedlands Gattin nicht zu hoffen.
Herzogin.
O Gott, bis dahin haben Sie's gebracht?
Wallenstein.
In Holland werden Sie Schutz finden.
Herzogin.
Was?
Sie senden uns in lutherischen Laender?
Wallenstein.
Der Herzog Franz von Lauenburg wird Ihr
Geleitsmann dahin sein.
Herzogin.
Der Lauenburger?
Der's mit dem Schweden haelt, des Kaisers Feind?
Wallenstein.
Des Kaisers Feinde sind die meinen nicht mehr.
Herzogin. (sieht den Herzog und die Graefin schreckensvoll an)
Ist's also wahr? Es ist? Sie sind
gestuerzt? Sind vom Kommando abgesetzt? O Gott
Im Himmel!
Graefin. (seitwaerts zum Herzog)
Lassen wir sie bei dem Glauben.
Du siehst, dass sie die Wahrheit nicht ertruege.
Fuenfter Auftritt
Graf Terzky. Vorige.
Graefin.
Terzky! Was ist ihm? Welches Bild des Schreckens!
Als haett' er ein Gespenst gesehn!
Terzky. (Wallenstein bei Seite fuehrend, heimlich)
Ist's dein Befehl, dass die Kroaten reiten?
Wallenstein.
Ich weiss von nichts.
Terzky.
Wir sind verraten!
Wallenstein.
Was?
Terzky.
Sie sind davon, heut nacht, die Jaeger auch,
Leer stehen alle Doerfer in der Runde.
Wallenstein.
Und Isolan?
Terzky.
Den hast du ja verschickt.
Wallenstein.
Ich?
Terzky.
Nicht? Du hast ihn nicht verschickt? Auch nicht
Den Deodat? Sie sind verschwunden beide.
Sechster Auftritt
Illo. Vorige.
Illo.
Hat dir der Terzky-
Terzky.
Er weiss alles.
Illo.
Auch dass Maradas, Esterhazy, Goetz,
Colalto, Kaunitz dich verlassen?-
Terzky.
Teufel!
Wallenstein. (winkt)
Still!
Graefin. (hat sie von weitem aengstlich beobachtet, tritt hinzu)
Terzky! Gott! Was gibt's? Was ist geschehen?
Wallenstein. (im Begriff aufzubrechen)
Nichts! Lasst uns gehen.
Terzky. (will ihm folgen)
Es ist nichts, Therese.
Graefin. (haelt ihn).
Nichts? Seh ich nicht, dass alles Lebensblut
Aus euren geisterbleichen Wangen wich,
Dass selbst der Bruder Fassung nur erkuenstelt?
Page. (kommt)
Ein Adjutant fragt nach dem Grafen Terzky.
(Ab. Terzky folgt dem Pagen.)
Wallenstein.
Hoer, was er bringt-
(Zu Illo.)
Das konnte nicht so heimlich
Geschehen ohne Meuterei-Wer hat
Die Wache an den Toren?
Illo.
Tiefenbach.
Wallenstein.
Lass Tiefenbach abloesen unverzueglich
Und Terzkys Grenadiere aufziehn.-Hoere!
Hast du von Buttlern Kundschaft?
Illo.
Buttlern traf ich.
Gleich ist er selber hier. Der haelt dir fest.
(Illo geht. Wallenstein will ihm folgen.)
Graefin.
Lass ihn nicht von dir, Schwester! Halt ihn auf-
Es ist ein Unglueck-
Herzogin.
Grosser Gott! Was ist's?
(Haengt sich an ihn.)
Wallenstein. (erwehrt sich ihrer).
Seid ruhig! Lasst mich! Schwester! liebes Weib,
Wir sind im Lager! Da ist's nun nicht anders,
Da wechseln Sturm und Sonnenschein geschwind,
Schwer lenken sich die heftigen Gemueter,
Und Ruhe nie beglueckt des Fuehrers Haupt-
Wenn ich soll bleiben, geht! Denn uebel stimmt
Der Weiber Klage zu dem Tun der Maenner.
(Er will gehen. Terzky koemmt zurueck.)
Terzky.
Bleib hier. Von diesem Fenster muss man's sehn.
Wallenstein. (zur Graefin)
Geht, Schwester!
Graefin.
Nimmermehr!
Wallenstein.
Ich will's.
Terzky. (fuehrt sie beiseite, mit einem bedeutenden Wink auf die Herzogin)
Therese!
Herzogin.
Komm, Schwester, weil er es befiehlt.
(Gehen ab.)