Siebenter Auftritt
Wallenstein. Graf Terzky.
Wallenstein. (ans Fenster tretend)
Was gibt's denn?
Terzky.
Es ist ein Rennen und Zusammenlaufen
Bei allen Truppen. Niemand weiss die Ursach,
Geheimnisvoll, mit einer finstern Stille,
Stellt jedes Korps sich unter seine Fahnen,
Die Tiefenbacher machen boese Mienen,
Nur die Wallonen stehen abgesondert
In ihrem Lager, lassen niemand zu
Und halten sich gesetzt, so wie sie pflegen.
Wallenstein.
Zeigt Piccolomini sich unter ihnen?
Terzky.
Man sucht ihn, er ist nirgends anzutreffen.
Wallenstein.
Was ueberbrachte denn der Adjutant?
Terzky.
Ihn schickten meine Regimenter ab,
Sie schwoeren nochmals Treue dir, erwarten
Voll Kriegeslust den Aufruf zum Gefechte.
Wallenstein.
Wie aber kam der Laermen in das Lager?
Es sollte ja dem Heer verschwiegen bleiben,
Bis sich zu Prag das Glueck fuer uns entschieden.
Terzky.
O dass du mir geglaubt! Noch gestern Abends
Beschwuren wir dich, den Octavio,
Den Schleicher, aus den Toren nicht zu lassen,
Du gabst die Pferde selber ihm zur Flucht-
Wallenstein.
Das alte Lied! Einmal fuer allemal,
Nichts mehr von diesem toerichten Verdacht!
Terzky.
Dem Isolani hast du auch getraut,
Und war der erste doch, der dich verliess.
Wallenstein.
Ich zog ihn gestern erst aus seinem Elend.
Fahr hin! Ich hab auf Dank ja nie gerechnet.
Terzky.
Und so sind alle, einer wie der andre.
Wallenstein.
Und tut er Unrecht, dass er von mir geht?
Er folgt dem Gott, dem er sein Lebenlang
Am Spieltisch hat gedient. Mit meinem Gluecke
Schloss er den Bund und bricht ihn, nicht mit mir.
War ich ihm was, er mir? Das Schiff nur bin ich,
Auf das er seine Hoffnung hat geladen,
Mit dem er wohlgemut das freie Meer
Durchsegelte; er sieht es ueber Klippen
Gefaehrlich gehn und rettet schnell die Ware.
Leicht wie der Vogel von dem wirtbarn Zweige,
Wo er genistet, fliegt er von mir auf,
Kein menschlich Band ist unter uns zerrissen.
Ja, der verdient, betrogen sich zu sehn,
Der Herz gesucht bei dem Gedankenlosen!
Mit schnell verloeschten Zuegen schreiben sich
Des Lebens Bilder auf die glatte Stirne,
Nichts faellt in eines Busen stillen Grund,
Ein muntrer Sinn bewegt die leichten Saefte,
Doch keine Seele waermt das Eingeweide.
Terzky.
Doch moecht' ich mich den glatten Stirnen lieber
Als jenen tiefgefurchten anvertrauen.
Achter Auftritt
Wallenstein. Terzky. Illo koemmt wuetend.
Illo.
Verrat und Meuterei!
Terzky.
Ha! was nun wieder?
Illo.
Die Tiefenbacher, als ich Ordre gab,
Sie abzuloesen-Pflichtvergessne Schelmen!
Terzky.
Nun?
Wallenstein.
Was denn?
Illo.
Sie verweigern den Gehorsam.
Terzky.
So lass sie niederschiessen! O gib Ordre!
Wallenstein.
Gelassen! Welche Ursach geben sie?
Illo.
Kein andrer sonst hab ihnen zu befehlen
Als Generalleutnant Piccolomini.
Wallenstein.
Was-Wie ist das?
Illo.
So hab er's hinterlassen
Und eigenhaendig vorgezeigt vom Kaiser.
Terzky.
Vom Kaiser-Hoerst du's, Fuerst!
Illo.
Auf seinen Antrieb
Sind gestern auch die Obersten entwichen.
Terzky.
Hoerst du's!
Illo.
Auch Montecuculi, Caraffa
Und noch sechs andre Generale werden
Vermisst, die er bered't hat, ihm zu folgen.
Das hab er alles schon seit lange schriftlich
Bei sich gehabt vom Kaiser und noch juengst
Erst abgeredet mit dem Questenberger.
(Wallenstein sinkt auf einen Stuhl und verhuellt sich das Gesicht.)
Terzky.
O haettest du mir doch geglaubt!
Neunter Auftritt
Graefin. Vorige.
Graefin.
Ich kann die Angst-ich kann's nicht laenger tragen,
Um Gotteswillen, sagt mir, was es ist.
Illo.
Die Regimenter fallen von uns ab.
Graf Piccolomini ist ein Verraeter.
Graefin.
O meine Ahnung!
(Stuerzt aus dem Zimmer.)
Terzky.
Haett' man mir geglaubt!
Da siehst du's, wie die Sterne dir gelogen!
Wallenstein. (richtet sich auf)
Die Sterne luegen nicht, das aber ist
Geschehen wider Sternenlauf und Schicksal.
Die Kunst ist redlich, doch dies falsche Herz
Bringt Lug und Trug in den wahrhaft'gen Himmel.
Nur auf der Wahrheit ruht die Wahrsagung;
Wo die Natur aus ihren Grenzen wanket,
Da irret alle Wissenschaft. War es
Ein Aberglaube, menschliche Gestalt
Durch keinen solchen Argwohn zu entehren,
O nimmer schaem ich dieser Schwachheit mich!
Religion ist in der Tiere Trieb,
Es trinkt der Wilde selbst nicht mit dem Opfer,
Dem er das Schwert will in den Busen stossen.
Das war kein Heldenstueck, Octavio!
Nicht deine Klugheit siegte ueber meine,
Dein schlechtes Herz hat ueber mein gerades
Den schaendlichen Triumph davongetragen.
Kein Schild fing deinen Mordstreich auf, du fuehrtest
Ihn ruchlos auf die unbeschuetzte Brust,
Ein Kind nur bin ich gegen solche Waffen.
Zehnter Auftritt
Vorige. Buttler.
Terzky.
O sieh da! Buttler! Das ist noch ein Freund!
Wallenstein
(geht ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen und umfasst ihn mit Herzlichkeit)
Komm an mein Herz, du alter Kriegsgefaehrt'!
So wohl tut nicht der Sonne Blick im Lenz
Als Freundes Angesicht in solcher Stunde.
Buttler.
Mein General-Ich komme-
Wallenstein. (sich auf seine Schultern lehnend)
Weisst du's schon?
Der Alte hat dem Kaiser mich verraten.
Was sagst du? Dreissig Jahre haben wir
Zusammen ausgelebt und ausgehalten.
In einem Feldbett haben wir geschlafen,
Aus einem Glas getrunken, einen Bissen
Geteilt, ich stuetzte mich auf ihn, wie ich
Auf deine treue Schulter jetzt mich stuetze;
Und in dem Augenblick, da liebevoll
Vertrauend meine Brust an seiner schlaegt,
Ersieht er sich den Vorteil, sticht das Messer
Mir listig lauernd, langsam in das Herz!
(Er verbirgt das Gesicht an Buttlers Brust.)
Buttler.
Vergesst den Falschen. Sagt, was wollt Ihr tun?
Wallenstein.
Wohl, wohl gesprochen. Fahre hin! Ich bin
Noch immer reich an Freunden, bin ich nicht?
Das Schicksal liebt mich noch, denn eben jetzt,
Da es des Heuchlers Tuecke mir entlarvt,
Hat es ein treues Herz mir zugesendet.
Nichts mehr von ihm. Denkt nicht, dass sein Verlust
Mich schmerze, oh! mich schmerzt nur der Betrug.
Denn wert und teur waren mir die beiden,
Und jener Max, er liebte mich wahrhaftig,
Er hat mich nicht getaeuscht, er nicht-Genug,
Genug davon! Jetzt gilt es schnellen Rat-
Der Reitende, den mir Graf Kinsky schickt
Aus Prag, kann jeden Augenblick erscheinen.