Dann seid Ihr Eures Schliesseramtes quitt,
Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.
Terzky. (im Abgehen zu Buttler):
Ihr kommt doch auch aufs Schloss?
Buttler.
Zu rechter Zeit.
(Jene gehen ab.)
Achter Auftritt
Buttler und Gordon.
Gordon. (ihnen nachsehend)
Die Unglueckseligen! Wie ahnungslos
Sie in das ausgespannte Mordnetz stuerzen
In ihrer blinden Siegestrunkenheit!-
Ich kann sie nicht beklagen. Dieser Illo,
Der uebermuetig freche Boesewicht,
Der sich in seines Kaisers Blut will baden!
Buttler.
Tut, wie er Euch befohlen. Schickt Patrouillen
Herum, sorgt fuer die Sicherheit der Festung;
Sind jene oben, schliess ich gleich die Burg,
Dass in der Stadt nichts von der Tat verlaute!
Gordon. (aengstlich)
O eilt nicht so! Erst sagt mir-
Buttler.
Ihr vernahmt's,
Der naechste Morgen schon gehoert den Schweden.
Die Nacht nur ist noch unser, sie sind schnell,
Noch schneller wollen wir sein-Lebet wohl.
Gordon.
Ach Eure Blicke sagen mir nichts Gutes.
Versprechet mir-
Buttler.
Der Sonne Licht ist unter,
Herabsteigt ein verhaengnisvoller Abend-
Sie macht ihr Duenkel sicher. Wehrlos gibt sie
Ihr boeser Stern in unsre Hand, und mitten
In ihrem trunknen Glueckeswahne soll
Der scharfe Stahl ihr Leben rasch zerschneiden.
Ein grosser Rechenkuenstler war der Fuerst
Von jeher, alles wusst' er zu berechnen,
Die Menschen wusst' er, gleich des Brettspiels Steinen,
Nach seinem Zweck zu setzen und zu schieben,
Nicht Anstand nahm er, andrer Ehr' und Wuerde
Und guten Ruf zu wuerfeln und zu spielen.
Gerechnet hat er fort und fort, und endlich
Wird doch der Kalkul irrig sein; er wird
Sein Leben selbst hineingerechnet haben,
Wie jener dort in seinem Zirkel fallen.
Gordon.
O seiner Fehler nicht gedenket jetzt!
An seine Groesse denkt, an seine Milde,
An seines Herzens liebenswerte Zuege,
An alle Edeltaten seines Lebens,
Und lasst sie in das aufgehobne Schwert
Als Engel bittend, gnadeflehend fallen.
Buttler.
Es ist zu spaet. Nicht Mitleid darf ich fuehlen,
Ich darf nur blutige Gedanken haben.
(Gordons Hand fassend.)
Gordon! Nicht meines Hasses Trieb-Ich liebe
Den Herzog nicht und hab dazu nicht Ursach'-
Doch nicht mein Hass macht mich zu seinem Moerder.
Sein boeses Schicksal ist's. Das Unglueck treibt mich,
Die feindliche Zusammenkunft der Dinge.
Es denkt der Mensch die freie Tat zu tun,
Umsonst! Er ist das Spielwerk nur der blinden
Gewalt, die aus der eignen Wahl ihm schnell
Die furchtbare Notwendigkeit erschafft.
Was haelf's ihm auch, wenn mir fuer ihn im Herzen
Was redete-Ich muss ihn dennoch toeten.
Gordon.
O wenn das Herz Euch warnt, folgt seinem Triebe!
Das Herz ist Gottes Stimme, Menschenwerk
Ist aller Klugheit kuenstliche Berechnung.
Was kann aus blut'ger Tat Euch Glueckliches
Gedeihen? O aus Blut entspringt nicht Gutes!
Soll sie die Staffel Euch zur Groesse bauen?
O glaubt das nicht-Es kann der Mord bisweilen
Den Koenigen, der Moerder nie gefallen.
Buttler.
Ihr wisst nicht. Fragt nicht. Warum mussten auch
Die Schweden siegen und so eilend nahn!
Gern ueberliess ich ihn des Kaisers Gnade,
Sein Blut nicht will ich. Nein, er moechte leben.
Doch meines Wortes Ehre muss ich loesen.
Und sterben muss er, oder-hoert und wisst!-
Ich bin entehrt, wenn uns der Fuerst entkommt.
Gordon.
O solchen Mann zu retten-
Buttler. (schnell)
Was?
Gordon.
Ist eines Opfers wert-Seid edelmuetig!
Das Herz und nicht die Meinung ehrt den Mann.
Buttler. (kalt und stolz)
Er ist ein grosser Herr, der Fuerst-Ich aber
Bin nur ein kleines Haupt, das wollt Ihr sagen.
Was liegt der Welt dran, meint Ihr, ob der niedrig
Geborene sich ehret oder schaendet,
Wenn nur der Fuerstliche gerettet wird.
-Ein jeder gibt den Wert sich selbst. Wie hoch ich
Mich selbst anschlagen will, das steht bei mir.
So hoch gestellt ist keiner auf der Erde,
Dass ich mich selber neben ihm verachte.
Den Menschen macht sein Wille gross und klein,
Und weil ich meinem treu bin, muss er sterben.
Gordon.
O einen Felsen streb ich zu bewegen!
Ihr seid von Menschen menschlich nicht gezeugt.
Nicht hindern kann ich Euch, ihn aber rette
Ein Gott aus Eurer fuerchterlichen Hand.
(Sie gehen ab.)
Neunter Auftritt
Ein Zimmer bei der Herzogin. Thekla in einem Sessel, bleich,
mit geschlossnen Augen. Herzogin und Fraeulein von Neubrunn um
sie beschaeftigt. Wallenstein und die Graefin im Gespraech.
Wallenstein.
Wie wusste sie es denn so schnell?
Graefin.
Sie scheint
Unglueck geahnt zu haben. Das Geruecht
Von einer Schlacht erschreckte sie, worin
Der kaiserliche Oberst sei gefallen.
Ich sah es gleich. Sie flog dem schwedischen
Kurier entgegen und entriss ihm schnell
Durch Fragen das unglueckliche Geheimnis.
Zu spaet vermissten wir sie, eilten nach,
Ohnmaechtig lag sie schon in seinen Armen.
Wallenstein.
So unbereitet musste dieser Schlag
Sie treffen! Armes Kind!-Wie ist's? Erholt sie sich?
(Indem er sich zur Herzogin wendet.)
Herzogin.
Sie schlaegt die Augen auf.
Graefin.
Sie lebt!
Thekla. (sich umschauend)
Wo bin ich?
Wallenstein. (tritt zu ihr, sie mit seinen Armen aufrichtend)
Komm zu dir, Thekla. Sei mein starkes Maedchen!
Sieh deiner Mutter liebende Gestalt
Und deines Vaters Arme, die dich halten.
Thekla. (richtet sich auf)
Wo ist er? Ist er nicht mehr hier?
Herzogin.
Wer, meine Tochter?
Thekla.
Der dieses Unglueckswort aussprach-
Herzogin.
O denke nicht daran, mein Kind! Hinweg
Von diesem Bilde wende die Gedanken.
Wallenstein.
Lasst ihren Kummer reden! Lasst sie klagen!
Mischt eure Traenen mit den ihrigen.
Denn einen grossen Schmerz hat sie erfahren;
Doch wird sie's ueberstehn, denn meine Thekla
Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.
Thekla.
Ich bin nicht krank. Ich habe Kraft, zu stehn.
Was weint die Mutter? Hab ich sie erschreckt?
Es ist vorueber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
Wo ist er? Man verberge mir ihn nicht.
Ich habe Staerke gnug, ich will ihn hoeren.
Herzogin.
Nein, Thekla! Dieser Ungluecksbote soll
Nie wieder unter deine Augen treten.
Thekla.
Mein Vater-
Wallenstein.
Liebes Kind!
Thekla.
Ich bin nicht schwach,
Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
Gewaehren Sie mir eine Bitte.
Wallenstein.
Sprich!
Thekla.
Erlauben Sie, dass dieser fremde Mann
Gerufen werde! dass ich ihn allein
Vernehme und befrage.
Herzogin.