Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?
Wrangel. (bedenklich)
Es sind so manche Zweifel noch zu loesen-
Wallenstein. (nachdem er gelesen)
Der Brief hat Haend' und Fuess'. Es ist ein klug,
Verstaendig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.
Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
Den eignen Einfall des verstorbnen Koenigs,
Indem er mir zur boehm'schen Kron' verhelfe.
Wrangel.
Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige
Hat immer gross gedacht von Euer Gnaden
Fuertrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
Und stets der Herrschverstaendigste, beliebt' ihm
Zu sagen, sollte Herrscher sein und Koenig.
Wallenstein.
Er durft' es sagen.
(Seine Hand vertraulich fassend.)
Aufrichtig, Oberst Wrangel-Ich war stets
Im Herzen auch gut schwedisch-Ei, das habt ihr
In Schlesien erfahren und bei Nuernberg.
Ich hatt' euch oft in meiner Macht und liess
Durch eine Hintertuer euch stets entwischen.
Das ist's, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt-Und weil
Nun unser Vorteil so zusammengeht,
So lasst uns zu einander auch ein recht
Vertrauen fassen.
Wrangel.
Das Vertraun wird kommen,
Hat jeder nur erst seine Sicherheit.
Wallenstein.
Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
Ja, ich gesteh's-Es liegt das Spiel nicht ganz
Zu meinem Vorteil-Seine Wuerden meint,
Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
Mitspielen kann, ich koenn' das gleiche tun
Am Feinde, und das eine waere mir
Noch eher zu verzeihen als das andre.
Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?
Wrangel.
Ich hab hier bloss ein Amt und keine Meinung.
Wallenstein.
Der Kaiser hat mich bis zum Aeussersten
Gebracht. Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.
Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
Den harten Schritt, den mein Bewusstsein tadelt.
Wrangel.
Ich glaub's. So weit geht niemand, der nicht muss.
(Nach einer Pause.)
Was Eure Fuerstlichkeit bewegen mag,
Also zu tun an ihrem Herrn und Kaiser,
Gebuehrt nicht uns zu richten und zu deuten.
Der Schwede ficht fuer seine gute Sach'
Mit seinem guten Degen und Gewissen.
Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,
Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
Und wenn sich alles richtig so verhaelt-
Wallenstein.
Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?
An meinen Kraeften? Ich versprach dem Kanzler,
Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,
Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
Dazuzustossen-
Wrangel.
Euer Gnaden sind
Bekannt fuer einen hohen Kriegesfuersten,
Fuer einen zweiten Attila und Pyrrhus.
Noch mit Erstaunen redet man davon,
Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.
Jedennoch-
Wallenstein.
Dennoch?
Wrangel.
Seine Wuerden meint,
Ein leichter Ding doch moecht' es sein, mit nichts
Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
Als nur ein Sechzigteil davon
(er haelt inne)
Wallenstein.
Nun, was?
Nur frei heraus!
Wrangel.
Zum Treubruch zu verleiten.
Wallenstein.
Meint er? Er urteilt wie ein Schwed' und wie
Ein Protestant. Ihr Lutherischen fechtet
Fuer eure Bibel, euch ist's um die Sach';
Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne.-
Wer zu dem Feinde laeuft von euch, der hat
Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
Von all dem ist die Rede nicht bei uns-
Wrangel.
Herr Gott im Himmel! Hat man hierzulande
Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?
Wallenstein.
Ich will Euch sagen, wie das zugeht-Ja,
Der Oesterreicher hat ein Vaterland
Und liebt's und hat auch Ursach', es zu lieben.
Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,
Das hier in Boeheim hauset, das hat keins;
Das ist der Auswurf fremder Laender, ist
Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts
Gehoeret als die allgemeine Sonne.
Und dieses boehm'sche Land, um das wir fechten,
Das hat kein Herz fuer seinen Herrn, den ihm
Der Waffen Glueck, nicht eigne Wahl gegeben.
Mit Murren traegt's des Glaubens Tyrannei,
Die Macht hat's eingeschreckt, beruhigt nicht.
Ein gluehend, rachvoll Angedenken lebt
Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.
Und kann's der Sohn vergessen, dass der Vater
Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?
Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,
Es raeche oder dulde die Behandlung.
Wrangel.
Der Adel aber und die Offiziere?
Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fuerst,
Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.
Wallenstein.
Sie sind auf jegliche Bedingung mein.
Nicht mir, den eignen Augen moegt Ihr glauben.
(Er gibt ihm die Eidesformel. Wrangel durchliest sie, legt sie, nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.)
Wie ist's? Begreift Ihr nun?
Wrangel.
Begreif 's, wer's kann!
Herr Fuerst! Ich lass die Maske fallen-Ja!
Ich habe Vollmacht, alles abzuschliessen.
Es steht der Rheingraf nur vier Tagemaersche
Von hier mit funfzehntausend Mann, er wartet
Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stossen.
Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.
Wallenstein.
Was ist des Kanzlers Forderung?
Wrangel. (bedenklich)
Zwoelf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.
Mein Kopf muss dafuer haften. Alles koennte
Zuletzt nur falsches Spiel-
Wallenstein. (faehrt auf)
Herr Schwede!
Wrangel. (ruhig fortfahrend)
Muss demnach
Darauf bestehn, dass Herzog Friedland foermlich,
Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,
Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.
Wallenstein.
Was ist die Forderung? Sagt's kurz und gut.
Wrangel.
Die span'schen Regimenter, die dem Kaiser
Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen
Und diese Stadt wie auch das Grenzschloss Eger
Den Schweden einzuraeumen.
Wallenstein.
Viel gefordert!
Prag! Sei's um Eger! Aber Prag? Geht nicht.
Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr
Vernuenft'gerweise von mir fordern moeget.
Prag aber-Boehmen-kann ich selbst beschuetzen.
Wrangel.
Man zweifelt nicht daran. Es ist uns auch
Nicht ums Beschuetzen bloss. Wir wollen Menschen
Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.
Wallenstein.
Wie billig.
Wrangel.
Und so lang, bis wir entschaedigt,
Bleibt Prag verpfaendet.
Wallenstein.
Traut ihr uns so wenig?
Wrangel. (steht auf)
Der Schwede muss sich vorsehn mit dem Deutschen.
Man hat uns uebers Ostmeer hergerufen;
Gerettet haben wir vom Untergang
Das Reich-mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,
Die heil'ge Lehr' des Evangeliums
Versiegelt-Aber jetzt schon fuehlet man
Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt
Mit scheelem Aug' die Fremdlinge im Reiche
Und schickte gern mit einer Handvoll Geld
Uns heim in unsre Waelder. Nein! wir haben
Um Judas' Lohn, um klingend Gold und Silber
Den Koenig auf der Walstatt nicht gelassen!