Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.
Isolani.
Es soll geschehn. Gedenkt mir's aber auch
Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.
Octavio.
Ich werd es ruehmen.
(Isolani geht. Es kommt ein Bedienter.)
Oberst Buttler? Gut.
Isolani. (zurueckkommend)
Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
Herr Gott! Wie konnt' ich wissen, welch grosse
Person ich vor mir hatte!
Octavio.
Lasst das gut sein.
Isolani.
Ich bin ein lust'ger alter Knab', und waer'
Mir auch ein rasches Woertlein uebern Hof
Entschluepft zuweilen, in der Lust des Weins,
Ihr wisst ja, boes war's nicht gemeint.
(Geht ab.)
Octavio.
Macht Euch
Darueber keine Sorge!-Das gelang!
Glueck, sei uns auch so guenstig bei den andern!
Sechster Auftritt
Octavio Piccolomini. Buttler.
Buttler.
Ich bin zu Eurer Ordre, Generalleutnant.
Octavio.
Seid mir als werter Gast und Freund willkommen.
Buttler.
Zu grosse Ehr' fuer mich.
Octavio. (nachdem beide Platz genommen)
Ihr habt die Neigung nicht erwidert,
Womit ich gestern Euch entgegenkam.
Wohl gar als leere Formel sie verkannt.
Von Herzen ging mir jener Wunsch, es war
Mir Ernst um Euch, denn eine Zeit ist jetzt,
Wo sich die Guten eng verbinden sollten.
Buttler.
Die Gleichgesinnten koennen es allein.
Octavio.
Und alle Guten nenn ich gleichgesinnt.
Dem Menschen bring ich nur die Tat in Rechnung,
Wozu ihn ruhig der Charakter treibt;
Denn blinder Missverstaendnisse Gewalt
Draengt oft den Besten aus dem rechten Gleise.
Ihr kamt durch Frauenberg. Hat Euch Graf Gallas
Nichts anvertraut? Sagt mir's. Er ist mein Freund.
Buttler.
Er hat verlorne Worte nur gesprochen.
Octavio.
Das hoer ich ungern, denn sein Rat war gut.
Und einen gleichen haett' ich Euch zu geben.
Buttler.
Spart Euch die Mueh-mir die Verlegenheit,
So schlecht die gute Meinung zu verdienen.
Octavio.
Die Zeit ist teuer, lasst uns offen reden.
Ihr wisst, wie hier die Sachen stehn. Der Herzog
Sinnt auf Verrat, ich kann Euch mehr noch sagen,
Er hat ihn schon vollfuehrt; geschlossen ist
Das Buendnis mit dem Feind vor wen'gen Stunden.
Nach Prag und Eger reiten schon die Boten,
Und morgen will er zu dem Feind uns fuehren.
Doch er betruegt sich, denn die Klugheit wacht,
Noch treue Freunde leben hier dem Kaiser,
Und maechtig steht ihr unsichtbarer Bund.
Dies Manifest erklaert ihn in die Acht,
Spricht los das Heer von des Gehorsams Pflichten,
Und alle Gutgesinnten ruft es auf,
Sich unter meiner Fuehrung zu versammeln.
Nun waehlt, ob Ihr mit uns die gute Sache,
Mit ihm der Boesen boeses Los wollt teilen?
Buttler. (steht auf)
Sein Los ist meines.
Octavio.
Ist das Euer letzter
Entschluss?
Buttler.
Er ist's.
Octavio.
Bedenkt Euch, Oberst Buttler.
Noch habt Ihr Zeit. In meiner treuen Brust
Begraben bleibt das raschgesprochne Wort.
Nehmt es zurueck. Waehlt eine bessere
Partei. Ihr habt die gute nicht ergriffen.
Buttler.
Befehlt Ihr sonst nocht etwas, Generalleutnant?
Octavio.
Seht Eure weissen Haare! Nehmt's zurueck.
Buttler.
Lebt wohl!
Octavio.
Was? Diesen guten, tapfern Degen
Wollt Ihr in solchem Streite ziehen? Wollt
In Fluch den Dank verwandeln, den Ihr Euch
Durch vierzigjaehr'ge Treu verdient um Oestreich?
Buttler. (bitter lachend)
Dank vom Haus Oestreich!
(Er will gehen.)
Octavio. (laesst ihn bis an die Tuere gehen, dann ruft er)
Buttler!
Buttler.
Was beliebt?
Octavio.
Wie war es mit dem Grafen?
Buttler.
Grafen! Was?
Octavio.
Dem Grafentitel, mein ich.
Buttler. (heftig auffahrend)
Tod und Teufel!
Octavio. (kalt)
Ihr suchtet darum nach. Man wies Euch ab.
Buttler.
Nicht ungestraft sollt Ihr mich hoehnen. Zieht!
Octavio.
Steckt ein. Sagt ruhig, wie es damit ging. Ich will
Genugtuung nachher Euch nicht verweigern.
Buttler.
Mag alle Welt doch um die Schwachheit wissen,
Die ich mir selbst nie verzeihen kann!
-Ja! Generalleutnant, ich besitze Ehrgeiz,
Verachtung hab ich nie ertragen koennen.
Es tat mir wehe, dass Geburt und Titel
Bei der Armee mehr galten als Verdienst.
Nicht schlechter wollt' ich sein als meinesgleichen,
So liess ich mich in ungluecksel'ger Stunde
Zu jenem Schritt verleiten-Es war Torheit!
Doch nicht verdient' ich, sie so hart zu buessen!
-Versagen konnte man's-Warum die Weigerung
Mit dieser kraenkenden Verachtung schaerfen,
Den alten Mann, den treu bewaehrten Diener
Mit schwerem Hohn zermalmend niederschlagen,
An seiner Herkunft Schmach so rauh ihn mahnen,
Weil er in schwacher Stunde sich vergass!
Doch einen Stachel gab Natur dem Wurm,
Den Willkuer uebermuetig spielend tritt-
Octavio.
Ihr muesst verleumdet sein. Vermutet Ihr
Den Feind, der Euch den schlimmen Dienst geleistet?
Buttler.
Sei's, wer es will! Ein niedertraecht'ger Bube,
Ein Hoefling muss es sein, ein Spanier,
Der Junker irgend eines alten Hauses,
Dem ich im Licht mag stehn, ein neid'scher Schurke,
Den meine selbstverdiente Wuerde kraenkt.
Octavio.
Sagt. Billigte der Herzog jenen Schritt?
Buttler.
Er trieb mich dazu an, verwendete
Sich selbst fuer micht, mit edler Freundeswaerme.
Octavio.
So? Wisst ihr das gewiss?
Buttler.
Ich las den Brief.
Octavio. (bedeutend)
Ich auch-doch anders lautete sein Inhalt.
(Buttler wird betroffen.)
Durch Zufall bin ich im Besitz des Briefs,
Kann Euch durch eignen Anblick ueberfuehren.
(Er gibt ihm den Brief.)
Buttler.
Ha! was ist das?
Octavio.
Ich fuerchte, Oberst Buttler,
Man hat mit Euch ein schaendlich Spiel getrieben.
Der Herzog, sagt Ihr, trieb Euch zu dem Schritt?-
In diesem Briefe spricht er mit Verachtung
Von Euch, raet dem Minister, Euren Duenkel,
Wie er ihn nennt, zu zuechtigen.
(Buttler hat den Brief gelesen, seine Knie zittern, er greift nach einem Stuhl, setzt sich nieder.)
Kein Feind verfolgt Euch. Niemand will Euch uebel.
Dem Herzog schreibt allein die Kraenkung zu,
Die ihr empfangen; deutlich ist die Absicht.
Losreissen wollt' er Euch von Eurem Kaiser-
Von Eurer Rache hofft' er zu erlangen,
Was Eure wohlbewaehrte Treu ihn nimmer
Erwarten liess bei ruhiger Besinnung.
Zum blinden Werkzeug wollt' er Euch, zum Mittel,
Verworfner Zwecke Euch veraechtlich brauchen.
Er hat's erreicht. Zu gut nur glueckt' es ihm,
Euch wegzulocken von dem guten Pfade,
Auf dem Ihr vierzig Jahre seid gewandelt.
Buttler. (mit der Stimme bebend)