Wallner kann hören, was Witte jetzt denkt: „Vielleicht komme ich mit dem Naturell von Herrn Wallner nicht zurecht. Gut. Aber wie der die Firma führt, wie der die hochgebracht hat, das nötigt einem Respekt ab. Die Firma, die ist ein Ort, wo ich bleiben werde. Ich könnte dem Herrn Wallner schon ein bißchen öfter zeigen, wie dankbar ich ihm bin. Weil eigentlich er es ja ist, der die Firma führt. Nicht so sehr der Herr Wiget. Der Herr Wiget organisiert eher und hält den Betrieb am Laufen. Aber sein Naturell.“
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Wallner geht zum Bett. Er ist nackt. Sein Rücken und sein Gesäß wirken muskulös. Er hat dichtes schwarzes Kopfhaar. Auf dem Bett sitzt Ana mit angezogenen Beinen. Auch sie ist nackt. Wallner legt sich mit dem Rücken aufs Bett, den Kopf am Kopfende. Ana kniet über Wallner, sie nimmt sein Glied und führt es sich ein. Ana sitzt auf Wallner. Wallner reckt den Kopf und sagt etwas zu Ana.
Wallner geht zum Bett. Er ist nackt. Neben dem Bett steht Ana mit an die nackten Hüften gestützten Händen. Wallner legt das Kissen an die Längsseite des Betts und legt sich auf den Rücken, mit dem Kopf auf das Kissen. Ana setzt sich auf Wallner. Sie ist jetzt frontal zu sehen, im Unterschied zu vorhin, wo sie nur im Profil gezeigt wurde. Ana bewegt sich vor und zurück. Wallner hat ihre Brüste umfaßt. Ana schließt die Augen, schaut einmal kurz in Richtung Kamera, schließt die Augen wieder.
Wallner geht zum Bett. Ana hat auf dem Bett, den Kopf in Richtung des Kopfendes, einen Vierfüßlerstand eingenommen. Wallner kniet sich hinter sie und führt sein Glied ein. Er faßt Ana an den Hüften und bewegt sie schnell vor und zurück. Er bewegt seinen Mund, sagt etwas, ohne daß er zu verstehen wäre.
Dadurch, daß Ana das originale Super-8-Band aus den 70ern in den 80ern mit einer Videokamera abgefilmt hat, sind die Farben grautönig und die Konturen verschwommen. Wallner und Ana sitzen mit dem Rücken an das Kopfende des Betts im Schlafzimmer gelehnt und schauen auf den Fernseher.
Ana steht auf und geht zum Schlafzimmerschrank, hockt sich hin und zieht die unterste Lade heraus.
Wallner sagt: „Nicht die.“
Ana legt den einen der drei Pornofilme, die sie in den 80ern unter einem anderen Namen bei einem Versand bestellt haben, zurück in die Lade und sagt: „Toll.“ Wenn er das nicht wolle, sie wolle das. So gehe das einfach nicht weiter.
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Jetzt lächelt sie geschmeichelt, die blöde Sau. Herausgeputzt hat sie sich, wie könnte es anders sein, weiße Bluse, steifer Rock, Make-up. Eben hat ihr Papa ein Kompliment gemacht, sie habe gut gekocht, es habe ihnen allen sehr gut geschmeckt. Broccolisuppe, soweit sich Wallner erinnern kann. Wahrscheinlich wird in diesem Moment, wo alle schweigen, von ihm erwartet, daß auch er ihr ein Kompliment macht. Papa hat plötzlich seine Hand auf der Tischplatte auf die ihre gelegt, sie sehen sich an. Stefan spielt bei vielem mit, er hat sich auch seinen Firmlingsanzug angezogen und bisher keinen Kommentar abgegeben, und das nur, weil ihn der Papa darum gebeten hat. Er möchte ja auch, daß der Papa glücklich ist. Aber dieses peinliche Jugendlich-Gehabe ist zuviel. Er ist nämlich auch noch hier. Er steht auf und läßt laut den Löffel auf den Teller fallen. Günter und Doris, die blöde Sau, schauen ihn an, überrascht, verwirrt. Ihm wird bewußt, wie peinlich die Situation gerade ist, er hätte nicht aufstehen sollen, er wird rot, glaubt er, und trotzdem, er haßt diese Doris in diesem Augenblick und hofft, daß sie etwas von seiner Abneigung mitbekommt durch den Blick, den er ihr zuwirft, erst ihr, dann dem Papa, bevor er sich umdreht und schnell auf sein Zimmer geht. Der Fehler liegt im nachhinein betrachtet eindeutig nicht bei ihm, Wallner, wie er damals vielleicht meinte, er schrie in sein Kopfkissen, weil er sich schämte und weil er wütend war, beides zugleich, sondern bei seinem Vater und seiner damaligen Lebensgefährtin, Doris, von denen als Erwachsene zu erwarten gewesen wäre, daß sie sich in die Situation eines pubertierenden Jungen, der früh seine Mutter verloren hat, einfühlen können, auch sie waren einmal jung.
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12. Januar
Elena Todestag (4)
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März
Geburtstag Kerstin B. (37)
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Wallner geht am Fenster in seinem Büro auf und ab. Auf dem Parkplatz draußen steigt ein Mann in einen grünen VW. Soweit von oben zu erkennen ist, handelt es sich bei dem Mann um Herrn Meier.
Wallner sagt sehr laut, da erregt: „Aber das haben wir doch überhaupt nicht so besprochen.“
Wiget antwortet. Er spricht aus dem Lautsprecher des Telefons auf Wallners Schreibtisch. „Aber bitte. Stefan. Du hast doch selber gesagt, daß, was Cham angeht, nicht jedes Detail im Aufsichtsrat groß diskutiert werden muß.“
„Aber doch mit mir.“
„Aber die Speditionssachen. Das hast du doch noch nie gemacht. Das haben doch immer der Witte und ich gemacht. Haben das immer der Witte und ich gemacht?“
„Meistens haben das der Witte und du gemacht.“
Wallner hat sich auf den Schreibtischstuhl gesetzt und die Hände auf der Tischplatte gefaltet.
„Und wie bist du überhaupt auf Zentrope gekommen? Von denen hat man ja noch nie etwas gehört.“
„Wie bin ich auf Zentrope gekommen. Über Henning.“
„Über van Riet?“
„Über Henning. Das ist die Firma, die Straßburg benutzt. Henning hat da mal wegen Marckelsheim nachgesehen.“
Es entsteht eine Pause.
Wallner sagt, daß das nichts mache. Es sei ja schon gut. Er verabschiedet sich.
Wiget fragt, ob es bei Samstag abend bleibe.
Wallner sagt: „Ja“.
Wiget sagt, er freue sich und verabschiedet sich.
Wallner erwidert: „Ich auch“ und verabschiedet sich.
Er sitzt auf dem Schreibtischstuhl und hat die Hände auf der Tischplatte gefaltet.
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26. März
16:15 Uhr. Friseur.
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Der hellrote Peugeot in seinem Rückspiegel folgt ihm bereits eine ganze Weile. Gleich nachdem Wallner, nur um zu sehen, was passiert, den Blinker setzte, blinkte auch der hellrote Peugeot hinter ihm. Als Wallner doch nicht abbog, fuhr auch der hellrote Peugeot geradeaus. Der Fremde aus dem Kaufhaus in Nürnberg und eine Frau, seine Frau? haben darin gesessen. Aha, denkt Wallner, einer reicht nicht mehr aus.
„Wenn möglich, bitte wenden“, wiederholt die Frauenstimme des Navigationssystems.
Wallner ist es egal, ob er zu dem Termin um vier in der Leopoldstraße zu spät kommt. Er biegt in ein Wohngebiet ein, beschleunigt und behält dabei die rosa Spur, die er auf der Straßenkarte des Bildschirms zieht, sowie den Rückspiegel im Auge. Unabsichtlich ist er jetzt in eine Sackgasse gefahren, die Straße endet vor einer Hecke. Wallner hält den Wagen an.
Dann wird er nun also sehen, wer in dem roten Peugeot sitzt.
Es ist still geblieben. Wallner wartet, holt den Fotoapparat aus dem Sakko. Diesmal muß das mit dem Fotoapparat funktionieren, das letzte Mal, im Kaufhaus in Nürnberg, waren die drei Fotos, die er gemacht hatte, völlig schwarz. Er spürt wieder diesen stechenden Schmerz in seinem Kopf, in letzter Zeit hat er das Gefühl, daß dieser Kieselstein, oder was auch immer es ist, in seinem Kopf größer geworden ist, handtellergroß.
Der hellrote Peugeot ist nicht gekommen. Wallner setzt sich in den Wagen, startet und schaltet das Navigationssystem ein, um die Zielführung fortzusetzen. Auf dem Gewirr aus gelben Rechtecken und grauen Linien ist nach ein paar Momenten eine rote Linie erschienen, ein Faden.