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Damit mußte sie sich eben abfinden, hätte ihr Vater vermutlich gesagt, obwohl sie bezweifelte, daß er sich zustimmend über seine tapfere kleine Tochter geäußert hätte, die in Florida auf Millionärsjagd ging. Er wäre bestimmt nicht damit einverstanden gewesen, daß sie außerdem einen Bikini in der schwarzen Tasche mit sich herumtrug, die sie aus dem Flugzeug mitgenommen hatte, ohne lange um Erlaubnis zu fragen.

Der Polizist leuchtete jetzt die Büsche auf der anderen Straßenseite ab. Barbara richtete sich aus ihrer gebückten Haltung auf und schlich geräuschlos über den Rasen, der unter ihren Füßen wie Schaumgummi nachgab. Sie wußte genau, daß sie das Haus vor sich hatte, in dessen Nähe ein Objektiv aufgeblitzt war, als sie kurz vor Sonnenuntergang gebadet hatte.

Um sie herum war es jetzt sehr dunkel, weil die Straßenlaternen zu weit entfernt standen, um noch ausreichend Licht zu geben. Als sie um eine der zahlreichen Buschgruppen bog, stieß sie fast mit einem Mann im weißen Anzug zusammen, der vor einem riesigen Teleskop saß, das auf den Himmel im Westen gerichtet war.

Der Mann stand mit einer ruckartigen Bewegung auf, die deutlich zeigte, daß ein Krückstock daran beteiligt war, und fragte mit zitternder Stimme: »Wer da?«

»Guten Abend«, antwortete Barbara Katz mit ihrer wärmsten Stimme. »Sie kennen mich bereits, glaube ich — ich bin das Mädchen, das den gelben Bikini mit schwarzen Streifen anhatte. Darf ich die Mondfinsternis durch Ihr Teleskop beobachten?«

3

Paul Hagbolt warf einen kurzen Blick auf die Hügel am Horizont, wo der Pacific Coast Highway ins Landesinnere führte und die ersten längeren Steigungen enthielt. Hinter der nächsten Kurve ragte ein Ausläufer des fast hundert Meter höher liegenden Plateaus bis an die Straße und setzte sich auf der anderen Seite fort, so daß ein tiefer Einschnitt entstand. Auf der Hochebene lag Vandenberg zwei, das Hauptquartier des amerikanischen Mondprojekts und gleichzeitig der neueste Raumhafen der Luftwaffe. Die hoch über der Straße und dem Pazifik aufragenden Felsen, der hohe Stacheldrahtzaun und die wenigen roten Lichter, die von unten zu erkennen waren, ließen den Stützpunkt fast wie die Festung eines modernen Raubritters erscheinen.

Das gleichmäßige Fahrgeräusch veränderte sich auffällig, als das Kabriolett über eine Betonbrücke rollte, die an dieser Stelle einen kleinen Fluß überspannte. Margo richtete sich plötzlich auf. Miau zuckte zusammen, aber ihre Herrin kümmerte sich nicht um sie, sondern starrte nach rückwärts. »Langsamer, Paul!«

»Was ist denn los?« fragte Hagbolt, ohne den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Die erste Steigung hatte begonnen.

»Ich könnte fast beschwören«, sagte Margo nachdenklich während sie weiter nach hinten sah, »daß ich ein Schild gesehen habe, auf dem ›Fliegende Untertassen‹ stand.«

Paul zuckte wortlos mit den Schultern.

»Ein ziemlich kleines weißes Schild«, erklärte Margo ihm. »Unmittelbar vor der Brücke. Können wir nicht zurückfahren damit du es auch siehst?«

»Aber wir sind doch schon fast in V-2«, wandte Paul ein. »Willst du den Mond nicht durch ein Teleskop sehen? Wir müssen allerdings das Dach schließen und Miau im Wagen lassen Katzen haben in Vandenberg nichts zu suchen.«

»Nein, ich will nicht«, antwortete Margo. »Das Teleskop interessiert mich überhaupt nicht. Außerdem verabscheue ich jede Organisation, die bestreitet, daß Katzen auch Leute sind!«

»Schon gut, schon gut«, murmelte Paul.

»Am besten kehrst du gleich hier um. Dann sehen wir auch den Mond wieder vor uns.«

Paul gab sich alle Mühe, rasch an dem weißen Schild vorbeizufahren, aber Margo hielt ihn rechtzeitig an. »Dort! Bei der grünen Laterne! Daneben halten!« Als der Wagen auf dem Bankett zum Stehen gekommen war, richtete Miau sich auf und sah sich ohne großes Interesse um.

An dieser Stelle führte eine nicht asphaltierte Nebenstraße zum Strand hinab. Die Abzweigung wurde durch eine Petroleumlampe mit grünem Glas markiert. Auf der anderen Straßenseite war im Licht der Autoscheinwerfer deutlich ein kleines weißes Schild zu erkennen. Die sauber gezeichneten schwarzen Buchstaben ergaben folgenden Text: ZUM SYMPOSIUM ÜBER FLIEGENDE UNTERTASSEN — GÄSTE WILLKOMMEN!

»Das gibt es wirklich nur in Kalifornien«, sagte Paul und schüttelte den Kopf.

»Komm, wir fahren hinunter und sehen uns die Sache selbst an«, schlug Margo vor.

»Kommt nicht in Frage!« sagte Paul energisch. »Du kannst Vandenberg nicht ausstehen, und ich habe etwas gegen Verrückte, die an Fliegende Untertassen glauben.«

»Aber vielleicht sind sie gar nicht verrückt, Paul«, wandte Margo ein. »Die Sache hat irgendwie Stil. Allein die Schrift — das ist Original Baskerville.«

Sie nahm Miau auf den Arm, stieg aus und ging über die Straße.

»Außerdem wissen wir gar nicht, ob die Versammlung heute abend stattfindet«, rief Paul hinter ihr her. »Wahrscheinlich war sie schon früher oder gar letzte Woche. Wer weiß?« Er stand auf. »Ich sehe weder Lichter noch andere Lebenszeichen.«

»Die grüne Laterne beweist, daß die Versammlung heute stattfindet«, antwortete Margo. »Komm, wir fahren hinunter, Paul.«

»Die Laterne hat vielleicht gar nichts mit dem Schild zu tun.«

Margo drehte sich um und hielt im Scheinwerferlicht einen schwarzen Zeigefinger hoch.

»Die Farbe ist noch naß«, sagte sie.

Der Mond zog sich weiter in den Erdschatten zurück und näherte sich dem Punkt, an dem die drei Himmelskörper sich in einer Linie hintereinander befinden würden. Der Mond zerrte wie immer mit den unsichtbaren Fingern seiner Schwerkraft an dem nahen Planeten — die Sonne ebenfalls, aber wesentlich schwächer —, verformte dabei die Felskruste der Erde und ihren etwas elastischeren Kern, löste kaum wahrnehmbare Erdstöße und einige größere Beben aus und brachte die Gewässer der Erde zum Vibrieren, so daß Ozeane und Binnenmeere, Buchten, Kanäle und Fjorde, Seen und Teiche im langsamen Takt der Flut schwankten, deren einzelne Schwingungen etwas länger als einen Tag oder eine Nacht anhalten.

4

Das Kabriolett mit Paul Hagbolt und Margo Gelhorn und ihrer Katze schwankte langsam über die schlechte Straße mit den tiefen Fahrspuren. Rechts ragten jetzt wieder felsige Klippen auf, links erstreckte sich der Sandstrand bis zum Wasser. Hier gab es keine Autoscheinwerfer mehr, von denen die Nacht wie auf der großen Straße in unregelmäßigen Abständen erhellt wurde. Nur der dunkle Mond und einzelne Sterne warfen jetzt noch einen schwachen Lichtschimmer, so daß eine fast unheimliche Stimmung entstand. Selbst Miau schien etwas davon gespürt zu haben, denn sie richtete sich auf und starrte nach vorn.

»Das ist wahrscheinlich auch die Straße, die zum rückwärtigen Eingang von Vandenberg zwei führt«, meinte Paul. »Die offizielle Bezeichnung heißt ›Strandtor‹ oder so ähnlich. Normalerweise sollte ich natürlich das Haupttor benützen, aber im Notfall ...« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Eigentlich komisch, daß diese Verrückten ihre Versammlungen immer in der Nähe von Raketenbasen oder anderen Luftwaffenstützpunkten abhalten. Wahrscheinlich hoffen sie, daß auf diese Weise ein bißchen Ruhm auf sie abfärbt. Hast du schon gewußt, daß die Luftwaffe zuerst deswegen mißtrauisch war?«