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Paul Hagbolt und Margo Gelhorn hörten aufmerksam zu, als der Mann mit dem Bart sagte: »Die Hoffnungen und Ängste der Menschen, ihre tiefsten Gefühlsbewegungen beeinflussen immer das, was sie am Himmel sehen — dabei spielt es keine Rolle, ob wir von Flugzeugen, Planeten oder Raumschiffen von anderen Sternen sprechen. Die gleiche Tatsache läßt sich auch anders ausdrücken: Jede Fliegende Untertasse ist zugleich ein Zeichen.«
Die Stimme des Bärtigen klang weich, aber trotzdem jugendlich feurig. Doc — der große Mann mit der Glatze und der dicken Brille — und der Turban hörten gleichmütig zu. (Margo hatte nicht einmal zwei Minuten gebraucht, um die Diskussionsteilnehmer und einige Zuhörer mit passenden Spitznamen zu versehen.)
Der Bärtige fuhr fort: »Der verstorbene Doktor Jung hat diesen Aspekt der Fliegenden Untertassen ausführlich in seinem Werk mit dem Titel Ein moderner Mythus von Dingen, die am Himmel gesehen werden behandelt.«
»Wie heißt er überhaupt?« wollte Margo von Paul wissen. Er versuchte, den Namen im Programm zu lesen, aber in der letzten Reihe war es zu dunkel.
Der Bärtige sprach weiter: »Doktor Jung interessierte sich besonders für Untertassen, die wie ein Kreis aussehen, der in vier gleiche Abschnitte unterteilt ist. Er berichtet, daß diese Form den Mandalas entspricht, die in der buddhistischen Lehre eine Rolle spielen. Das Mandala ist das Symbol für psychische Einheit — der menschliche Geist in unbewußter Abwehrstellung gegen Wahnsinn und ähnliche Gefahren. Es erscheint bevorzugt in unruhigen Zeiten wie heutzutage, in denen der Mensch in ständiger Angst vor einem Atomkrieg lebt, während er gleichzeitig fürchten muß, zu einer Nummer degradiert zu werden, die nur einen weiteren Soldaten-Sklaven oder Verbraucher-Roboter bezeichnet, der die Verbindung zu seiner Kultur völlig verliert, weil er sich auf zehntausend verschiedene, aber doch entscheidende Aufgaben spezialisieren muß.«
Paul hatte in diesem Augenblick fast ein schlechtes Gewissen. Noch vor fünf Minuten hatte er diese Leute als Verrückte bezeichnet — und schon der erste von ihnen sprach durchaus vernünftig und zivilisiert.
Ein kleiner Mann, der neben dem Schäferhund saß, stand auf.
»Entschuldigen Sie, Professor«, sagte der kleine Mann, »aber nach meiner Uhr ist die Mondfinsternis in einer Viertelstunde zu Ende. Ich möchte Sie alle daran erinnern, sorgfältig Wache zu halten, während Sie hören, was unsere interessanten Sprecher zu sagen haben. Rama Joan hat uns erzählt, daß es kosmische Wesen gibt, die gleichzeitig Dutzende von Gedanken verfolgen können. Folglich müßten wir uns doch auf zwei konzentrieren können! Schließlich haben wir die Versammlung vor allem deshalb einberufen, weil sich jetzt die beste Gelegenheit bietet, auch die weniger kühnen Untertassen zu sehen, die sonst das Licht scheuen. Halten wir also nach den Schüchternen Untertassen — so nennt Ann sie jedenfalls — Ausschau, damit die kostbare Gelegenheit nicht ungenutzt vorübergeht.«
Einige Köpfe in den ersten Reihen bewegten sich gehorsam.
»Ich wünsche Ihnen gute Jagd«, sagte der kleine Mann. »Entschuldigen Sie, Professor.« Er setzte sich wieder.
Aber bevor der Bärtige weitersprechen konnte, ergriff ein anderer Mann das Wort. Er saß mit hochgezogenen Schultern und gekreuzten Armen auf seinem Stuhl. Margo hatte ihm bereits den Namen Ladestock gegeben.
»Professor, Sie haben hier eine Menge schöner Geschichten erzählt«, begann der Ladestock, »aber ich habe den Verdacht, daß Sie damit Untertassen meinen, die sich die Leute nur einbilden. Daran habe ich kein Interesse, selbst wenn Mister Jung ein Buch darüber geschrieben hat. Ich interessiere mich nur für wirkliche Untertassen, in denen ich schon selbst geflogen bin.«
Paul grinste zufrieden. Endlich benahmen die Leute sich, wie man es von ihnen erwarten konnte!
Der Bärtige schien etwas aus der Fassung geraten zu sein. »Tut mir leid, wenn ich diesen Eindruck erweckt habe«, sagte er. »Ich dachte, ich hätte ...«
Doc hob den Kopf und legte dem Bärtigen die Hand auf den Arm, als wollte er sagen: »Überlassen Sie mir den Fall.« Der Turban beobachtete ihn lächelnd und zog eine Manschette aus dem Ärmel des Smokings. Doc lehnte sich nach vorn und starrte den Ladestock an, als habe er ein Insekt vor sich.
»Verzeihung, Sir«, begann er langsam, »habe ich richtig gehört, daß Sie auch behaupten, andere Planeten mit einer Fliegenden Untertasse besucht zu haben — Planeten, die in keinem Himmelsatlas verzeichnet sind?«
»Richtig«, antwortete der Ladestock und richtete sich noch höher auf.
»Und wo sind diese anderen Planeten?«
»Oh ... überall«, erwiderte der Ladestock und fügte hinzu: »Wirkliche Planeten lassen sich nicht von Astronomen herumkommandieren.«
Doc ignorierte das unterdrückte Gelächter der anderen. »Sind diese Planeten irgendwo am Rande des Universums zu finden — als Planeten eines anderen Sternes, der viele Lichtjahre von der Erde entfernt ist?« Seine Stimme klang jetzt fast väterlich.
»Nein«, antwortete der Ladestock. »Ich habe erst letzte Woche Arletta besucht, und der Flug hat nur zwei Tage gedauert.«
Doc ließ sich nicht einschüchtern. »Sind die Planeten vielleicht sehr klein und halten sie sich hinter der Sonne oder dem Mond oder dem Jupiter verborgen — wie Menschen, die sich im Wald hinter Bäumen verstecken?«
»Nein, das auch nicht«, versicherte ihm der Ladestock. Er nahm die Schultern zurück, aber seine Stimme klang weniger sicher als zuvor. »Sie verstecken sich nicht hinter irgend etwas — das haben sie gar nicht nötig. Sie sind einfach ... dort draußen. Und sie sind groß, das können Sie mir glauben — so groß wie die Erde. Ich habe sechs von ihnen besucht.«
»Hmm«, meinte Doc zweifelnd. »Handelt es sich zufällig um Planeten aus dem Hyperraum, die nur ab und zu sichtbar werden — sagen wir, wenn Sie ihnen einen Besuch abstatten wollen?«
Diesmal lachten die Zuhörer beifällig.
»Sie sind einfach negativistisch«, warf der Ladestock ihm vor, »und vor allem viel zu theoretisch veranlagt. Die anderen Planeten sind einfach dort draußen, sage ich Ihnen.«
»Und warum können wir sie dann nicht einfach sehen?« erkundigte Doc sich gelassen.
Dann folgte eine längere Pause. »Völlig negativistisch«, fügte der Ladestock schließlich mit einem überlegenen Lächeln hinzu. »Reine Zeitverschwendung, wenn ich Ihnen erklären wollte, daß einige Planeten unsichtbar sind, weil sie das Sternenlicht um sich herum lenken. Mit Ihnen kann man nicht vernünftig diskutieren.«
»Ich möchte in diesem Zusammenhang etwas klarstellen«, sagte Doc aufgebracht und wandte sich an alle Zuhörer. »Von mir aus können wir über jede Idee sprechen — sogar darüber, ob sich ein fremder Planet in unserem Sonnensystem herumtreibt. Aber ich möchte wenigstens die Andeutung einer vernünftigen Erklärung dafür hören, selbst wenn es heißt, daß der Planet nur im Hyperraum existiert.« Er nickte dem Ladestock zu. »Charles Fulby hat sich immerhin Gedanken darüber gemacht, warum seine Planeten unsichtbar sind.«