ca. 2500 v. Chr.
DER SCHATZ DES PRIAMOS Auf oder eher in (!) einem Hügel beim heutigen westtürkischen Hisarlik entdeckte Heinrich Schliemann (1822–1890) auf der Suche nach dem Troja der Ilias eine eindrucksvolle Ruinenstadt. Gleich zu Beginn der Ausgrabungen 1871 war klar: Hier befanden sich mehrere Siedlungsschichten, die von der Antike über die Bronzezeit bis hinunter in die Jungsteinzeit übereinander gelagert waren.
Die ältesten fünf Schichten der Stadt stammen nach den gegenwärtigen archäologischen Befunden aus der Zeit nach 3000 v. Chr. Der sogenannte »Schatz des Priamos« gehört eindeutig zur Schicht Troja II (2600–2300 v. Chr.). Damit ist er rund 1000 Jahre älter als die Schicht, die man mit dem legendären Untergang der Stadt im Trojanischen Krieg in Verbindung bringt. Diesen ordnet man der von offensichtlich starken Zerstörungen gekennzeichneten Schicht VIIb zu, also einer wesentlich jüngeren – falls der homerische Krieg um Troja tatsächlich vor dem Hisarlik-Hügel stattfand.
Auf jeden Fall aber war Troja II ein frühbronzezeitlicher Nachbar von Hattusa. Der aus rund 8000 Edelmetall-Stücken bestehende Schatz ist ein eindrucksvoller Beleg für die Bedeutung und den Reichtum der Stadt. Sie lag schon damals strategisch günstig an wichtigen Fernhandelswegen genau gegenüber der Meerenge der Dardanellen. Über sie sollten noch viele Einwanderungs- und Eroberungswellen hinweggehen.
Übrigens: Der am 31. Mai 1873 gefundene »Schatz des Priamos« befand sich bis 1945 in Berlin und wurde als Kriegsbeute nach Russland verschleppt. Noch immer befindet er sich in den Gewölben des Puschkin-Museums in Moskau.
1274–1260 v. Chr.
DER ÄLTESTE FRIEDENSVERTRAG: KADESCH Nach dem frühen Tod des später weltberühmt gewordenen ägyptischen Pharaos Tutenchamun schickte dessen Witwe eine Gesandtschaft nach Hattusa und machte dem hetithischen König Schuppiluliuma I. einen Vorschlag. Sie wolle einen seiner Söhne heiraten und ihn zum Pharao machen. Die Nachricht über den diplomatischen Austausch hat sich erhalten und zeigt, dass sich Hatti und Ägypten als gleichrangig betrachteten.
Schuppiluliuma hatte Nordsyrien erobert. Das ägyptische Großreich war bereits seit 100 Jahren im benachbarten Libanon präsent. Wenige Generationen später kam es zur welthistorisch ersten Auseinandersetzung zweier Großmächte: Hatti und Ägypten rangen um die Vorherrschaft in der Levante.
Der hethitische König Muwatalli trat um 1280/1270 v. Chr. weiteren Expansionsbestrebungen der Ägypter unter Ramses II. entgegen. Im heutigen syrisch-libanesischen Grenzgebiet, nahe der Festung Kadesch, boten beide Seiten die für damalige Verhältnisse ungeheure Anzahl von 20000 Kämpfern für eine Schlacht auf. Die pharaonische Propaganda feierte einen großen Sieg. Ramses’ Tempelbauten, zumal in Abu Simbel, sind bedeckt mit Darstellungen des kämpfenden Pharao – dabei musste er froh sein, dass die Schlacht unentschieden ausgegangen war und Muwatalli nicht weiter vordrang. Um 1260 v. Chr. schlossen der neue hethitische König Hattusili III. und Ramses den ältesten schriftlichen Friedensvertrag der Welt. »Kopien« des ägyptisch-hethitischen Vertrages von Kadesch in akkadischer Keilschrift für die Hethiter und als Hieroglyphen-Text vom Tempel in Karnak befinden sich heute im UNO-Gebäude in New York.
3000/2000 v. Chr.
KRETA, MINOS UND DIE MINOISCHE KULTUR Die Anfänge der kretischen Zivilisation gehen zurück bis in die sumerisch-akkadische Zeit und die ersten Dynastien in Ägypten um 3000 v. Chr. Sie ist nicht griechisch und kennt keine Zeus-Religion. Im Mittelpunkt der religiösen Vorstellungen der Kreter stand offenbar ein Stierkult. Die einzige bekannte Figur ist »König Minos«, der legendäre Erbauer des ebenso legendären Labyrinths, in dem der stierköpfige Minotaurus hauste. »Minos« war aber eher ein Königstitel und nicht der Name einer historischen Person. Die »Minosse« kann man etwas großzügig als Zeitgenossen Hammurapis bezeichnen. Sie beendeten irgendwann in der langen Zeitspanne zwischen 3000 und 2000 v. Chr. im Ostmittelmeer das Piratenwesen und ermöglichten so einen sicheren Handel in der Region. Schon damals bestanden enge Handels- und Kulturkontakte zu den Kykladen, zur hethitisch-phönizischen Levante und zu Ägypten.
Um 2000 v. Chr. begann der Palastbau auf Kreta. Der britische Archäologe Sir Arthur Evans (1851–1941) entdeckte und ergrub 1900 bis 1903 die Paläste von Knossos (minoisch ku-nu-ša). Er verband sie mit dem aus der Sage bekannten Königsnamen und bezeichnete die kretische als »minoische« Kultur.
2100–1700 v. Chr.
DER PALAST VON KNOSSOS Etwa gleichzeitig mit Hammurapi und der 12. Dynastie in Ägypten setzte die »Palastkultur« in Kreta ein. Wie im Alten Orient und später in Mykene war ein »Palast« (oder ein Tempel) Herrschafts- und Wirtschaftszentrum zugleich. Knossos stieg zur stärksten Macht Kretas auf. Sein Palast mag als Vorbild für das sagenhafte Labyrinth des Minotaurus gedient haben. In der – griechischen – Sage liegt der Ursprung von Redewendungen wie der vom Ariadnefaden (der sprichwörtliche »rote Faden«) und vom Flug des Ikarus, bei dem abstürzt, wer leichtsinnig zu hoch hinaus will. Die Hochblüte der minoischen Kultur setzte um 2000 v. Chr. dramatisch schnell ein, da ihr die Bronzeverarbeitung einen enormen technisch-wirtschaftlichen Schub verlieh.
In den Palästen gab es jede denkbare Art von Wohnluxus, komplett mit Toilette, Badewanne, Balkon und Kühlräumen. Höhepunkte der minoischen Kunst sind Wandmalereien von schlanken jungen Männern, die über Stiere springen, und jungen Frauen mit bemerkenswert schmaler Taille sowie von Delfinen aus dem ebenfalls zum minoischen Kulturbereich gehörenden Santorin.
Die höfische Kultur in den minoischen Palästen war die erste urbane Zivilisation auf europäischem Boden. Um 1700 v. Chr. wurde sie durch eine Naturkatastrophe, womöglich die vulkanische Explosion der Insel Thera (Santorin) oder ein Erdbeben, vorübergehend zerstört.
Was danach geschah: Der Wiederaufbau erfolgte rasch. In den beiden Jahrhunderten um 1600 v. Chr. erlebte Kreta eine zweite, noch glanzvollere Blütezeit mit diplomatischen Beziehungen zu den Hyksos in Ägypten, minoische Handwerker bauten sogar Paläste für die Hyksos. In einem Erdbeben und nachfolgender Flutwelle ging die Flotte und damit die Vorherrschaft auf See verloren. Diese übernahmen fortan die griechischsprachigen Achäer. Tontafelzeugnisse weisen darauf hin, dass seit etwa 1450 v. Chr. achäische Griechen aus Mykene die herrschende Schicht in Kreta bildeten. Beide Kulturen beeinflussten sich gegenseitig, und es entstand eine mykenisch-minoische Mischkultur, kurz bevor die Seevölker gerade in der Ägäis besonders zerstörerisch wirkten. Mykene, Knossos, Troja – alles ging unter.
1800 v. Chr.
PHÖNIZIER I Das später von den Griechen so genannte Phönizien (heute: Libanon, Westsyrien, Südtürkei) war eine zersplitterte politische Landschaft reiner Stadtstaaten: Tyros, Sidon, Byblos, Ugarit oder das kürzlich wiederentdeckte Qatna und einige andere. Die »Phönizier« kannten kein »Nationalbewusstsein«, sondern identifizierten sich mit ihrer jeweiligen Heimatstadt. Deswegen gab es auch nie ein »phönizisches Reich«. Die Stadtstaaten gerieten fortwährend in wechselnde Tributabhängigkeiten von den umgebenden hethitischen oder ägyptischen Großmächten. Nach der eisenzeitlichen Wanderung wurde das Gebiet politisch meist von den Assyrern dominiert.