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1949

NATO    Eine weitere Folge der Containment-Politik war die Gründung der NATO (Nordatlantik-Pakt-Organisation) am 4. April 1949. Auf westatlantischer Seite gehören zu dem Bündnis die USA und Kanada, auf europäischer Seite die meisten westeuropäischen Staaten (außer den Neutralen: Schweden, Schweiz, Österreich und Irland) und die Türkei. Die Bundesrepublik Deutschland trat am 9. Mai 1955 bei. Einer oft zitierten Formel zufolge ist Sinn und Zweck der NATO to keep the Russians out, the Americans in and the Germans down (»die Russen aus Westeuropa rauszuhalten, die Amerikaner an der Seite der Westeuropäer zu halten und die Deutschen am Boden zu halten«).

Das galt jedenfalls bis zur Wende. Die Antwort des Ostblocks auf die NATO war die Gründung des Warschauer Pakts. Dies geschah 1955, eine Woche nach dem Beitritt der BRD zur Nato. Der Warschauer Pakt löste sich nach der Wende am 1. Juli 1991 auf.

DIE UNABHÄNGIGKEITSBEWEGUNGEN

An der Gründung der Vereinten Nationen 1945 nahmen 51 Staaten teil, von Ä wie Ägypten bis V wie Venezuela. Heute hat die UNO 192 Mitgliedsländer. Bis zum Beitritt der ersten afrikanischen Staaten (Ghana und Guinea) 1960 war die Mitgliederzahl auf rund 80 gewachsen. Einen Staatenvermehrungsschub gab es in den Sechzigerjahren durch die Unabhängigkeit vieler ehemaliger Kolonien in Afrika und Asien sowie in den Neunzigern nach dem Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens.

INDISCHER NATIONALKONGRESS    Bereits 1885 war in Bombay der Indische Nationalkongress (INC) gemeinsam durch Hindus und Muslime gegründet worden. Beteiligt war daran auch Motilal Nehru, Vater von Jawaharlal Nehru und Großvater von Indira Gandhi.

Mahatma Gandhi (1869–1948) hatte noch vor den Burenkriegen in Südafrika erste politische Widerstandsaktivitäten entfaltet, weil er dort von 1893 bis 1896 als junger, in England ausgebildeter Anwalt (und aus einer hohen Kaste stammend) schikaniert worden war. Auf englischer Seite nahm Gandhi 1899 als Sanitäter am Burenkrieg teil. 1914 kehrte er endgültig nach Indien zurück und baute seinen Ashram auf. Nach dem Massaker von Amritsar am 13. April 1919, bei dem die Briten bei einer gewaltfreien Demonstration des INC Tausende von Menschen getötet und verletzt hatten, übernahm er 1920 dessen Führung.

Durch Gandhi wurde der INC zur Massenbewegung. Gandhi forderte die Inder auf, sich nicht mehr an der britischen Verwaltung Indiens zu beteiligen, britische Waren zu boykottieren und gewaltfreien, zivilen Ungehorsam zu üben. Schulen, Büros, Fabriken, Geschäfte, Verkehr, Polizei, Militär – alles wurde bestreikt und lahmgelegt. Die 100000 Briten in Indien waren schockiert. Ihnen standen 300 Millionen Inder gegenüber. Mit dem spektakulären Salzmarsch, angeführt von Gandhi, sollte 1930 das britische Salzmonopol durchbrochen werden: Inder durften kein Salz herstellen oder verkaufen und mussten auf das britische Salz Steuern zahlen. Millionen Inder gewannen aus dem Meer ihr eigenes Salz, und Zehntausende ließen sich verhaften. Erst danach signalisierten die Briten ein gewisses Entgegenkommen. 1935 wurden Wahlen zu Provinzparlamenten abgehalten und Birma 1937 zur unabhängigen Kronkolonie erhoben.

INDIEN UND PAKISTAN    Indien kämpfte im Zweiten Weltkrieg auf der Seite der Alliierten – gegen die Zusicherung, anschließend in die Unabhängigkeit entlassen zu werden. Gandhi begann dies im Sommer 1942 einzufordern und wurde im Alter von 73 Jahren – ein weiteres Mal – für zwei Jahre ins Gefängnis gesteckt, was die Unterstützung für ihn nur vergrößerte. Auch sein bedeutendster Mitstreiter Jawaharlal Nehru (1889–1964) wurde bis 1945 von den Briten gefangen gehalten. Danach verhandelten Gandhi und Nehru sowie der Führer der Muslimliga Ali Jinnah mit dem letzten indischen Vizekönig Lord Mountbatten nur noch über die Modalitäten der Unabhängigkeit. Mountbatten war ein enger Verwandter der englischen Königsfamilie.

Als größter je in die Unabhängigkeit entlassene Staat erhielt Indien am 15. August 1947 seine Souveränität. Gleichzeitig wurde Pakistan abgespalten. Da die indischen Muslime fürchteten, innerhalb der Unabhängigkeitsbewegung von der Mehrheit der Hindus verdrängt und überstimmt zu werden, hatten sie bereits 1906 eine eigene Muslimliga gegründet. Dies veranlasste die Briten, im Zuge der Entlassung in die Unabhängigkeit ihr indisches Kolonialreich in zwei Staaten aufzuteilen: die Indische Union und das muslimische Pakistan.

Durch die Teilung Indiens kam es zur größten Völkerwanderung in »Friedenszeiten«. Zehn Millionen Hindus und Sikhs wurden aus Pakistan und sieben Millionen Muslime aus Indien unter menschenunwürdigen Umständen vertrieben; bis zu einer Million Menschen kamen auf den entbehrungsreichen Märschen und aufgrund nackter Gewalt um.

Was danach geschah: Gandhi starb 1948 durch den Mordanschlag eines fanatischen Hindus. Nehru wurde von 1947 bis 1964 der erste Ministerpräsident Indiens und einer der am meisten respektierten Politiker seiner Zeit. Seine Tochter Indira Gandhi bekleidete dieses Amt von 1966 bis 1977 und erneut von 1980 bis 1984. Sie wurde von zwei ihrer Leibwächter ermordet und dabei von Kugeln regelrecht durchsiebt. Indira Gandhi regierte ausgesprochen autoritär, gab dem Land ein staatssozialistisches Gepräge und betrieb außenpolitisch einen antiwestlichen Kurs. Um 1970 lehnte sich die Bevölkerung Ostpakistans gegen die Zentralregierung Pakistans auf und erlangte mit indischer Hilfe 1971 die Unabhängigkeit als Bangladesch. Die Provinz Kaschmir bleibt zwischen Indien und Pakistan umstritten.

DEKOLONISATION    Als zweites bedeutendes Land in Asien wurde Indonesien 1949 als vormals niederländische Kolonie in die Unabhängigkeit entlassen, nachdem der spätere erste Staatspräsident Sukarno bereits 1945 die Unabhängigkeit proklamierte hatte. In den Fünfzigerjahren begann die Dekolonisation in Afrika. Als erstes afrikanisches Land wurde Ghana (1957) unabhängig, die alte »Goldküste« Westafrikas und zuletzt eine britische Kolonie. Die letzten waren die portugiesischen Kolonien Mosambik (Juni 1975) und Angola (November 1975).

1946

VIETNAMKRIEG I    Seit 1863 war Frankreich Kolonialmacht in Indochina (Laos, Kambodscha, Vietnam) gewesen. Eine Widerstandsbewegung gegen die Franzosen unter dem jungen Gelehrten Ho Chih Minh gab es seit den Dreißigerjahren. Er gründete auch die dortige Kommunistische Partei. In den Turbulenzen des Zweiten Weltkrieges verdrängten die Japaner für kurze Zeit die Franzosen aus Indochina. 1945 rief Ho Chih Minh eine Republik aus.

Für die Franzosen war Indochina doch recht profitabel gewesen. Sie kehrten zurück, während Ho Chih Minhs »Liga für die Unabhängigkeit Vietnams«, die Viet Minh, in den Untergrund ging. Bald konnten die Franzosen ihren Indochina-Krieg nicht mehr allein finanzieren. 1954 trugen die Amerikaner bereits 80 Prozent der Kosten. Die USA sahen ihre Interessen in Asien gefährdet, weil die Viet Minh massiv von der kommunistischen Sowjetunion unterstützt wurden.