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In der klimatisch sehr begünstigten Gegend gab es viel Gartenanbau, vielleicht stammt der Wein sogar dorther. Und wegen der zentralen geografischen Lage betrieben die Phönizier seit jeher Handel nach allen Richtungen. Von einem ihrer Exportschlager entlehnten später die Griechen den Namen des Volkes: Mit dem Saft der Purpurschnecke phoinix färbten die Phönizier ein begehrtes Luxusgut: purpurfarbenes Tuch. Ihr einzigartiges kulturelles Vermächtnis an die Welt ist die Entwicklung des phönizischen Alphabets.

1750 v. Chr.

ALPHABET I    Um 1750 v. Chr., kurz bevor die älteren minoischen Paläste durch Erdbeben einstürzten, begann in der phönizischen Welt bis hinunter zum Sinai eine Entwicklung in der Geschichte der Schrift, die etwa 500 Jahre andauerte und an deren Ende das phönizische Alphabet stand, dessen direkten Nachfolger der Leser hier unmittelbar vor Augen hat. Das phönizische ist die Mutter aller Alphabete. Die hebräischen, arabischen, griechischen und die lateinischen Buchstaben sind daraus hervorgegangen, natürlich auch die kyrillischen.

Die durch fruchtbaren Ackerbau und ausgedehnte Handelsbeziehungen im gesamten damaligen Orient vernetzten phönizischen Stadtstaaten waren kulturelle Schmelztiegel. Man kannte und beherrschte die Schriftsysteme der Nachbarn (Keilschrift, ägyptische Hieroglyphen, die kretische Hieroglyphenschrift Linear-A). Da muss der Gedanke an Vereinheitlichung und Vereinfachung aufgekommen sein, ebenso wie die geniale Idee, Zeichen nur noch als Symbol für einen Laut zu benutzen und nicht länger als Chiffre für eine Silbe oder ein Wort. Bei den Phöniziern lehnten sich viele Zeichen in ihrer äußeren Gestalt an ägyptische und kretische an, doch die Formen der »Buchstaben« wurden im Lauf der Jahrhunderte immer einfacher, damit man immer flüssiger schreiben konnte.

Diese Entwicklung war kein »Sprung« oder Geistesblitz eines Einzelnen, sondern ein Prozess. Im Vergleich mit den vorhergehenden rund anderthalbtausend Jahren, in denen die alten Hochkulturen ihre Schriftsysteme äußerlich und strukturell viel weniger entwickelt hatten, erscheint es im Nachhinein als beachtlicher Durchbruch. Dabei war das Endprodukt keineswegs aus einem Guss. Gerade in der Anfangsphase gab es viele lokale nordsemitische und südsemitische (im Sinaigebiet) Varianten. Die für die Weltkultur entscheidende Entwicklung vollzog sich jedoch ab 1750 v. Chr. im nordpalästinensisch-syrischen Raum bei den Phöniziern und war um 1250 v. Chr. abgeschlossen. Die Griechen übernahmen dieses Alphabet etwa 100 bis 200 Jahre später. Bevor es dazu kam, mussten sie aber erst einmal in die Ägäis einwandern.

DIE ERSTEN GRIECHEN UND IHRE GÖTTER

Hellenen hießen die Gefolgsleute des Achilleus aus Thessalien, bevor Hesiod um 700 v. Chr. alle Griechen so nannte. Noch Homer verwendet nur einzelne Stammesnamen: Achäer, Danaer, Argiver, genauso wie man in der Frühzeit der deutschen Geschichte nie von »Deutschland«, sondern von Franken, Sachsen, Baiern sprach. Die Ionier, Achäer, Äolier, Dorer sind die ersten indoeuropäischen Griechen, die seit 2000 v. Chr. auf die Halbinsel einwandern, hier endgültig sesshaft und die Träger der griechischen Kultur werden. Die Invasion muss sehr gewaltsam verlaufen sein. Bei Ausgrabungen findet sich zwischen der helladischen und der archaischen griechischen Schicht sehr viel Asche.

ZEUS    ist der Hauptgott, den die hellenischen Stämme mitbringen. Andere wie Apollon, Athene, Artemis sind orientalischen oder altmediterranen Ursprungs.

Der bei uns geläufige indogermanische Name des griechischen Hochgottes ist wortgeschichtlich identisch mit griechisch theós und lateinisch deus oder Jovis; (»Jupiter« ist eine Zusammensetzung aus jovis und pater und heißt nichts anderes als »Vater der Götter«). Die Grundbedeutung von deus ist »der strahlende Himmel«. Das Wort ist eng verwandt mit lateinisch dies für »Tag«, womit klar ist, dass Zeus den lichten Tag regiert und im Himmel »wohnt«. Er »erschien« oft in Form einer Wolke und, ähnlich wie der germanische Wotan, mit Blitzen. Die Parallelen zwischen den beiden wichtigsten uns vertrauten indogermanischen Hochgöttern Zeus und Wotan als Himmelskönige verweisen eindeutig auf einen gemeinsamen Ursprung. Nur bei den Germanen wurde der Name theós/Zeus durch Wotan (»der Wütende«) ersetzt.

um 1600 v. Chr.

MYKENE    Auf dem Boden einer bis dahin unspektakulären frühbronzezeitlichen Bauernkultur entstand um 1600 v. Chr. schnell eine Hochkultur mit eindrucksvollen Palastburgen auf Berggipfeln, »Löwentor«, »Schatzhaus des Atreus«, »Goldmaske des Agamemnon«, Zyklopenmauern und aufwendigen Grabanlagen. Weitere Orte der »mykenischen« Kultur waren etwa Tyrnis und Pylos. Früher nahm man als Ursache für diesen Kulturaufschwung unbekannte Einwanderer aus dem Norden an. Möglich ist aber auch, dass sich die Oberschicht dieser Frühhellenen durch ihre Handelskontakte mit Hochkulturen im Osten (Hethiter, Kreter, Ägypter) inspirieren ließ.

Nach ihrer größten Burganlage wird die neue Kultur »mykenisch« genannt. Anders als viele bekannte griechische Ortsnamen, die vorgriechisch und damit älter sind (etwa Athen und Korinth), ist »Mykene« ein griechisches Wort. In der Legende wird es mit dem Medusa-Bezwinger Perseus verknüpft, der an jenem »Pilzort« frisches Wasser in einem Pilzhut schöpfte. Mykenes erster Ausgräber Schliemann und die ältere Archäologie hielten den Agamemnon der Ilias für einen mykenischen Herrscher.

In ihrer Anfangsphase (seit etwa 1600 v. Chr.) war die Kultur Mykenes von der überlegenen minoischen Kultur in Kreta abhängig. Später kehrten sich die Verhältnisse um und Mykene beherrschte Kreta auch politisch. Mykene wie Kreta gingen um 1200/1100 v. Chr. unter, wahrscheinlich in den katastrophalen Umwälzungen der eisenzeitlichen Wanderung. Die Sage vom Trojanischen Krieg hält man für einen fernen Widerhall dieser rätselhaften Ereignisse. Kurz vor ihrem Untergang erreichte die mykenische Kultur ihren Höhepunkt.

DIE TOTENMASKE DES AGAMEMNON    Die mykenischen Schachtgräber sind bis zu vier Meter tief in den weichen Fels gegraben. Sie enthielten eine Fülle von kostbaren Grabbeigaben, neben Waffen und Goldschmuck auch Bernstein von der Ostsee und Straußeneier aus Afrika, was auf weitreichende Handelsbeziehungen schließen lässt. Der bekannteste Fund ist die goldene »Totenmaske des Agamemnon«.

um 1250 v. Chr.

LÖWENTOR UND SCHATZHAUS DES ATREUS    Die beiden berühmtesten Baukunstwerke der mykenischen Kultur stammen aus der Spätphase um 1250 v. Chr., kurz nachdem die Ägypter und Hethiter den Friedensvertrag von Kadesch schlossen. Das Löwentor, Teil einer Zyklopenmauer um die Burganlage von Mykene, besteht aus vier tonnenschweren Monolithen und zeigt das Relief zweier aufrecht stehender Löwen vor einer Säule. Die Anlage wurde 1841 n. Chr. entdeckt und freigelegt.

Das sogenannte Schatzhaus ist ein Königsgrab, das man wegen der reichen Beigaben zunächst für eine Schatzkammer hielt. Es handelt sich um ein Kuppelgrab, dessen Kuppelwölbung ein Vorbild aus dem minoischen Kreta hat. In solcher Größe und Vollendung wurde diese anspruchsvolle Technik erst wieder von den Römern beim Bau des Pantheon erreicht.

ATRIDEN    Als Denver Clan der Antike könnte man das rein fiktive, fluchbeladene mykenische Herrschergeschlecht der »Atriden« bezeichnen. Söhne des Stammvaters Atreus waren demnach Agamemnon und Menelaos, die die Schwestern Helena und Klytemnästra ehelichten. Klytemnästra ermordete ihren Gatten Agamemnon nach der Rückkehr aus Troja. Ihr Sohn Orest rächte die Tat und erstach die Mutter, angestiftet von seiner Schwester Elektra, während Iphigenie, eine weitere Schwester, beinahe vom Vater Agamemnon geopfert worden wäre. Und so weiter und so weiter und so weiter … Homer, Aischylos, Drama und Oper webten daraus serienweise spannende Dramen.