ca. 2000 v. Chr.
DIE HIMMELSSCHEIBE VON NEBRA gilt als älteste bekannte »Sternkarte« überhaupt. Sie wurde am 4. Juli 1999 nahe Nebra in Sachsen-Anhalt, rund 20 Kilometer von der gut 2500 bis 3000 Jahre älteren Kreisanlage von Goseck entdeckt. Das verwendete Metall stammt nachweislich aus den Ostalpen, das Gold vermutlich aus Siebenbürgen (Rumänien). Die Scheibe wurde um 1600 v. Chr. vergraben, sie kann aber mehrere hundert Jahre früher gefertigt worden sein. Die Darstellung auf der Himmelsscheibe setzt, ebenso wie die Anlage in Goseck, gefestigte astronomische Kenntnisse voraus.
ab 1940 v. Chr.
LEUBINGER FÜRSTENGRAB Vermutlich wurde die Nebra-Scheibe von Menschen der sogenannten Aunjetitzer Kultur (ca. 2300–1600 v. Chr.) verwendet. Sie hatte ihren Schwerpunkt im heutigen Böhmen. Im nahen Erzgebirge konnten sowohl Kupfer als auch Zinn für die Bronzeschmelze gewonnen werden. Ihren bemerkenswerten Reichtum verdankten die Aunjetitzer der Salzgewinnung und einem schwunghaften Salzhandel. Sie hatten sogar Kontakt zur kretisch-minoischen Kultur.
Die Aunjetitzer werden mit dem Leubinger Fürstengrab (bei Erfurt) in Verbindung gebracht. Mit acht Metern ist der gewaltige Grabhügel um zwei Meter höher als das 1500 Jahre jüngere Fürstengrab in Hochdorf – und gilt sozusagen als die Pyramide Thüringens. Das ziemlich genau auf 1940 v. Chr. datierbare Grab war kostbar ausgestattet und gibt einen Eindruck von der Bedeutung der Führungsschicht jener Zeit, die wie moderne Unternehmer den Abbau von Bodenschätzen und den Fernhandel organisierte, ganz ähnlich wie die späteren Keltenfürsten in der Hallstatt- und Latène-Zeit. Zu diesen Bodenschätzen zählte auch Salz.
Was danach geschah: In der mittleren Bronzezeit ab ca. 1600 v. Chr. waren solche prunkvollen Fürstengräber viel seltener. Vor allem anhand von Frauentrachten lässt sich eine stärkere Regionalisierung lokaler Gruppen (»Stämme«) beobachten, was auf einen sozialen Wandel hindeutet.
ca. 1400 v. Chr.
SONNENWAGEN VON TRUNDHOLM Mehrere Jahrhunderte jünger (ca. 1400 v. Chr.) als die Himmelsscheibe von Nebra ist der Sonnenwagen von Trundholm. Das berühmte, 1902 entdeckte Kunstwerk aus der Zeit um 1400 v. Chr. erforderte eine komplizierte Gusstechnik und beweist die überragende handwerkliche Qualität in Bronzeguss, Bronzeschmiede und Goldschmiedetechnik auch im Norden. Der Sonnenwagen zeigt die erste Darstellung eines Pferdes. Er fällt in dasselbe Jahrhundert wie der Aton-Kult Echnatons und das Tutenchamun-Grab in Ägypten.
um 1300 v. Chr.
GOLDHUT Um 1300 v. Chr. kommen im Bereich der mitteleuropäischen Urnenfelder-Kultur eindeutig neue religiöse Vorstellungen auf. Kunsthandwerklich überragend sind die sogenannten Goldhüte, die aus papierdünnem Goldblech hergestellt wurden und sicherlich zeremonialen Zwecken dienten. Sie sind mit Kreismustern verziert, vielleicht Sonnensymbole. Die systematische Abfolge der Verzierungen ist als eine Art Kalender gedeutet worden. Es gibt drei dieser Hüte: den Schifferstadter Hut aus der Nähe von Speyer, einen aus Avanton bei Tours in Frankreich und den sogenannten Berliner Hut (seit kurzem im »Neuen Museum« auf der Berliner Museumsinsel), dessen Fundort man nicht kennt. Die Forschung sieht Nebra-Scheibe, Sonnenwagen und Goldhüte allesamt in einem Zusammenhang mit einem Sonnenkult, in dem auch Darstellungen von Vögeln und Stieren eine deutlich wahrnehmbare Rolle spielen.
Was danach geschah: Die Goldhüte gehören in die letzte Phase der »reinen« Bronzezeit-Kulturen, die dann einen vermutlich klimabedingten Niedergang erleben. Nach 1300 v. Chr. tritt eine Klimaverschlechterung (nass und kalt) ein, die auf jeden Fall zum definitiven Ende der Pfahlbaudörfer führt, auch zu einem deutlichen Rückgang des Bergbaus in den Alpen. Gleichwohl entwickelt sich ab 1200 v. Chr. die Kenntnis der Eisenverhüttung. Damit beginnt um 1000 v. Chr. die letzte Phase der vorhistorischen Zeit, die in Mitteleuropa vor allem durch die eisenzeitliche keltische Hallstatt-Kultur repräsentiert wird.
um 1300 v. Chr.
URNENFELDER-KULTUR Um 1300 v. Chr. verändern sich im bronzezeitlichen Norden einige Dinge radikal. Das wird am deutlichsten fassbar bei den Bestattungssitten. Anders als in den Hügelgräberkulturen werden bei den Urnenfeldleuten die Toten auf Holzstößen (»Scheiterhaufen«) verbrannt und in Urnen beigesetzt. Das ist das Leitcharakteristikum dieser Kulturen, deren »Heimat« und Zentrum deutlich im Alpen-Donauraum liegt und die sich in einem weiten Umkreis um den gesamten Alpenbogen ausdehnen. Sogar entlang der Rhône bis zu den Pyrenäen und nördlich von der Scheldemündung bis an die Oder sind sie zu finden.
Auch Keramiken werden fortan anders verziert und sind deutlich qualitätvoller; ebenso die Bronzegegenstände. Wie die späteren Kelten betrieben die Urnenfeldleute Kupferbergbau und Salzabbau, vor allem in den Alpen (Kitzbühel, Hallein). Die Urnenfeldleute lernen oder entwickeln in einer etwas späteren Phase die Verhüttung von Eisen. Das macht sie militärisch überlegen.
Es sind indogermanisch sprechende Urnenfeldleute, die nach 1200 v. Chr. von den Alpen in den Süden ziehen, bis nach Italien (Triest, Präneste, Segesta) und nach Palästina. In Mitteleuropa geht dann um 800 v. Chr. die keltische Hallstatt-Kultur direkt daraus hervor.
ab ca. 2000 v. Chr.
DREI DYNASTIEN Die Kenntnisse über die Anfänge der »fünftausendjährigen«, »ältesten Kultur der Welt« um 2000 v. Chr. sind ähnlich »konkret« wie unser »Wissen« über die gleichzeitigen Akkader, die Umstände, wie die Himmelsscheibe von Nebra entstanden ist, oder die Legenden um die israelitischen Könige David und Salomo. Die rund 2000 Jahre Frühgeschichte, bevor verschiedene Reiche auf chinesischem Territorium 221 v. Chr. zum Kaiserreich China wurden, ist die Zeit der »Drei Dynastien«. Hsia und Shang herrschten zeitgleich mit den bronzezeitlichen altorientalischen Großmächten. Als in Europa die Kelten, die Griechen und die Römer ganz allmählich ihre Kulturen ausprägten, herrschte in China die »Chou«-Dynastie.
Hsia, Shang und Chou sind Namen lokaler Herrschaftsgebiete und ihrer Dynastien. Sie beherrschten im chinesischen Altertum immer nur Teile des heutigen China, vor allem an den Flüssen Huangho und Jangtse.
ca. 2000–1600 v. Chr.
DER GELBE KAISER Genau wie in anderen prähistorischen Kulturen ist in der Frühgeschichte Chinas schwer zwischen Fakt und Fiktion zu unterscheiden. Obwohl China ohnehin die längste ununterbrochene Tradition aufweist, verlängerten auch dort die Chronisten ihre Kaiserlisten gerne nach hinten und fügten noch ein paar kulturheroische Kaiserfiguren hinzu. Dieses Verfahren der Herrschaftslegitimation durch hohes Alter ist aus den sumerischen Königslisten oder den hundertjährigen Lebenszeiten der biblischen Patriarchen bekannt, die noch mit neunzig Kinder bekamen. So ist die traditionelle Datierung des Beginns der Hsia-Dynastie auf 2200 v. Chr. archäologisch nicht haltbar. Hsia entwickelte sich zwischen 2000 und 1600 v. Chr. am Gelben Fluss, dem Huangho, als weit fortgeschrittene neolithische Kultur mit Getreideanbau, Viehhaltung und Töpferwaren. Hsia war das erste chinesische Reichsgebilde.
Die chinesische Legende stellt den »Gelben Kaiser« Huangdi als Kulturschöpfer an den Anfang der chinesischen Geschichte. Spätere Epochen stellen ihn als eine Art Halbgott dar, dessen Mutter von Blitzen geschwängert wurde und der von Geburt an sprechen konnte. Huangdi gilt als Stifter der chinesischen Medizin. Ähnlich legendär sind Urkaiser wie Fu-Hi, »Erfinder« von Musik, Fischernetzen und Schnüren zum Messen von Entfernungen, Shennung, »Erfinder« des Ackerbaus einschließlich Teezubereitung und einige andere.