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Die Technik, Ton zu haltbaren Gefäßen zu brennen, und der Gedanke, sie vor allem für die Aufbewahrung von Nahrungsmitteln zu verwenden, stammt aus der Zeit um 6500 v. Chr. aus dem Vorderen Orient. Sie verbreitete sich sehr schnell, auch entlang der Donau, nördlich der Alpen. Zuerst waren die Keramiken sehr schlicht, doch das änderte sich ebenfalls rasch. Sie wurden immer formschöner und formenreicher. Ihre Formen und Verzierungen erlauben den Fachleuten heute ungefähre Datierungen und Aussagen über die Verbreitung einzelner jungsteinzeitlicher Menschengruppen.

5500 v. Chr.

BANDKERAMIKER    Mit in den noch weichen Ton eingedrückten Bändern verzierte Tongefäße sind das Charakteristikum der ältesten sesshaften jungsteinzeitlichen Keramik-Kultur in Europa. Die Anfänge der Bandkeramiker liegen vor 5000, vermutlich sogar schon um 5500 im Donaubecken des Balkans. Ihre Ausdehnung reicht donauaufwärts über den Main bis an die Oder und die böhmische Elbe und über den Rhein bis ins Pariser Becken, aber sie waren keine Küstenbewohner. Fachleute können aufgrund von Verzierungsmerkmalen eine Vielzahl kleinerer lokaler Untergruppen der Bandkeramiker identifizieren. Insgesamt gesehen war diese Kultur aber von bemerkenswerter Einheitlichkeit.

Bedeutende Fundorte gibt es in Niederbayern, Rheinhessen und im Rheinland. Die Bandkeramiker lebten als Bauern und Viehhirten in befestigten Dörfern mit Langhäusern. Die in einem Haus zusammengefasste Großfamilie bildete eine möglichst autarke wirtschaftliche Einheit, die den urbar gemachten Boden erstmals als »Eigentum« betrachtete. Ausschlaggebend für Ansehen und »Reichtum« war, wie viele Arbeitskräfte eine Sippe mobilisieren konnte.

Alle bandkeramischen Dörfer haben einen Friedhof, und alle Toten wurden mit angezogenen Beinen in der sogenannten Hockerstellung auf der linken Seite liegend bestattet. Persönliche Gegenstände, Schmuck, Waffen, Nahrung gab man ihnen für die Jenseitsreise mit. Die Bandkeramiker verschwanden dann ohne erkennbaren Grund völlig von der Bildfläche. Sie wirken wie ausgestorben.

5000 v. Chr.

GOSECK    Die Kreisgrabenanlage von Goseck in Sachsen-Anhalt wurde 1991 zufällig auf einem Plateau oberhalb der Saale aus der Luft entdeckt. Goseck wurde vermutlich schon von Bandkeramikern errichtet, die mithin über Kenntnisse der Gestirne verfügten, lange bevor die »babylonische« astronomische Überlieferung einsetzte, die für unsere Kultur durch die antike und biblische Tradition so prägend wurde. Zwei »Tore« sind auf den Sonnenaufgang und Sonnenuntergang am Tag der Wintersonnenwende um 4800 v. Chr. ausgerichtet. Die Kreisgrabenanlage ist also 2000 Jahre älter als Stonehenge, allerdings gab es in Goseck keine Steinbauten, sondern nur Palisadenzäune aus Holz.

ab 4800 v. Chr.

TRICHTERBECHERKERAMIKER    Die ältesten »Bauwerke« der Jungsteinzeit im westlichen Mittelmeer und an den Küsten Westeuropas stammen aus der Megalith-Kultur, genauer: aus den Megalith-Kulturen, denn sie waren keineswegs einheitlich. Schon 1867 einigte man sich darauf, unbehauene Steine als Megalithen zu bezeichnen (griechisch megalith, »großer Stein«). Die Erbauer der Megalith-Anlagen sind die Trichterbecherkeramiker.

Die Trichterbecherkulturen entfalteten sich über einen langen Zeitraum von etwa 4200 bis 2800 v. Chr. Sie siedelten an den Küsten von Nord- und Ostsee samt Hinterland, im Alpenbogen und in Osteuropa am Schwarzen Meer.

Die Trichterbechermenschen waren ebenfalls sesshafte Ackerbauern rund um die Meeresküsten von Nordsee und Atlantik. Im gesamten west- und nordeuropäischen Bereich entstanden zwischen 3600 und 3200 v. Chr. 30000 Megalith-Gräber, eine regelrechte Explosion, ein mächtiger kultureller Impuls. Auf deutschem Boden sind von geschätzten 5000 Gräbern rund 900 erhalten. Sie dienten Kollektivbestattungen, oft über lange Zeiträume hinweg. Die Trichterbechermenschen begruben die Toten nicht in Hockerstellung, sondern in gestreckter Rückenlage. Die charakteristischen und namengebenden Trichterbecher waren anscheinend vor allem Grabbeigaben; zum praktischen Gebrauch sind die unten spitz zulaufenden Gefäße eher wenig geeignet.

seit 4500 v. Chr.

CARNAC UND STONEHENGE    Die Megalith-Anlagen hatten, da ist man sich sicher, einen konkreten Ursprungsort, nämlich Nordwestfrankreich, heute Bretagne und Normandie. Von hier verbreitete sich die »Kultur« rund um die Nordsee, entlang der ganzen europäischen Atlantikküste und ins westliche Mittelmeer einschließlich Sizilien und Tunesien. Der bretonische Ausgangsort muss ein weit ausstrahlendes rituelles und politisches Zentrum gewesen sein. Funde bis nach Ostwestfalen und Nordhessen sind mit Anlagen in der Normandie direkt vergleichbar.

Der Zweck all dieser Bauwerke bleibt rätselhaft. Sicher ist, dass es kultische Orte waren, denn das Aufrichten tonnenschwerer Steine und das Ausrichten in geometrischen Linien geschah nicht zum Zeitvertreib. Der größte Menhir wiegt 350 Tonnen. Sehr wahrscheinlich handelte es sich zumindest auch oder seinem Ursprung nach um eine Form von Ahnenkult. Alle Megalith-Stätten sind zudem Begräbnisorte.

Die älteste Anlage ist Carnac mit seinen geraden Steinreihen (ca. 4500 v. Chr.). In Stonehenge begann die Baugeschichte nach heutigem Kenntnisstand mit einem Erdwall um 3100 v. Chr., also vor den Pharaonen. Die heute noch sichtbaren Steinkreise entstanden zwischen 2500 und 2000, etwa in der Zeit der großen Pyramiden. Die in Norddeutschland und Südskandinavien ebenfalls sehr verbreiteten Hünengräber gab es über mehrere Jahrhunderte hinweg zwischen 3500 und 2800 v. Chr.

3500–2500 v. Chr.

PFAHLBAUTEN    In der Frühzeit der Hochkulturen, als die Sumerer anfingen, mithilfe der Keilschrift die Lagerhaltung zu kontrollieren, die Ägypter frühe Hieroglyphen meißelten und erste Baupläne für Pyramiden entwarfen und die ältesten Trojaner Ost-West-Handel betrieben, siedelten Zeitgenossen der Trichterbecherkeramiker in Pfahlbauten im Alpenraum. Sie alle lebten zur selben Zeit in dem Jahrtausend zwischen 3500 und 2500 v. Chr.

Die Pfyner Gruppe im schweizerischen Thurgau (3900–3500 v. Chr.) und die Mondsee-Gruppe (3600–3300 v. Chr.) im Salzkammergut zählen zu den ältesten bekannten Pfahlbausiedlungen. In den Alpen war damals die Kupferverarbeitung schon bekannt. Das Kupferbeil, das »Ötzi« bei sich trug, ähnelte sehr vergleichbaren Stücken aus Pfyn. Viele dieser Siedlungen wurden irgendwann wieder aufgegeben, aber Pfahlbauten gab es in Europa bis in die Eisenzeit.

KERAMIK-KULTUREN IN DER KUPFERZEIT

Die ältesten Kupferabbaustätten in Europa befinden sich auf dem Balkan. Sie stammen aus der Zeit um 4500 v. Chr. Betreiber der Minen waren vermutlich Führungsschichten einer bandkeramischen Kultur des Balkans namens Vincˇa. Man lebte in vergleichsweise dichtbesiedelten Dörfern und betrieb auf ausgesprochen fruchtbaren Böden intensiv Ackerbau. Dazu gehörte eine differenzierte Sozialstruktur mit einer immer reicher werdenden Oberschicht. Die Grabbeigaben eines Gräberfeldes am bulgarischen Warnasee enthalten neben hervorragend gearbeiteten Keramiken und Kupfergegenständen auch die ersten Goldschmiedearbeiten weltweit, vor allem Schmuck, Beschläge und reliefartige Tierfiguren.

Das früheste in Mitteleuropa gefundene Kupferbeil ist dagegen rund 1000 Jahre jünger (um 3500 v. Chr.) und stammt aus einer Fundstätte in der Nähe von Altheim bei Landshut in Niederbayern.

3300 v. Chr.

ÖTZI    Das relativ leicht zu schmelzende und zu bearbeitende Kupfer kommt in Anatolien um 8000, in Mitteleuropa um 4300 v. Chr. auf. Gut 1000 Jahre später trug der mittlerweile bekannteste Vertreter der späten Jungsteinzeit ein Kupferbeil bei sich: Die Gletschermumie Ötzi gibt ein anschauliches Bild eines Menschen aus unserem geografischen Raum in der Hoch-Zeit der Keramik-Kulturen. Mit seinen grasgepolsterten Schuhen, seiner Bekleidung, seinen leichten Jagdwaffen und seinem »Rucksack« erinnert er am ehesten an das Bild, das man sich von einem »Indianer« macht. Hier tritt uns ein Mensch aus dem Übergang zwischen Jungsteinzeit und Metallzeit gegenüber. Ötzi ist ein typischer Vertreter der halbwegs sesshaften, Ackerbau und Viehzucht betreibenden vorindogermanischen Siedlerkultur der Keramik-Zeit. Das bisschen Metallverarbeitung, das er und seine Zeitgenossen beherrschten, hat die jungsteinzeitlichen Lebensstrukturen nicht tiefgreifend verändert.