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1403 hatte der dritte Ming-Kaiser Yongle die Hauptstadt von Nanking ins weiter nördlich gelegene Peking verlegt, hauptsächlich weil die Abwehrkämpfe gegen die Mongolen von dort aus leichter zu koordinieren waren. Yongle war einer der bedeutendsten Kaiser von China überhaupt. Auf seinen Befehl wurde in Peking auch der Himmelstempel erbaut. Die ausgedehnte Anlage mit dem kreisrunden Tempel entstand ab 1420, musste aber nach einem Brand 1890 neu errichtet werden. Der Himmelstempel war das zentrale Heiligtum der Song,-, Ming- und Ching-Dynastien. Hier fand die alljährliche kaiserliche Zeremonie zur Wintersonnenwende statt. Die gesamte Anlage hat eine strenge Nord-Süd-Ausrichtung, wie übrigens bei allen chinesischen Tempeln die Eingangsfront nach Süden zeigt. So ist man beim Betreten gezwungen, nach Norden zu blicken, zum unveränderlichen Polarstern, dem Zentrum der himmlischen Harmonie.

MING-VASE    Während der Ming-Zeit entsteht das blau-weiße Dekor des chinesischen Porzellans, das ein Inbegriff für dieses äußerst begehrte Exportgut in Europa ist und dort vielfach »nachgeahmt« wird (Delfter Ware). Chinesisches Porzellan war nicht nur in Europa, sondern auch am späteren Mogul-Hof in Indien sehr begehrt.

AZTEKEN UND INKA

ca. 1350

AZTEKEN    Die Azteken nannten sich selbst Mexica. Das ist die Bezeichnung eines ihrer drei wichtigsten Siedlungsplätze in der Senke einer rund 2000 Meter hoch gelegenen Ebene in Mittelamerika. Das Wort aztecatl verweist auf ihren mythischen Herkunftsort Aztlán (»Silberreiherland«).

Die Azteken, ursprünglich ein kleiner nomadischer Stamm, wurden um 1200 im heutigen Mexiko sesshaft. Hauptgötter waren Quétzalcoatl (die gefiederte Schlange, Schöpfung und Vegetation), Huitzlipochtlichi (Krieg), Tlaloc (Regen), Cihuacoatl (Muttergottheit), Tezcatlipoca (Musik und Tanz). Blut galt als Symbol des Lebens, deswegen der Kult der bei lebendigem Leib herausgerissenen Herzen, denn dieses vergossene Blut stellte den Einklang mit den Göttern und den Rhythmen des Universums her.

Die beste Zuflucht vor Feinden boten den Azteken die Inseln im Texcocosee. Aus den dortigen Siedlungen entwickelten sich vor 1350 die Städte der Azteken. Das aztekische Reich war kein straff organisierter Flächenstaat, sondern die umliegenden Völker waren tributpflichtig. Die Tribute bestanden aus Nahrungsmitteln und Gebrauchsgütern, denn die Azteken bauten selbst nichts an. In der Azteken-Hauptstadt Tenochtitlán, auf einer Insel im Texcocosee erbaut, lebten ungefähr 250000 Menschen. In Europa hatten zu der Zeit nur Konstantinopel und Neapel mehr Einwohner. Tenochtitlán befand sich am Ort des heutigen Mexiko-City. Das aztekische Großreich wird auf dem Höhepunkt seiner Entfaltung rund 150 Jahre später von dem spanischen Konquistador Hernán Cortés vernichtet.

ca. 1350

INKA    Inka Ruq’a war der sechste Herrscher der Stadt Cusco und der erste, der seit etwa 1350 den Herrschertitel »Inka« in dem sich ausdehnenden Andenstaat führte. »Inka« war ein Stammesname von Indianern, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Amazonasgebiet über die Anden zuwanderten. Ihr Hauptort war Cusco, wo sie ihre Herrschaft über eine jahrtausendealte Bauernkultur begründeten und ihre Staatssprache Quechua durchsetzten. Aus dem Kleinstaat entwickelte der nur aus wenigen Familien bestehende Inka-Stamm ein Imperium. Sie unterwarfen die ansässigen Bauern, löschten ihre als barbarisch erachteten Kulturen systematisch aus und eroberten 1350 bis 1430 nach und nach die umliegenden Gebiete im heutigen Peru, Ecuador und Chile.

Die Inka leiteten ihre Herkunft von dem Sonnengott Inti ab; ihre Religion war ein Sonnenkult. Die entlegene Felsenstadt Machu Picchu, um 1900 wiederentdeckt, wurde erst um 1450 erbaut, zu Beginn der Blütezeit des Inka-Reiches, in dem es ein exzellentes Straßennetz gab. Für eine Hochgebirgsregion war das Reich bemerkenswert dicht bevölkert, ein straff zentralistischer, streng monarchisch ausgerichteter Staat auf vorbronzezeitlicher Entwicklungsstufe. Man kannte weder Rad noch Töpferscheibe, keine Wagen oder Gespanne, keine technischen Hilfsmittel wie Blasebalg oder Zange und keine geschriebene Schrift, aber die weltweit einzigartige »Knotenschrift« – eher eine Art Rechensystem. Nachdem die Inka ihre größte Ausdehnung erreicht hatten, blieben nur rund 100 Jahre bis zur Eroberung durch den Spanier Francisco Pizarro.

1200–1540

MUISCA – DIE HEIMAT DES ELDORADO    Aller Wahrscheinlichkeit nach ist diese auch Chibcha genannte Hochkultur im Hochland von Bogotá (1200–1540) der historische Ort der Vorstellung vom Eldorado. Die Muisca-Kultur ähnelte in mancher Hinsicht der der Inka. Die Häuptlinge regierten über mehrere kleine Völker. Bei dem Hauptvolk der Chibcha wurde ein neuer König mit Fett eingerieben und sein Körper völlig mit feinem Goldstaub bedeckt. Auch der Muisca-Fürst galt, wie der Inka, als Sohn der Sonne. Dann wurde er auf einen heiligen See hinausgerudert und sprang ins Wasser, wodurch der Goldstaub abgewaschen wurde. Das berühmteste Kunstwerk der Muisca, die Goldbarke, zeigt vermutlich diesen Vorgang. Die Muisca schufen hervorragende Goldschmiedekunst und Keramiken.

DER HUNDERTJÄHRIGE KRIEG

In diesem Krieg bildet sich neben der englisch-französischen Erbfeindschaft erstmals durch die »enge Gegnerschaft« auch ein nationales Bewusstsein bei beiden staatlich einigermaßen gefestigten Nationen aus. Diese Erbfeindschaft war jahrhundertelang eine verlässliche Konstante der europäischen Politik. Sie endete erst mit der Entente cordiale um 1900, als man sich gegen einen gemeinsamen Gegner wandte: Deutschland.

ab 1337

ERBFEINDSCHAFT    Der englische König Johann Ohneland hatte bei Bouvines die Normandie und Anjou, den Stammbesitz der Familie Plantagenet, verloren und musste die Magna Charta unterschreiben. Ihm folgte Heinrich III., der gezwungen war, das parliamentum anzuerkennen, dann folgten drei Eduarde. Frankreich hatte seit 1340 zwei Könige: den französischen König Philipp VI. aus dem Haus Valois und den dritten Eduard aus England. Edward III. hatte gute dynastische Argumente für seinen Anspruch auf die französische Krone. Die Engländer hofften auch auf eine Revanche für Bouvines und die Rückeroberung ihrer 1214 verloren gegangenen französischen Gebiete. Es wäre ihnen beinahe geglückt.

1337 schickte Edward die ersten englischen Truppen nach Frankreich, er und seine unmittelbaren Nachfolger behaupteten ihre Stellung fast 100 Jahre lang erfolgreich. Berühmte Schlachten waren Crécy (1346) und Azincourt (1415); in beiden waren die Engländer gegen die Ritterheere Frankreichs zahlenmäßig glatt unterlegen, gewannen aber wegen ihrer »modernen« Fernwirkungswaffen, den Langbogenschützen. 1356 geriet ein französischer König (Johann II.) in englische Gefangenschaft und kam nur gegen ein hohes Lösegeld wieder frei: 3 Millionen Goldstücke plus (!) die Provinzen Gascogne, Limousin, Calais. Der englischen Krone gehörte zeitweise mehr als halb Frankreich.

Was danach geschah: 1428 war die Lage für den jungen französischen König Karl VII. verzweifelt. Er war nicht gekrönt, denn die Engländer hatten den Norden einschließlich Paris bis zur Loire besetzt. Nur Orléans, direkt am Nordufer der Loire gelegen, war noch in französischer Hand. Diese Festung mussten die Engländer knacken, dann war für sie der Weg über die Loire auch nach Süden frei. Doch die entscheidende Wende im Hundertjährigen Krieg zugunsten der Franzosen nahte in Gestalt der beinahe überirdischen Erscheinung von Jeanne d’Arc.

ca. 1412–1431

JEANNE D’ARC, DIE »JUNGFRAU VON ORLÉANS«    Die um 1412 geborene Jehanne war die Tochter des Bauern Jacques Darc und konnte weder schreiben noch lesen. Mit dreizehn Jahren will sie Engels- und Heiligenvisionen gehabt haben: Sie sollte Frankreich von den Engländern befreien und den Dauphin zur Krönung nach Reims geleiten. Im März 1429 erschien Jehanne vor dem Dauphin in Château Chinon. Wie sie Karl VII. von ihrer Mission überzeugen konnte, ist nicht bekannt, aber sie erhielt eine Rüstung und konnte mit einer kleinen Expeditionseinheit in das eingeschlossene Orléans vordringen. Die französischen Truppen wagten unter ihrer Leitung im Mai einen Ausfall gegen die Stellung der Engländer. Diese traten umgehend den Rückzug an. Im Juli geleitete Jehanne den Dauphin nach Reims. Am 17. Juli stand sie neben dem Altar, als Karl VII. in der Kathedrale gekrönt wurde. Gegen den Willen des Königs gelang ihr anschließend noch die Befreiung von Paris.