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DAS DRITTE ROM    Iwan III. regierte sein Großherzogtum Moskau 43 Jahre lang von 1462 bis 1505, so lange wie kein anderer russischer Herrscher. Er vergrößerte sein Fürstentum, indem er 1475 das Fürstentum Twer und 1478 Nowgorod annektierte. 1476 verweigerte er die Zahlung des jährlichen Tributs an die Goldene Horde. Tributverweigerungen hatten die Mongolen immer mit Strafexpeditionen beantwortet. Da der Mongolen-Khan zu jener Zeit noch mit Kämpfen gegen das Krim-Khanat beschäftigt war, ging er erst 1480 gegen Moskau vor. Im Herbst des Jahres standen sich die beiden Heere am Fluss Ugra gegenüber. Die Goldene Horde zog nach einigem bedeutungslosen Geplänkel kampflos ab. Das war’s. Die Mongolenherrschaft über Russland war zu Ende.

Nach dem Fall von Konstantinopel waren viele orthodoxe Priester und Mönche nach Russland emigriert, das ja bereits im Mittelalter von Byzanz aus christianisiert worden war. Iwan heiratete 1472 die Nichte des letzten byzantinischen Kaisers Konstantin XI., Sofia Palaiologos. Moskau betrachtete sich nun als das »Dritte Rom«, Iwan nahm 1478 den Kaisertitel an und krönte sich selbst zum Zaren. Schon im 9. Jahrhundert hatten sich bulgarische Herrscher als »Zar« bezeichnet, in Russland ist der Zarentitel erst seit Iwan III. in Gebrauch – und blieb es bis 1917.

1480

KREML    Jede altrussische Stadt hatte einen Kreml (»Burg«), so wie jede antike griechische Stadt eine Akropolis (»Burgberg«) hatte und im Deutschen im Mittelalter mit burg immer auch »Stadt« gemeint war. Aber nur der Moskauer Kreml ist weltweit zum Begriff geworden. Im Spätmittelalter sah der Kreml aus wie jede mittelalterliche Stadt, denn das Gelände entspricht deren Größe. Sein heutiges Aussehen erhielt er hauptsächlich durch Iwan III. Da Iwan als »neuer byzantinischer Kaiser« eine ansehnliche Residenz wünschte, lud er – ganz auf der Höhe seiner Zeit – zahlreiche italienische Renaissance-Architekten zum Bau der Kirchen und Paläste ein. Auch die gewaltige Kremlmauer aus rötlichem Ziegelstein (ein Novum in Russland) wurde 1485 bis 1499 hochgezogen und steht seitdem im Wesentlichen unverändert.

1530–1584

IWAN DER SCHRECKLICHE    Iwan IV. Grosnyi (eigentlich »der Gestrenge«), der Enkel von Iwan III., war einer der gebildetsten Russen seiner Zeit und stärkte die Moskauer Herrschaft durch Verwaltungs- und Gesetzesreformen. Wie bereits sein Vater Wassili II. konsolidierte er sein Reich durch territoriale Expansion. Überhaupt setzt unter diesen drei Herrschern die Ausdehnung Russlands ein, die es bis heute zum größten Flächenstaat der Welt macht. Iwan IV., der von 1533 bis 1584 regierte, eroberte die Khanate Kasan (1552) und Astrachan. Zur Erinnerung an den Sieg über Kasan ließ er die berühmte vielfarbige Basilius-Kathedrale am Südende des Roten Platzes außerhalb der Kremlmauern errichten. Iwan war misstrauisch bis zum Verfolgungswahn und extrem cholerisch. Sein Vater war früh verstorben, und seine Mutter, die für ihren jungen Sohn Iwan die Regentschaft führen sollte, sah sich mit den Bojaren konfrontiert. Diese niederen Adligen bildeten in den einzelnen Fürstentümern ein machtpolitisches Gegengewicht zu den regierenden Fürsten. Manche waren beinahe unabhängige Lords mit Privatarmeen und eigener Rechtsprechung. Um die Zarensouveränität zu stärken, führte Iwan IV. einen erbarmungslosen, regelrechten Terrorkrieg gegen die Bojaren. Dafür hatte er eine eigene, ihm bedingungslos ergebene Terrortruppe, die Opritschniki, geschaffen. Die Massenexekutionen der Opritschniki, aber auch unübertroffen sadistische Strafen an Hunderten von vermeintlichen und tatsächlichen Gegnern, die Iwan sich selbst ausgedacht hatte, verschafften ihm schon zu Lebzeiten auch außerhalb Russlands seinen Ruf als besonders grausamer Gewaltherrscher. Seinen eigenen Sohn, den Zarewitsch, erschlug er aus nichtigem Anlass im Jähzorn.

Was danach geschah: Iwans IV. schwachsinniger Sohn Fjodor stand unter der Vormundschaft von Regenten, insbesondere des durch ein Drama Puschkins und einer darauf basierenden Oper von Modest Mussorgski bekannten Boris Gudonow, der sich 1598 selbst zum Zaren machte. Russland hatte danach nur schwache und bedeutungslose Herrscher, bis mit Michael I. 1613 der erste Romanow den Thron bestieg. Auch Russland ist eine Kolonialmacht, und die Kolonisierung setzte etwa zur gleichen Zeit ein wie die der westeuropäischen Seemächte, ausgelöst durch die Eroberungen und Gebietserweiterungen der beiden Iwane. Nur war es eine Kolonialisierung zu Lande – hauptsächlich Sibiriens.

DIE KONQUISTADOREN IN AMERIKA UND ASIEN

Die Konquistadoren waren in der Regel verarmte Adlige. Die Erwerbs- und Aufstiegsmöglichkeiten in der Feudalgesellschaft im Renaissance-Spanien waren gering, die Strukturen im Heimatland zu verkrustet, der Besitz verteilt. Die Kolonien hingegen waren ein New Market. Die Wagemutigen stürzten sich (gold-)gierig darauf. Alle Beteiligten waren Abenteurer und handelten sehr entschlossen, sonst hätten sie ihre extrem strapaziösen und brutalen Eroberungsleistungen nicht vollbringen können.

1503 wurden in Sevilla die Casa de Contratación und in Lissabon die Casa de India gegründet. Durch sie sollte der Kolonialhandel im Sinne eines königlichen Monopols, das »Privilegien« an Konquistadoren und Händler vergab, organisiert und kontrolliert werden. Conquistador wurde man in Spanien durch Abschluss eines Vertrages mit dieser Casa de Contratatión, in dem sich der Konquistador zur Abgabe eines Fünftels seiner Einnahmen sowie zur Bekehrung der heidnischen Eingeborenen verpflichtete. Im Gegenzug erhielt er relativ freie Hand innerhalb »seiner Provinz«. Die spanische Kolonialverwaltung war einer der ersten Versuche der Krone, Staatsverwaltung nicht mehr durch Lehensvergabe, sondern durch eine bürokratische Verwaltung zu organisieren.

1505

SKLAVENHANDEL    Die ersten Begegnungen von Kolumbus mit dem Ackerbauernvolk der Taino auf Hispaniola waren zwar friedlich und erfreulich verlaufen, aber nach der Ankunft der ersten Siedler auf Kolumbus’ zweiter Reise änderte sich das Bild rasch. Der Kampf um Grund und Boden führte zu Feindseligkeiten. Entgegen den ausdrücklichen Vorgaben der spanischen Könige versklavte Kolumbus weit über 1000 Taino. Erste afrikanische Sklaven gab es auf Kuba seit 1505.

Der Mönch und Bischof Bartolomé de Las Casas (1484–1566) nahm ebenfalls an der zweiten Reise teil und 1512 an der Eroberung Kubas. Dort erwarb er Grund, Minenrechte und Sklaven, die er allerdings so menschlich behandelte, dass er bald als Heiliger galt. Las Casas erreichte bei der spanischen Krone eine Untersuchung der Misshandlungen und der Zwangsarbeit durch viele der Konquistadoren. Die Untersuchung verlief im Sande.

1520 machte Las Casas bei einer Audienz vor Kaiser Karl V. den gut gemeinten Vorschlag, statt der empfindlichen Indianer robustere schwarze Sklaven aus Afrika für die Arbeit auf den westindischen Plantagen und in den Erzgruben heranzuziehen. Wiederum auf seine Initiative erließ die spanische Krone 1542 Schutzgesetze für die eingeborene Bevölkerung, die aber nicht durchgesetzt werden konnten.

1510

WO DER PFEFFER WÄCHST    1509/1510 gelang es den Portugiesen, die arabische Seeherrschaft zwischen dem Horn von Afrika, dem Süden der Arabischen Halbinsel und der Westküste Indiens zu brechen. Damit war für die Portugiesen der Weg zu den »Molukken« genannten Gewürzinseln (Sumatra, Borneo, Java) frei. 1510 errichteten sie ihre Herrschaft über das indische Goa, die sie bis 1961 (!) behielten.

Der zweite Gouverneur von Goa, Afonso de Albuquerque (ca. 1450–1515), ein portugiesischer Hocharistokrat, der seit 1510 sehr erfolgreich das indische Kolonialreich organisierte, hatte begriffen, dass das bevölkerungsarme Portugal keine großen Territorien erobern und halten konnte, sondern nur Stützpunkte für die Seemacht. 1511 eroberte Albuquerque das strategisch wichtige Malakka auf der Halbinsel Malaysia vom dortigen Sultan Mahmud. Bis etwa 1520 erkundeten und entdeckten die Portugiesen das ganze westpazifische Gebiet einschließlich der chinesischen Küste und Japan. Malakka (und Malaysia) blieb bis 1641 portugiesisch. Dann wurden die Portugiesen von den Holländern verdrängt.