1689
BILL OF RIGHTS Schon im Vorfeld hatte die inoffizielle britische Parlamentsdelegation klargemacht, dass das neue Herrscherpaar die Rechte des Parlaments anerkennen müsse, was Wilhelm bei seiner Krönung beschwor. Diese wurden in Gesetzesform gegossen, als Bill of Rights im Oktober 1689 vom Parlament verabschiedet und von König und Königin anerkannt. Es handelt sich also um ein Verfassungsgesetz, da es die Beziehungen zwischen Krone und Parlament regelt. Es ist das erste konstitutionelle Gesetz überhaupt.
Die königliche Regierung darf seitdem nur noch mit Parlamentszustimmung Steuern erheben und im Frieden ein stehendes Heer unterhalten. Die Bill verankerte das freie Rederecht der Abgeordneten, also deren parlamentarische Immunität. Kein König konnte von nun an mehr die Abgeordneten wegen ihrer (kritischen) Äußerungen gerichtlich verfolgen. Das war zusammen mit der endgültigen Zementierung des Prinzips, dass wichtige politische Entscheidungen der parlamentarischen Zustimmung bedürfen, der entscheidende erste Schritt zum Parlamentarismus in Europa, vorbildlich zuerst für die USA und Frankreich, in der Folge dann für die gesamte konstitutionelle Bewegung im 19. und 20. Jahrhundert.
1707
VEREINIGTES KÖNIGREICH II – GROßBRITANNIEN Maria war 1694 an den Pocken gestorben. Wilhelm hatte bis 1702 allein regiert. Nun gelangte Marias Schwester Queen Anne als letzte Stuart-Königin auf den Thron. Fünf Jahre nach ihrem Regierungsantritt 1707 beschloss das schottische Parlament auf Druck aus England die Vereinigung der englischen mit der schottischen zur britischen Krone. Der Act of Union, das formelle Vereinigungsgesetz, regelt neben rechtlichen auch wirtschaftliche Fragen (Maße, Gewichte, Steuersystem, Währung), schuf also einen gemeinsamem Markt. So entstand Großbritannien. Queen Anne war die erste »britische« Königin.
10, DOWNING STREET Anne hatte keine Kinder. Nach ihrem Tod 1714 bestieg der hannoversche Kurfürst Georg als George I. den – nunmehr – britischen Thron. Dieser Dynastiewechsel zu den Hannoveranern (Welfen) war eine etwas wacklige Angelegenheit. Das englische Parlament wollte unbedingt einen protestantischen Thronfolger und hatte ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. 57 katholische Anwärter auf den britischen Königsthron, die »bessere« Rechte gehabt hätten, wurden dadurch übergangen. Trotzdem ging der Thronwechsel relativ reibungslos vonstatten, auch wenn George kaum Englisch sprach.
Dem britischen Premierminister Robert Walpole gelang es während seiner langen und sehr bewegten Regierungszeit (1721–1742), die Herrschaft der Hannoveraner durchzusetzen. George II. übergab ihm das Stadtpalais in der Downing Street als Residenz.
Übrigens: Das Haus Hannover regiert in Großbritannien bis heute. Königin Elisabeth II. ist eine direkte Nachfahrin des ersten hannoveranisch-britischen Königs George I.
1631–1648
TADSCH MAHAL Das schönste Bauwerk der Welt wurde von Großmogul Shah Jahan in Agra am Ufer des Yamuna errichtet. Es ist das Grabmal seiner Lieblingsfrau Mumtaz Mahal, die 1631 bei der Geburt ihres vierzehnten Kindes starb. Shah Jahan wurde 1658 von seinem dritten Sohn Aurangzeb abgesetzt. Unter Mohammed Aurangzeb Alamgir erreichte das Mogul-Reich bis 1707 seine größte Ausdehnung. Er eroberte auch Südindien, konnte seine Herrschaft aber nicht wirklich durchsetzen. Aurangzeb war strenggläubiger Muslim. Er wich von der bisherigen toleranten Religionspolitik der Mogul-Herrscher ab und verfolgte sowohl die Hindus wie muslimische Sekten. Auf diesen Mogul-Herrscher bezieht sich die berühmte Goldschmiedearbeit Der Hofstaat zu Delhi im Grünen Gewölbe in Dresden.
Was danach geschah: Die Oberherrschaft der Moguln blieb bis 1858 formell bestehen. Bei den Indern selbst wurde im 18. Jahrhundert die Dynastie der Marathen eine Art Großmacht. Sie herrschten über ein ganzes Konglomerat von Kleinkönigtümern und Fürstentümern. Durch die Marathen kam in Indien der Hinduismus wieder stärker zum Tragen. Staats- und Verwaltungssprache blieb in Indien aber bis zur Übernahme der Regierung durch die Engländer das von den Moguln mitgebrachte Persisch. Den Mogul tasteten die Marathen nicht an, sie regierten quasi in seinem Namen. Während der Marathen-Zeit dehnten die Engländer durch die Ostindien-Gesellschaft ihre Macht immer weiter aus. Der Offizier und Staatsmann Robert Clive zementierte dann um 1760 die britische Vormacht in Bengalen (Kalkutta). Aus britischer Sicht gilt er als »Napoleon Indiens«.
1644
MANDSCHU-DYNASTIE Das Volk der Mandschu ist für China ungefähr das, was die Makedonen Alexanders für die Hellenen waren: Sie lebten im Norden, waren kulturell vergleichsweise rückständig, holten aber begierig auf, als sie die Macht übernommen hatten.
Die Mandschu nannten sich seit 1636 Ching, weil das chinesische Schriftzeichen »Ching« gegenüber dem Zeichen »Ming«, dem Namen der bisherigen Dynastie, als überlegen gilt. Die Ming hatten es versäumt, die unter ihrer Herrschaft reich gewordenen Kaufmannsschichten in den blühenden Städten angemessen in das Steuersystem einzubeziehen. Diese Last trugen nach wie vor die Bauern. Das Ungleichgewicht destabilisierte die Ming-Herrschaft im Innern. Angesichts von Bauernaufständen und leerer Kassen konnten sie den Mandschu nicht viel entgegensetzen, als diese von Norden her auf Peking vorrückten. Die Ming wurden regelrecht vertrieben.
Unter den Mandschu-Kaisern erfreute sich China im 17. und 18. Jahrhundert einer großen wirtschaftlichen und kulturellen Blüte und zeitgemäßen Fortschritts in allen Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion und des vorindustriell, manufakturartig betriebenen Handwerks (Porzellan, Papier, Seide). Das befriedete Staatswesen und der allgemeine Wohlstand führten in der Spätphase der Mandschu zwischen 1750 und 1850 zu einer annähernden Verdreifachung der Bevölkerung (von ca. 143 Millionen auf ca. 430 Millionen).
In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es intensive Kontakte mit Missionaren, vor allem Jesuiten. Durch sie drangen Nachrichten aus Europa ins Reich der Mitte. In Europa wiederum wurde China in der Barockzeit mit sehr viel Respekt als philosophisch weise geordnetes Staatswesen betrachtet. Vor allem das Mandarin-System der Vergabe öffentlicher Ämter nach einer Staatsprüfung faszinierte die bürgerlichen Schichten, die nach Alternativen zum spätfeudalen Modell Europas suchten.
Die Nachfrage nach den exklusiven chinesischen Luxusprodukten Porzellan, Seide und Tee auf dem Weltmarkt war ungeheuer. Dem entsprachen die Mandschu im 17. Jahrhundert mit einer beträchtlichen Öffnung Chinas. Die Herstellung von Porzellan war in Europa nach wie vor unbekannt. Vor allem niederländische Händler verschifften es in großen Mengen nach Europa. Seide wurde in Shanghai nach europäischem Geschmack (symmetrische Muster) hergestellt. In England und den Niederlanden waren die chinesischen Seidenstoffe Statussymbole wie heute Kleider von Prada oder Handtaschen von Louis Vuitton. So floss weltwirtschaftlich gesehen sehr viel Geld, das die Europäer in ihren amerikanischen Kolonien verdienten, via Europa nach China. Auch kulturell fand der boomende chinesische Markt in Europa seinen Niederschlag. Im 17. Jahrhundert wurden im niederländischen Delft Fayencen hergestellt, die – da man noch kein weißes Porzellan herstellen konnte – mit weißer Zinnglasur grundiert und mit Mustern nach chinesischem Vorbild blau bemalt wurden. Bekannte Architekturbeispiele für den orientalisierenden Stil sind Schloss Pillnitz bei Dresden, das Chinesische Teehaus im Schlosspark von Sanssouci, der Chinesische Turm im Münchner Englischen Garten oder die Pagodenburg im Nymphenburger Schlosspark.