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Aber sie war am Leben.

Warum …

In ihrem Geist hörte Draka die Stimme ihres Gefährten. Sie mussten als Erstes die Wölfe töten, und zwar schnell. Die Tiere waren die größte Bedrohung …

Einen Herzschlag lang wurde ihr so kalt wie in einer Winternacht, und Schauder rannen über ihre Haut. Doch dann kochte Zorn in ihr hoch, so heiß, dass sie zu schwitzen begann. „Ihr Monster“, murmelte sie. „Geister, behütet mein Kind!“ Mit diesen Worten lenkte sie Eis direkt in das Kampfgetümmel.

„Orgrim!“, schrie sie. „Orgrim!“ Er drehte sich kurz herum, erblickte sie und verzog das Gesicht.

Reite zurück, Draka!“

Die Orcs konnten sie überwältigen und zwingen, aus eigener Kraft mit ihnen zu kommen …

„Sie wollen uns verwunden, nicht töten!“, rief sie unbeirrbar, woraufhin die Falten auf Orgrims Stirn noch tiefer wurden. Sie konnte seine Verwirrung verstehen. Es ergab nicht den geringsten Sinn. Warum einen Feind verletzen, wenn man ihn auch töten konnte?

Die anderen, einschließlich der Kinder, haben sie gefangen genommen.

Als Nahrung für später.

Draka sah, wie sich die Erkenntnis über seine Züge senkte, dann verwandelte sich sein Gesicht in eine Maske puren Zorns. „Tötet sie, Frostwölfe!“, brüllte er. „Vernichtet sie alle!

Einen Moment später hörte Draka plötzlich ein Geräusch, bei dem ihr Herz einen Sprung machte und ihr Tränen in die Augen stiegen. Es war das wundervolle Geheul von Wölfen – und es kam aus dem Norden.

Das Geschenk, das der Geist des Lebens ihnen gemacht hatte, barg mehr als nur einen Nutzen. Die Frostwölfe fühlten sich so erholt, als hätten sie tagelang geschlafen, so kräftig, als hätten sie sich jeden Tag ihres Lebens an reicher Nahrung gelabt, und ihre Sinne waren beinahe ebenso scharf wie die ihrer wiedererstarkten Reittiere. Tiefe Ruhe und völlige Konzentration erfüllte Durotan, und er fragte sich, ob die Mitglieder des verabscheuungswürdigen Rotläuferklans wohl auf dieselbe Weise von ihrer gestohlenen Stärke profitierten. Doch statt an diesem Gedanken zu verzweifeln, nutzte er ihn, um seine Entschlossenheit noch weiter zu schärfen. Panik würde ihm nicht dabei helfen, seinen Klan, seine Gefährtin und sein Kind zu retten.

Das Geschenk wird nicht lange anhalten, hatte der Geist Drek’Thar erklärt. Aber vielleicht lange genug. Geht und rettet eure Leute.

Die Wölfe rannten wie nie zuvor; mit ebenmäßigen, flüssigen Bewegungen, ohne je zu ermüden. Ihre Reiter wechselten kein Wort; das war auch nicht nötig. Der Geist des Lebens erfüllte sie, und wenn sie auch nicht die Gedanken der anderen lesen konnten, waren sie doch in perfekter Harmonie miteinander.

Sie erreichten das Lager nicht rechtzeitig, um die Schlacht zu verhindern, aber ein kurzer Blick zeigte Durotan, dass sein Klan der deutlichen zahlenmäßigen Unterlegenheit trotzte und sich tapfer verteidigte. Die zurückgekehrten Frostwölfe bremsten ihre Reittiere nicht ab, sondern stürmten mit voller Geschwindigkeit, wirbelnden Waffen und donnernden Kriegsschreien ins Kampfgetümmel.

Nie in seinem Leben war Durotan mehr von seinem Handeln überzeugt gewesen als jetzt. Die Rotläufer waren Monster, die es überhaupt nicht geben sollte, und sie vom Angesicht Draenors zu tilgen, wäre, wie verrottendes Gewebe aus einer Wunde zu schneiden. Er sprang von Scharfzahns Rücken, und Wolf und Reiter wandten sich eigenen Zielen zu. Durotan sah eine Rotläuferin auf sich zurennen und grinste. Sie trug zwei kleine Beile, und das eine schwang sie in einem hohen Bogen, um sein Gesicht zu erwischen, während sie das andere in einem horizontalen Bogen herabsausen ließ.

Spalter funkelte im Licht, glitt in ihr Fleisch … und beide Hände der glücklosen Kriegerin fielen zu Boden, die Finger noch immer um ihre Beile geschlossen. Kurz starrte sie verwirrt ihre blutsprühenden Armstümpfe an, dann gesellte sich ihr Kopf zu ihren Händen.

Durotan spürte einen weiteren Gegner hinter sich. Er wirbelte herum und grub Spalter tief in die Brust des Rotläufers. Als wütendes Gebrüll einen dritten Angreifer ankündigte, riss er die Axt aus der Wunde, um erneut damit zuzuschlagen. Doch bevor er Gelegenheit dazu bekam, wuchs dem heranstürmenden Rotläufer plötzlich ein Pfeil aus dem Auge, und er ging taumelnd zu Boden.

Er erkannte die Befiederung, und einen Moment später hörte er auch schon die Stimme seiner Gefährtin.

„Durotan!“, rief Draka. „Orgrim kämpft gegen ihren Häuptling!“

Durotan blickte sich um. Er sah Zarka und Kulzak, die beinahe gleichgültig ihre Waffen schwangen, aber trotzdem türmten sich links sich rechts von ihnen die Leichen gefallener Rotläufer. Geyah kämpfte wie jemand, der vielleicht halb so alt war wie sie: Sie sprang und tänzelte und stach mit ihrem Speer zu, als wäre es das Leichteste auf der Welt. Auch die Frostwölfe, die nicht durch den Geist des Lebens gesegnet worden waren, schöpften neuen Mut, als sie ihren Häuptling wieder in ihrer Mitte sahen, und sie griffen den Feind mit neuer Energie an.

Doch wo waren Orgrim und der Anführer der Rotläufer?

Einen Moment später erblickte er sie. Orgrims massige, kahlköpfige Gestalt wirbelte den mächtigen Schicksalshammer, als wäre es das Spielzeug eines Kindes. Der Häuptling war größer als er, aber ebenso muskelbepackt, und er schwang seine beiden Äxte mit solcher Geschwindigkeit, dass sie in der Luft verschwammen. Durotan wusste nicht, was er tun sollte. Einerseits wollte er Orgrim nicht um den Ruhm bringen, den Anführer dieses monströsen Klans niederzustrecken, aber er wollte auch nicht, dass sein treuer Freund starb – und der Häuptling überlebte.

Er beschloss, sich in der Nähe seines Stellvertreters aufzuhalten und einzugreifen, falls es nötig werden sollte. Ein Rotläufer sprang Durotan in den Weg, in der Hand einen Morgenstern mit blutigen Stacheln. Der Frostwolf duckte sich, sodass die Waffe harmlos über seinem Kopf hinwegsurrte, dann riss er Spalter nach oben. Der Rotläufer riss den Mund auf, wie um zu protestieren, aber alles, was über seine Lippen kam, war ein Strom von Blut. Angewidert riss Durotan seine Axt frei und eilte weiter.

Er war Orgrim und dem Häuptling nun ganz nah. Der Kampf zwischen den beiden schien ausgeglichen zu sein, und er erkannte, dass er vermutlich nicht eingreifen müsste. Orgrim wirkte zwar erschöpft, und er konnte nicht vom Segen der Geister zehren, aber er schlug sich wacker.

Jederzeit auf einen weiteren Angriff gefasst, ließ Durotan den Blick über das Schlachtfeld schweifen. Viele Frostwölfe lagen über den Boden verstreut, aber die meisten von ihnen schienen nur verwundet zu sein. Die Rotläufer, die neben ihnen lagen, rührten sich hingegen nicht mehr, und noch während er sich umsah, fielen zwei weitere in den Schnee: Einer wurde von einem Pfeil durchbohrt – vermutlich von Drakas Sehne –, und der andere tat seinen letzten Atemzug über Geyahs Speer gekrümmt. Nur eine Handvoll Rotläufer lebten noch! Durotans Herz schlug schneller, und er sandte ein dankbares Gebet zu den Geistern.

Er wandte sich wieder dem Zweikampf zwischen seinem Stellvertreter und dem Häuptling der Angreifer um. Es war so gut wie vorbei. Der linke Arm des Rotläufers hing bewegungsunfähig an seiner Seite herab, die Hand völlig zerschmettert. Er kämpfte nur noch mit einer Axt; eine Waffe, die lediglich eine Schneide hatte und im Vergleich zu Orgrims Schicksalshammer winzig wirkte. Seine Bemühungen waren tapfer, aber hoffnungslos.

Durotan lächelte, als Orgrim den Schicksalshammer hob.

Sobald er den Häuptling getötet hätte, könnten sie …

Den Häuptling getötet …