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„Richtig gedacht“, sagte Lothar, mit einem Mal wieder grimmig. Sie mochten den Wächter aufgehalten haben, aber der Kampf war noch lange nicht gewonnen. „Ich muss los.“

Medivh. Anduin blickte auf seinen alten Freund hinab. Er war bleich und lag reglos da, aber er war wieder er selbst. Das war Khadgars letztes Geschenk an ihn gewesen.

„Ich bin stolz auf dich“, wandte Lothar sich an den Magier. Hätte er das Callan doch auch nur gesagt. Dafür war es nun zu spät. Aber für Khadgar – und für ihn selbst – war es nicht zu spät. Der Junge strahlte, und Anduin verwuschelte ihm das Haar, bevor er barfuß aufstand; seine Stiefel steckten noch immer irgendwo in dem Golem. Doch das konnte ihn nicht aufhalten, als er über die scharfen Steinsplitter auf dem Boden rannte, sein Schwert aufhob und an eines der offenen Fenster trat. Die Greifin sah ihn und kam herangeflogen, sodass Lothar auf ihren von Fell und Federn bedeckten Rücken springen konnte. Anschließend sausten sie davon, um den König zu retten.

Einen Moment blieb Khadgar sitzen, um sich zu sammeln. Er bedauerte zutiefst, dass er gezwungen gewesen war, den Wächter zu töten. Das hatte er nie gewollt. Gleichzeitig war er froh, dass sie Medivh davon abgehalten hatten, das Portal zu öffnen. Langsam stand er auf. Hoffentlich würde Lothar Llane rechtzeitig erreichen, um noch etwas auszurichten. Er schüttelte den Kopf. Gab es vielleicht irgendetwas, das er von hier aus tun konnte?

Das Becken würde ihm keine Hilfe sein. Es war leer, barg nun weder Fel-Magie noch echte Magie. Er …

Khadgar blinzelte. Eine leise Stimme murmelte eine Beschwörung. Medivh lebte – und er versuchte noch immer, das Portal zu öffnen, um die Orcs …

Nein. Nein, diese Beschwörung hatte Khadgar eine gefühlte Ewigkeit gehört, lange genug, um sich die Worte einzuprägen. Und es waren nicht dieselben, die der Wächter jetzt aussprach. Außerdem hörte er ein Wort, das sein Herz einen Schlag aussetzen ließ.

Llane hatte nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen, und er machte das Beste daraus. Voller Dankbarkeit für Magnis Einfallsreichtum und Großzügigkeit ritt er zwischen seinen Männern dahin und trieb sie an, während sie die Donnerstöcke gegen die baumgroßen Orcs einsetzten und sie gleich zu Dutzenden fällten. Die zahlenmäßige Überlegenheit des Feindes war erdrückend, aber dank dieser Waffen, dieser „mechanischen Wunder“, verbesserten sich ihre Chancen mit jedem lauten, widerhallenden Knall.

Jene, die sich wie er für traditionellere Waffen entschieden hatten, ritten um die Orcs herum, die zwar verwundet, aber noch immer kampflustig waren. Sie rammten Speere durch so manche breite grüne Brust oder schlitzten entblößte Kehlen durch und hackten mit perfekt geschärften Klingen Gliedmaßen ab. Sie zogen eine Schneise durch das Meer der Orcs und hielten direkt auf das Portal und die menschlichen Gefangenen zu, die dort auf ihre Rettung warteten – oder auf ein Schicksal, das so grausam war, dass Llane es niemandem wünschen würde, nicht einmal den Orcs selbst.

Als er Zeit hatte, hob er den Blick über die Köpfe der Feinde hinweg. Das Bild der Armee jenseits des Portals flackerte und klärte sich dann wieder. An der Bedeutung dieses Anblicks konnte es keinen Zweifel geben. Llane erinnerte sich an seine Diskussion mit Lothar darüber, wie viele Orcs wohl noch in diese Welt kommen würden. Er hatte darauf gedrängt, sie einzudämmen, und jetzt wurde ihm die Naivität seines Arguments bewusst. Er war darauf konzentriert gewesen, einen Fluss aufzuhalten, aber er hatte nicht gesehen, dass sich dahinter eine riesige Meereswelle auftürmte.

Er trieb sein Reittier auf eine wilde Orcin zu, die mit einem seiner Männer in einen Kampf verstrickt war. Zwei stählerne Hufe traten nach der Kriegerin, und Llanes Klinge zog eine blutige Linie über ihre Lederrüstung. Wütend starrte sie ihn an. Ihre Zähne schnappten zu wie die eines Raubtiers, dann sprang sie mit ausgestreckten Armen hoch und packte sein Bein, um ihn aus dem Sattel zu zerren. Einen Moment später rollte ihr der Kopf von den Schultern, und Llane sah zu dem Mann hinab, der ihn gerettet hatte. Doch er konnte dem Soldaten nur kurz zunicken, bevor er sich dem nächsten Gegner zuwandte.

Der König sog den Atem ein und sah einmal mehr zu dem Tor hinüber. Seine Augen weiteten sich.

Die Horde, die sich auf der anderen Seite zusammengezogen hatte, bereit, in Azeroth einzumarschieren – sie war nicht mehr da. Jenseits des Portals war nur noch der Schwarze Morast zu sehen. Gerade als Erleichterung in ihm hochstieg, geriet das Innere des Tors erneut in Bewegung. Nur dass die Lichter an den Rändern diesmal nicht grün, sondern von einem frischen, sauberen Blau waren. Und was Llane dahinter erblickte, war nicht Draenor.

Es war Sturmwind.

Ein lautes Lachen, rein und voller Freude, drang aus seiner Brust. Sein alter Freund hatte sie also doch nicht im Stich gelassen! „Danke, Wächter!“

Er blickte sich um, bis er Karos entdeckte, seine Rüstung mit dunkelbraunem Blut besudelt. „Karos!“ Der Soldat drehte sich herum, und Llane deutete auf das Tor, anschließend suchten seine Augen weiter das Schlachtfeld ab. Er rief nach Varis.

Irgendwann während der Schlacht hatte der Leutnant seinen Helm verloren, aber auch sein verkrustetes Gesicht erhellte sich, als er den Kopf drehte und feststellte, dass die trostlose Hässlichkeit von Draenor durch die schimmernde Kathedrale von Sturmwind ersetzt worden war.

„Vorwärts!“, rief Llane, und seine Truppen stürmten, von dem Anblick mit neuer Kraft erfüllt, los.

Ihr König sah sich derweil nach Garona um. Sie hatte gerade einem stämmigen Orc ein Breitschwert durch den Torso gerammt – er hatte längst aufgehört, zu zählen, wie viele Feinde sie schon vor seinen Augen getötet hatte. „Garona!“, rief er. „Reite mit mir!“

Ohne Zögern eilte sie zu ihm und sprang hinter ihm auf das Pferd, dann rasten sie in wildem Galopp auf das Portal zu, das von einem Symbol der Furcht zu einem Leuchtfeuer der Hoffnung geworden war. Sie mussten sich ihren Weg freikämpfen, aber es war einfacher, als er erwartet hatte. Die Orcs waren noch immer schockiert, weil das Portal umgeleitet worden war, und die Soldaten hatten sich zusammengezogen. Llane und Garona ritten zwischen Dutzenden Käfigen hindurch, von denen die ersten bereits aufgehackt wurden.

„Varis! Die Männer sollen einen Schutzkreis errichten. Garona, Karos, nehmt so viele Soldaten, wie wir entbehren können, und befreit die Gefangenen. Schickt sie durch das Portal! Wir werden die Linie halten, solange wir können!“

Khadgars Augen weiteten sich. Er stolperte zu der Stelle hinüber, wo der Wächter lag, sein Körper teilweise unter dem Gewicht seines Lehmmannes zerquetscht. Medivhs Augen glühten blau wie die Magie echter Magier, nicht grün wie die eines Hexenmeisters. Und während er ihn noch ansah, rollte eine leuchtende, azurfarbene Träne über das Gesicht des Wächters.

Khadgars Stimme war heiser, als er den Mund öffnete. „Du leitest das Portal nach Sturmwind um!“ Medivh blinzelte. Seine blicklosen Augen fokussierten sich neu, richteten sich auf das Gesicht des Jungen. Kraftlos hob er Khadgar die Hand entgegen, aber dann sackte sie zurück auf den Boden.

„Es ist die Einsamkeit, die uns schwach macht“, sagte er mit bedauerndem Tonfall. Genau das hatte Alodi auch gesagt, erinnerte Khadgar sich. Etwas so Simples, so Menschliches hatte einen Wächter zerstört und mit ihm beinahe die gesamte Welt. „Es tut mir leid. So leid. Ich wollte uns alle retten. Das wollte ich immer.“

Seine Augen verloren ihren Fokus, und er lag still.

22

Das Meer der Orcs schloss sich um sie, dennoch empfand Llane nunmehr Zuversicht. Natürlich hätte der Wächter das Portal früher umleiten können, aber das änderte nichts daran, dass er zutiefst dankbar war. Er und die Überlebenden seiner drei Legionen hatten sich zum Tor vorgekämpft, und während Llane, Garona, Varis und mehrere von Sturmwinds besten Rittern die Angriffe des Feindes abwehrten, befreiten Karos und die anderen die Gefangenen und beschützten sie, während sie sich durch das Portal in Sicherheit brachten.