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Auf Más Afueras Schwesterinsel — ursprünglich Más Atierra, Näher am Land, nun aber Robinsón Crusoe genannt — hatte ich gesehen, welchen Schaden ein Trio von Festlandpflanzen — Macchie, Guave und Brombeere — anrichtet, das ganze Anhöhen und Stromgebiete monokulturell überrennt. Besonders bösartig sah die Brombeere aus, die selbst hohe einheimische Bäume erdrosseln kann und sich unter anderem verbreitet, indem sie Ausläufer abschießt, die wie dornige Glasfaserkabel aussehen. Zwei einheimische Pflanzenarten sind bereits ausgestorben, und ohne eine massive Renaturierungsmaßnahme werden viele weitere folgen. Unterwegs auf der Insel Robinsón, nach zarten einheimischen Pflanzen an den Brombeerrändern suchend, begann ich, den Roman als einen Organismus zu begreifen, der auf der Insel England zu einem virulenten Invasiv mutiert war und sich von Land zu Land ausgebreitet hatte, bis der Planet erobert war.

In Joseph Andrews spricht Henry Fielding von seinen Figuren als «Arten» — als etwas, das mehr ist als individuell und weniger ist als universell. Aber so wie der Roman die kulturelle Umwelt verändert hat, sind menschliche Arten einer universellen Masse aus Individuen gewichen, deren hervorstechendes Merkmal es ist, identisch unterhalten zu werden. Das war das monokulturelle Monster, das David in seinem monumentalen Roman Unendlicher Spaß hatte kommen sehen und gegen das Widerstand zu leisten er ausgezogen war. Und die Form seines Widerstands in diesem Roman — Anmerkung, Abschweifung, Nichtlinearität, Hyperverlinkung — nahm den sogar noch virulenteren und sogar noch radikaler individualistischen Eroberer vorweg, der jetzt den Roman und dessen Nachkommen ersetzt. Die Brombeere auf der Insel Robinsón Crusoe war wie der Eroberer Roman, ja, aber nicht weniger kam sie mir wie das Internet vor, dieses BlackBerry-geborene Invasiv, das, statt das Ich über eine Erzählung zu legen, das Ich über die Welt legt. Statt der Nachrichten: meine Nachrichten. Statt eines einzigen Fußballspiels: fünfzehn verschiedene, aufgesplittet in die Statistik einer personalisierten Phantasie-Liga. Statt Der Pate: «Meine Katze macht ein lustiges Kunststück.» Das Individuum läuft Amok, jedermann ein Charlie Sheen. In Robinson Crusoe war das Ich eine Insel geworden, und jetzt, so sah es aus, wurde die Insel die Welt.

In der Nacht wachte ich auf, weil die Zeltplane gegen meinen Schlafsack schlug; ein heftiger Wind war aufgekommen. Ich verstöpselte meine Ohren, konnte das Schlagen aber noch hören und, später, ein lautes Klatschen. Als es endlich Tag wurde, fand ich mein Zelt teilweise zerlegt, ein Teil der Zeltstange baumelte vom Vordach. Der Wind hatte die Wolken unter mir zerstreut und den Blick auf den Ozean geöffnet, staunenswert nah, der Morgen dämmerte rötlich über dem bleiernen Wasser. Mit der besonderen Effizienz, die ich auf der Suche nach einem seltenen Vogel aufbringen kann, frühstückte ich schnell, verstaute Funkgerät und Satellitentelefon und genug Proviant für zwei Tage in meinem Rucksack und faltete, weil der Wind so stark war, in letzter Minute mein Zelt zusammen und beschwerte seine Ecken mit großen Steinen, damit es nicht fortwehte. Die Zeit war knapp — die Morgen sind tendenziell klarer als die Nachmittage — , doch am refugio zwang ich mich zu einem Zwischenstopp und markierte dessen Koordinaten auf dem GPS, bevor ich bergauf eilte.

Der Más-Afuera-Schlüpfer ist der größere, trister gefiederte Vetter des Stachelschwanzschlüpfers, eines bemerkenswerten Vogels, den ich in mehreren Wäldern auf dem chilenischen Festland gesehen hatte, bevor ich auf die Inseln kam. Wie eine so kleine Art achthundert Kilometer vor der Küste landen konnte, zahlreich genug, um sich zu vermehren und weiterzuentwickeln, wird für immer ein Rätsel bleiben. Die Más-Afuera-Art braucht unberührten Farnwald, und ihre Population, nie groß, scheint kleiner zu werden, vielleicht weil die Vögel, wenn sie auf dem Boden brüten, leichte Beute für die eingeschleppten Ratten und Katzen sind. (Más Afuera von Nagern zu befreien würde das Einfangen und Sichern der kompletten Bussard-Population auf der Insel voraussetzen, damit danach über Hubschrauber die Felsenlandschaft mit Giftködern gespickt werden könnte, zu Gesamtkosten von vielleicht fünf Millionen Dollar.) Mir war gesagt worden, in seinem Habitat sei der Más-Afuera-Schlüpfer nicht schwer zu entdecken; die Schwierigkeit bestehe darin, das Habitat zu erreichen.

Die Höhenlagen der Insel waren noch wolkenverhangen, aber ich hoffte, dass der Wind bald für klare Sicht sorgen würde. Soweit ich das anhand meiner Karte beurteilen konnte, musste ich bis auf elfhundert Meter steigen, um zwei tiefe Schluchten, die südlich den Weg nach Los Inocentes versperrten, zu umgehen. Dass der reine Höhengewinn meiner Wanderung bei null liegen würde, heiterte mich auf, kaum hatte ich jedoch das refugio hinter mir gelassen, schloss sich die Wolkendecke wieder. Die Sicht sank auf unter hundert Meter, und bald hielt ich alle zehn Minuten an, um meinen Standort elektronisch zu markieren, wie Hänsel, der im Wald Brotkrumen verstreut. Eine Weile hielt ich mich an einen von Maultierkot markierten Pfad, aber der Boden wurde bald zu steinig und zu sehr von Ziegenspuren vernarbt, als dass ich mir hätte sicher sein können, noch auf dem richtigen Weg zu sein.

Auf elfhundert Metern wandte ich mich nach Süden, schlug mich durch dichte, triefende Farne und fand meinen Weg von einem Wasserlauf blockiert, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich unter mir hätte sein sollen. Ich studierte die Karte, aber ihre Google-Earth-Schraffuren waren kein bisschen weniger vage geworden, seit ich sie das letzte Mal studiert hatte. Ich versuchte, mich seitwärts an den Flanken der Schlucht voranzuarbeiten, doch unter der Farndecke verbargen sich glitschige Felsen und tiefe Löcher, und der Hang schien, soweit ich das im Nebel beurteilen konnte, steiler zu werden, also machte ich kehrt und kämpfte mich zurück auf den Kamm, wobei ich mich mit dem GPS orientierte. Nach einer Stunde Suche war ich völlig durchnässt und kaum mehr als dreihundert Meter von meinem Ausgangspunkt entfernt.

Ein Blick auf die Karte, die dabei sehr nass wurde, erinnerte mich an das unbekannte Wort, das Danilo benutzt hatte. Cordones: Das musste Gebirgskamm heißen! Ich sollte den Kämmen folgen! Nur noch innehaltend, um elektronische Brotkrumen zu streuen, stürmte ich wieder bergauf, bis ich eine solarbetriebene Funkantenne erreichte, vermutlich auf einem der Gipfel. Der Wind, jetzt stärker, blies Wolken über die Rückseite der Insel, die, wie ich wusste, aus Klippen besteht, die tausend Meter tief zur Robbenkolonie hin abfallen. Sehen konnte ich sie nicht, aber der bloße Gedanke an ihre Nähe ließ mich schwindeln; ich habe große Angst vor Klippen.

Zum Glück war der cordón südlich der Antenne einigermaßen eben, und es fiel mir nicht allzu schwer, mir einen Weg zu suchen, selbst bei starkem Wind und einer Sicht nahe null. Eine halbe Stunde lang kam ich gut voran, begeistert, dass ich aus knapper Information den richtigen Weg nach Los Inocentes erschlossen hatte. Schließlich aber teilte sich der Kamm und stellte mich vor die Wahl, entweder einer höher oder einer tiefer gelegenen Route zu folgen. Die Karte deutete ziemlich klar darauf hin, dass ich auf tausend Metern sein sollte, nicht auf zwölfhundert. Doch als ich im Versuch, meine Höhe zu verringern, den tiefer gelegenen Kammwegen folgte, landete ich an übelkeiterregend steilen Abhängen. Ich kehrte auf den höher gelegenen Kammweg zurück, der außerdem den Vorzug hatte, geradewegs südlich in Richtung Los Inocentes zu führen, und freute mich, als er schließlich abfiel.

Mittlerweile war das Wetter richtig schlecht, der Nebel hatte sich in Regen verwandelt und blies horizontal, mit Windböen von über sechzig Stundenkilometern. Während ich mir meinen Weg den Kamm hinab suchte, wurde der beängstigend enger und enger, bis eine schmale Felsnadel ihn gänzlich versperrte. Ich konnte mehr oder weniger gut erkennen, dass der Kammweg dahinter weiter abwärts führte, wenn auch sehr steil. Aber wie um den Felsen herum kommen? Wenn ich mich um seine Leeseite hangelte, riskierte ich, von einer Bö erfasst und hinuntergeweht zu werden. Und auf der Windseite ging es, soweit ich wusste, blanke tausend Meter in die Tiefe; aber wenigstens würde mich der Wind dort gegen den Felsen drücken statt mich von ihm wegzureißen.