Ringt sich Caro nun zu einen L?cheln durch? Ich h?pfe vom Sofa und gucke sie mir von unten an. Ja. Sehr gut! Kriegspfad wurde verlassen.
»Von mir aus. K?nnen wir machen. Aber was sind denn deine Favoriten?«
»Wie findest du denn Ole?«
Caro sch?ttelt den Kopf.
»Malte?«
Kopfsch?tteln.
»Nikolaus?«
»Hm. Niko. Schon besser. Was h?ltst du von Alexander?«
»Finde ich sch?n, ist aber sehr h?ufig, oder?«
Caro nickt.
»Ja, aber ich mag den Namen, weil er so klassisch ist.«
»Wo wir gerade bei klassisch sind – bei den M?dchen finde ich Johanna gut.«
»Und Nina?«
»Nee, bitte. Da m?sste ich die ganze Zeit an deine Nina denken.«
»Wiesomeine? Ich dachte, sie seiunsere Nina. Und?berhaupt: Bevor du dich mit mir getroffen hast, bist du immerhin mit ihr ausgegangen. So schlimm k?nnen die Gedanken an Nina also wohl nicht sein.«
Marc seufzt.
»Gut. Hast ja Recht. Trotzdem will ich nicht, dass unsere Tochter so heisst. Der Name ist irgendwie besetzt. Wie geht es Nina eigentlich? Ewig nichts mehr von ihr geh?rt. Immer noch mit dem Weihnachtsmann gl?cklich?«
»Ich glaube schon. Aber in letzter Zeit habe ich sie kaum gesehen – sie steckt gerade in einem anstrengenden Forschungsprojekt, eine Kooperation mit einem schwedischen Institut. Irgendetwas mit Suchtprophylaxe. Jedenfalls ist sie st?ndig in Stockholm, und wenn ich sie mal sehe, habe ich Angst,sie mit meinen Babythemen zu langweilen.«
Marc guckt erstaunt.
»Freut sie sich denn nicht f?r uns?«
»Doch. Schon. Aber du weisst ja, wie sie zum Thema Kinder steht.«
Allerdings weiss Marc das. Als er sich noch mit Nina getroffen hat, haben sie sich ?ber das Thema Kinder mal so gestritten, dass sie ihn auf einer Picknickdecke mit einer Sch?ssel voll sandigem Kartoffelsalat hat sitzen lassen und einfach in den n?chsten Bus gesprungen ist. So wird es jedenfalls erz?hlt. In der Beziehung ist Nina genauso kompliziert und unleidlich wie Herr Beck. Die beiden haben eindeutig eine Kinderphobie.
So nennt Caro das bei Nina, und es bedeutet, dass die Kinder?berhaupt nicht mag.
»Na, vielleicht ?ndert sich das noch mal. Ansonsten ist ihr Freund nat?rlich auch noch ziemlich jung, der ist wahrscheinlich auch nicht gerade scharf auf einen Stall voll lauter, l?rmender G?ren oder kleiner Windelpupser, die er jede Stunde wickeln oder f?ttern muss und die ihn um seinen Nachtschlaf bringen.« Er lacht.
Hm. Laute, l?rmende G?ren? Einmal pro Stunde wickeln – was ist das eigentlich? – oder f?ttern? Also, so richtig scharf bin ich darauf auch nicht, und mein Nachtschlaf ist mir heilig! Das klingt ja sehr betreuungsintensiv. Wie lange das wohl dauert, bis ein Menschenkind so weit ist, dass es nicht mehr soaufw?ndig in der Pflege ist? Anscheinend hat Caro gerade den gleichen Gedanken.
»Hoffentlich schaffen wir das alles. Ich freue mich, aber ich habe auch Bammel.«
»Keine Sorge, Spatzl. Du hast einen echten Profi an deiner Seite. So ein Baby versorge ich mit links. Und wenn er oder sie wie Luisa wird, dann k?nnen wir uns auf ein ganz friedliches, gutgelauntes Gesch?pf freuen. Egal, ob Baby Neumann oder Baby Wagner.«
»Friedliches, gutgelauntes Gesch?pf? Pfff! Vergiss es!« Okay, Herr Beck glaubt nicht an die Geschichte vom lieben Baby. Aber das ist ja auch kein Wunder, siehe Kinderphobie. Die teilt er eindeutig mit seinem Frauchen.
»Aber Marc sagt, dass Luisa genauso war. Das perfekte Baby«, verteidige ich meine Freundin.
»Ach Quatsch!« Beck sch?ttelt unwillig den Kopf. »Das glauben doch alle Eltern. Dass sie ganz s?sse, liebreizende Kinder haben. Selbst der nichtsnutzige Neffe von Frau
Wiese war bestimmt ?berzeugt davon, dass es sich bei seinen missratenen G?ren um die Krone der Sch?pfung handelte. Ich weiss bis heute nicht, woran es liegt – aber irgendetwas vernebelt Menschen beim eigenen Nachwuchs komplett den Verstand.«
»Meinst du?«
»Ja, und ob! Sieh dir doch mal an, wie die ihre Kinder erziehen.«
»Hm. Die Erziehung ist mir noch nicht so besonders aufgefallen.«
»Kein Wunder – die findet ja auch gar nicht statt! Menschenkinder machen einfach, was sie wollen, die Eltern klatschen noch Applaus!« Herr Beck schnauft hektisch, das Thema scheint ihn richtig mitzunehmen. »Wenn ich mir als K?tzchen auch nur einen Bruchteil der Sachen erlaubt h?tte, die ichbei Menschenkindern jeden Tag beobachte, dann w?re ich von meiner Mutter aber mal richtig verm?belt worden.«
Ich bleibe skeptisch.
»Wann beobachtest du denn schon mal Menschenkinder? Hier im Haus wohnen doch gar keine. Und im Park bist du meistens abends oder nachts. Da sind die meisten Kinder schon l?ngst zu Hause.«
»Na, fr?her. Fr?her habe ich die beobachtet. Bei Familie Wiese. Oder bei meinem alten Herrchen, dem Anwalt. Da kamen auch oft Kinder mit ins B?ro, um die sich die Eltern, die nicht mehr zusammenbleiben wollten, gestritten haben. Hab ich damals schon nicht verstanden. Ich w?re froh gewesen, endlich ohne Kinder meine Ruhe zu haben.«
Beck ist einfach ein alter N?rgler. Dem t?te ein wenig Unruhe wahrscheinlich ganz gut, so empfindlich, wie der mittlerweile ist. Kleine Menschen sind eben wilder als grosse, das finde ich eigentlich sch?n. Nicht so langweilig! Klar, als
Welpe wurde ich von meiner Mutter auch das ein oder andere Mal sehr energisch zurOrdnung gerufen. Dann packte sie mich im Nacken und sch?ttelte mich ordentlich. Aber bei Menscheneltern funktioniert das vielleicht anders. Eben mit Worten. Marc jedenfalls schimpft ab und zu mit Luisa, wenn sie etwas falsch macht. Und wenn sie etwas richtig macht, freut er sich und lobt sie. Das ist bestimmt auch Erziehung. Nur ohne Sch?tteln.
»Na, ihr beiden? Sonnt ihr euch?« Daniel kommt zu uns in den Garten. Seit unserem Spaziergang an der Alster steht er h?ufiger auf der Terrasse und raucht – eigentlich immer, wenn Caro gerade nicht in der Werkstatt ist. Aber diesmal hat er kein Zigarettenp?ckchen in der Hand, sondern meine Hundeleine.
»Wir beiden haben eine Verabredung, Herkules. Mit zwei attraktiven Frauen. Komm!«
Ich z?gere. Wozu braucht Daniel mich, wenn er mit zwei Frauen verabredet ist? Kann er sich nicht entscheiden und will meine Meinung zu den Damen h?ren? Und dann gucke ich mir die beiden an und hebe mein Beinchen an der Kandidatin, die mir nicht so gef?llt? Eigentlich ein lustiger Gedanke. Und nat?rlich hat Daniel v?llig Recht: Mein Geschmack ist exquisit, immerhin habe ich auch f?r Carolin den passenden Mann gefunden. Wenn wir uns damals auf ihre eigene Menschenund insbesondere M?nnerkenntnis verlassen h?tten – auweia! Das w?re b?se geendet! Also rappele ich mich auf und trabe zu Daniel. Wenn mein Freund mich braucht, stehe ich zu ihm, ist doch klar! Und vielleicht besteht ja der Hauch einer Chance, dass er mit den Damen in der N?he der Hundewiese verabredet ist.
Nein, er ist nicht in der N?he der Hundewiese verabredet. Er istauf der Hundewiese verabredet. Jedenfalls steuern wir die direkt an. Wie seltsam! Nach meiner bisherigen Kenntnis finden Treffen von M?nnern und Frauen bevorzugt in Restaurants oder Caf?s statt. Vielleicht auch mal im Mondschein auf einer Parkbank. Aberauf der Hundewiese? Umringt von ziemlich vielen grossen und kleinen Vierbeinern, mit einer Ger?uschkulisse, die nicht einmal ich als romantisch bezeichnen w?rde? Nein, so eine Verabredung habe ich jedenfalls mit Carolin auch nicht in der Hochphase der M?nnersuche erlebt.
Jetzt winkt Daniel irgendjemandem zu. Wahrscheinlich einer der beiden Frauen. Vielleicht hat er sich einen kleinen sportlichen Wettbewerb f?r die Damen ausgedacht?Agility, wie man das im Hundesport nennt? Gemeinsames St?ckchenweitwerfen oder mit Hunden um die Wette rennen? Interessiert schaue ich, wer ihm denn wohl zur?ckwinkt – und erlebe eine ?berraschung. Ich kenne die Frau! Es ist Claudia, Cheries Frauchen! Ein angenehmes Kribbeln breitet sich von meiner Schwanzspitze ?ber den gesamten R?cken aus: Wo Claudia ist, kann auch Cherie nicht weit sein. Tats?chlich taucht sie gleich danach neben ihr auf. Sie sieht mich und trabt auf uns zu.