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»?berleg mal – sie kennt doch diesen Alwin gar nicht wirklich.«

»Alec. Er heisst Alec.«

»Wie auch immer. Mit dir ist sie richtig befreundet. Diesen Alec hat sie wahrscheinlich nur einmal im Leben gesehen. Dann haben sie rasch die Babys gemacht – und gut war’s.«

Becks Worte bohren sich regelrecht in meine Brust, ich sp?re einen stechenden Schmerz und gehe jaulend zu Boden.

»Herkules?! Was ist los?«

»Ich habe Schmerzen.«

»Echt?«

»Ja. Echt!«

»Dann bist du krank.«

»Das sag ich ja die ganze Zeit. Aber du glaubst mir ja nicht.«

»Nein, ich meine: richtig krank.«

»Ich bin RICHTIG krank! Es tut RICHTIG weh!«

Herr Beck steht auf und geht um mich herum, um mich besser betrachten zu k?nnen.

»Hm. Aber was tut denn weh, wenn es weh tut?«

»Wie meinst du das?«

»Na ja, was genau tut dir denn weh?«

»Ich habe das Gef?hl, dass mein Brustkorb auf einmal zu klein f?r mein Herz ist. Und das Herz selbst ist wie eingequetscht, richtig zusammengedr?ckt. Ich kann nicht mehr tief durchatmen, es ist schrecklich.«

»Auweia, das klingt furchtbar! Ich dachte bisher immer, Liebeskummer sei so eine menschliche Erfindung, die es im Grunde genommen gar nicht gibt. Scheint ja doch was dran zu sein.«

Ich drehe mich auf die Seite, weil mir das Atmen dann leichter f?llt.

»Hattest du denn noch nie Liebeskummer?«

Beck sch?ttelt den Kopf.

»Nein. Offensichtlich nicht. Jedenfalls nicht so. Sicher, die ein oder andere Katze hat mir schon gut gefallen. Und da hat sich hin und wieder auch etwas ergeben. Aber dass es mir deshalb in irgendeiner Form das Herz zusammengedr?ckt h?tte – nein, so war es bei mir nie.«

Ich seufze.

»Sei froh. Schon allein der Gedanke, dass sie mit diesem Alec of Greensbury Hills … also, nein!«

»Kleiner, du solltest dich mit diesen Phantasien nicht qu?len. Sondern dich lieber dar?ber freuen, dass du nicht so einen beknackten Namen hast. Und dass du wahrscheinlich Cheries bester Freund bist.«

»Aber ich will nicht ihr Freund sein! Ich will, dass sie mich liebt! Ich komme mir jetzt vor wie Daniel. Der ist auch Carolins bester Freund, aber w?re bestimmt lieber ihr Mann. Oder zumindest: w?re fr?her lieber ihr Mann gewesen.«

»Da siehst du doch schon den Unterschied, Herkules: Oft ist der Freund derjenige, den eine Frau ewig beh?lt. W?hrend die Liebe kommt und oft auch wieder geht. Jedenfalls wird Daniel auch noch Caros Freund sein, falls sie sich mal von Marc trennen sollte. Und wenn ich dich richtig verstanden habe, hat sich Daniel l?ngst von seinem Kummer erholt, hat sich mit Aurora getr?stet und flirtet mittlerweile sogar mit Cheries Frauchen. Du siehst: Es gibt ein Leben nach der grossen Liebe. Und es ist kein schlechtes.«

Ja. Ich weiss. Das ist alles gut gemeint und bestimmt auch wahr. Aber es tr?stet mich nicht. Jedenfalls nicht jetzt. Und so, wie sich mein Herz im Augenblick anf?hlt, auch in Zukunft nicht. Es zieht vom Herzen direkt runter in den Magen, ein nagendes, brennendes Gef?hl.

»Herkules, komm rein! Es gibt lecker Fresschen – ich habe sogar f?r dich gekocht!«

Carolin ist auf die Terrasse gekommen – oder sollte ich besser sagen: gerollt? Umgeben ist sie von einer sehr aromatischen Duftwolke, Pansen und Leber – lecker! Der Druck auf meinen Magen nimmt zu. Vielleicht ist ein Teil des Liebeskummers auch schlicht Hunger? Verwunderlich w?re es nicht, schliesslich habe ich seit der schlimmen Nachricht von

Cheries Rendezvous mit diesem aufgeblasenen Ausstellungscasanova kaum noch etwas gefressen. Was aber ausser Luisa bis eben niemandem aufgefallen ist. Im Gegenteiclass="underline" Statt als gewissenhafter Tierarzt mal etwas genauer auf mein Seelenheil zu achten, besch?ftigt sich Marc seit seinem Gespr?ch mit Luisa nur noch mit der Frage, ob es f?r sie schlimm ist, wenn das Baby kommt. Selbst Caro hat er damit schon ganz wild gemacht. Typisch Mensch! Daran kann man doch jetzt sowieso nichts mehr ?ndern. Das Baby kommt, ob es uns nun gef?llt oder nicht. Oder will Marc das Baby irgendwo abgeben? Geht das mit menschlichem Nachwuchs ?berhaupt? Also, so wie bei mir: ab in den Karton und ins Heim? Eine interessante Frage. Ich werde sie mit Beck diskutieren.

Sp?ter allerdings. Denn jetzt muss ich schnell in die K?che. Nicht, dass Caro mein Fressen noch in den K?hlschrank verfrachtet. Ich folge dem tollen Geruch Richtung Napf und falle dabei fast ?ber Daniel, der zur gleichen Zeit von draussen hereinkommt und – wie bei Zweibeinern leider ?blich – keinen Moment dar?ber nachdenkt, was sich im Fussraum direkt vor ihm abspielt.

»Hoppla, Herkules, dich habe ich gar nicht gesehen! Du hast es ja ziemlich eilig!«

Carolin lacht.

»Genau. Ein Dackel mit einer Mission. Und zwar Mission Essensaufnahme. Ich habe extra f?r ihn gekocht.«

»Holla – hast du es gut, Kleiner. Sind das schon die m?tterlichen Triebe, Frau Kollegin? Und falls ja: Gibt’s f?r mich auch etwas Leckeres?«

Wie Caro auf diese Frage reagiert, bekomme ich schon nicht mehr mit, denn in diesem Moment tauche ich die Schnauze endlich in meinen Fressnapf. G?ttlich! Er ist mehr als randvoll gef?llt mit K?stlichkeiten. Leber ist neben Herz

eindeutig mein Favorit, leider kocht Caro sehr selten frisches Hundefutter. Meist gibt es etwas aus der Dose. So etwas h?tte sich nat?rlich niemals in die K?che von Schloss Eschersbach verirrt. Oder nur im ?ussersten Notfall. Emilia, unsere K?chin, war bei der Zubereitung des Hundefutters genauso gewissenhaft wie beim Essen f?r die Herrschaften – wenn nicht sogar gewissenhafter. Aber diese Mahlzeit hier ist auch k?stlich!

Als der NameCherie f?llt, taucht mein Kopf trotzdem ruckartig aus der Sch?ssel hoch. Was erz?hlt Daniel da? Ich trabe in Richtung Flur und bleibe im T?rrahmen der K?che sitzen.

»Na ja, und jetzt wohnt sie mit Cherie in einem kleinen WG-Zimmer bei einer Freundin, und das ist nat?rlich viel zu eng.«

Daniel will Carolin von irgendetwas?berzeugen, jedenfalls hat seine Stimme einen ganz eindringlichen Tonfall. Seltsam, so habe ich ihn noch nie geh?rt.

»Also, ich verstehe immer noch nicht ganz, was ich damit zu tun habe.« Carolin wiederum klingt noch nicht besonders ?berzeugt. Daniel muss offenbar noch eine Schippe drauflegen. Worauf auch immer.

»Na ja, ich dachte, wo wir unser Zimmer neben der K?che doch nie nutzen und du demn?chst sowieso eine Zeitlang nicht da bist, da k?nnten wir …«

»Da k?nnten wir was?«, unterbricht Caro ihn ungeduldig.

»Claudia das Zimmer vermieten.«

»Bitte was?«

»Ich dachte, wir k?nnten Claudia das Zimmer vermieten. Es ist gross genug, und Tageslicht hat es auch. Nur, bis sie etwas anderes gefunden hat. Ihr Hund w?rde uns doch nicht weiter st?ren, wir haben schliesslich Herkules, und die beiden m?gen sich.«

Ohne weiter nachzudenken, schiesse ich los und springe an Daniel hoch. Und zwar gleich drei-, viermal – ich habe mich selbst nicht mehr im Griff.«

»Guck mal, Caro – einer ist schon ganz begeistert von der Idee!« Daniel beugt sich zu mir, ich h?re auf herumzuhopsen und wedele einfach ein bisschen mit dem Schwanz.

»Also, du meinst, wir geben Claudia und ihrem Hund hier Asyl, bis sie eine neue Wohnung hat. Aber wieso sucht sie denn nicht einfach von ihrer WG aus?« Caro scheint noch skeptisch, was ich angesichts des Planes, den ich zwar nicht verstanden habe, aber trotzdem grossartig finde, nicht begreifen kann.

»Es ist so: Dieses Zimmer bei ihrer Freundin ist wirklich winzig. Und immerhin bekommt Cherie in den n?chsten Tagen Junge, das ist nicht wirklich g?nstig. Einen Garten gibt es da auch nicht.«

Caro seufzt.

»Auch das noch! Richtig toll passt mir das nicht. Wie soll denn das werden – so ein grosser Hund und lauter Welpen?«

»Ich dachte, daf?r w?rdest du als Schwangere besonderes Verst?ndnis haben. Du und Cherie – ihr seid doch fast in der gleichen Situation.«

»Na h?r mal! Was meinst du denn damit? Ich bin doch kein Hund!« T?usche ich mich, oder findet Caro den Vergleich mit Cherie nicht so passend? Dabei sind sie beide blond und sch?n. Ich finde, Daniel hat v?llig Recht!